Elektroauto Honda e:Ny1 im Fahrbericht: Ein bisschen ladegehemmt

Hondas kompaktes Elektro-Crossover könnte vor allem dadurch überzeugen, dass es nichts Besonderes will. Ob das genügt? Wir durften erste Fahreindrücke sammeln.

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Honda e:Ny1

(Bild: Honda)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Stefan Grundhoff
Inhaltsverzeichnis

Lange hat Honda Verbrennungsmotoren kultiviert und sich in Sachen E-Mobilität vor allem auf die in Japan kräftig subventionierte Brennstoffzelle konzentriert. Der neue Honda e:Ny1 wirkt daher in mancher Hinsicht wie eine schnell aus Vorhandenem entwickelte Verlegenheitslösung.

Mit dem 4,39 Meter langen Honda e:Ny1 lanciert der Großkonzern einen kompakten Elektrowagen. Er bietet 150 kW und 310 Nm. Der Antrieb ist über der Vorderachse angeordnet, weil das Elektroauto auf der technischen Basis des Honda HR-V basiert. Das erklärt auch die sichtbar nach unten herausragende Batterie.

Der kleinere Honda-e war hingegen von Anfang an als Elektroauto konstruiert und bietet daher den fahrdynamisch vorteilhaften Heckantrieb. Allradantrieb ist für den e:Ny1 ebenso wenig im Programm wie ein stärkerer Motor, doch andererseits braucht es eigentlich auch gar nicht mehr: Aus dem Stand erreicht man in guten 7,6 Sekunden Tempo 100, die Höchstgeschwindigkeit wird bei 160 km/h abgeregelt.

Honda e:Ny1 (5 Bilder)

Der 4,39 Meter lange Honda e:Ny1 bietet das so erfolgreiche SUV-Erscheinungsbild und leistet mit 150 kW und 310 Nm so viel wie einige Modelle ähnlicher Statur. Beim Laden ist er allerdings etwas langsamer.

Mit der trotz Frontantrieb überraschend präzisen Lenkung und gutem Komfort fährt sich der knapp 1,8 Tonnen schwere Japaner so wie er aussieht: gefällig und unaufgeregt. Um den Heckantrieb zu vermissen, braucht es schon deutlich über dem Normalen angesiedelte Ansprüche an die Fahrdynamik.

Die Position auf den bequemen Sitzen passt vorne ebenso wie hinten, doch fehlen Selbstverständlichkeiten wie eine Beifahrersitzhöhenverstellung oder eine Sitzheizung im Fond. In der zweiten Reihe genügt der Platz allenfalls für zwei nicht allzu große Erwachsene. Mangels Head-up-Display müssen die 10,25 Zoll großen Digitalinstrumente hinter dem griffigen Lederlenkrad und der leicht unübersichtliche 15,1-Zoll-Touchscreen in der Mitte der Armaturentafel als Informationsquelle für Fahrer und Passagiere genügen.

Zum Dealbreaker könnte das Ladetempo werden, es erreicht nicht einmal 80 kW. Um das Akkupaket von 10 bis 80 Prozent zu laden, vergehen 45 Minuten – einige Konkurrenten sind doppelt so schnell. Wie lange die Ladekurve dabei einen hohen Wert ausweist, kann nur ein späterer, ausführlicher Test erweisen. Die maximale Ladeleistung erreicht unter idealen Bedingungen und ohne Berücksichtigung der Ladeverluste also lediglich etwa 64 kW, das ist nicht mehr zeitgemäß.

Honda e:Ny1 (11 Bilder)

Der Instrumentenschirm ist meist klar ablesbar, viele Tasten liegen auf den Lenkradspeichen.

Kein Reisewagen also. Honda geht es eigenen Angaben zufolge aber auch im Kundeninteresse darum, den Akku dauerhaft zu schonen. Ein valides Argument. Potenzielle Käufer sollten daher in jedem Fall vor einer Kaufentscheidung einmal in sich gehen, um für sich herauszufinden, ob es im individuellen Einzelfalls höhere Geschwindigkeiten braucht. In den allermeisten Anwendungsszenarien ist das gar nicht der Fall. Noch besser freilich ist ein Auto, das im Bedarfsfall schnell lädt und ich mir selbst aussuchen kann, wann und wie ich beim Laden die Batterie schone. Die Reichweite beläuft sich sich beim neuen Honda bei 68,8 kWh Kapazität und einem Normverbrauch von 18,2 kWh/100 km auf 410 Kilometer. Das ist nicht viel: Der vergleichbar große Peugeot e-2008 erreicht mit 54 kWh eine Normreichweite von 404 km.

Der Laderaum ist mit 344 bis 1176 Litern fällt im Wettbewerbsumfeld nicht aus dem Rahmen. Eine elektrische Heckklappe ist ebenso wie das Panoramadach nur in der teureren Ausstattungsvariante erhältlich. Sie kostet 3900 Euro mehr als die Basisversion für 47.590 Euro.

Die erste Probefahrt zeigt: Der Honda e:Ny1 ist kein schlechtes Auto, obwohl man ihm an einigen Stellen anmerkt und aus bestimmen Perspektiven auch deutlich ansieht, dass er auf einem Auto mit Verbrennungsmotor basiert. Vor allem aber wegen seiner Ladeleistung wird es sich wohl eher schwer vermarkten lassen. Der Wettbewerb ist da deutlich weiter: In ihren Leistungsdaten und Dimensionen vergleichbare Modelle aus anderen großen Konzernen wie der VW ID.3, der als nackte Basis knapp unter 40.000 Euro bleibt oder der Hyundai Kona EV, der wohl über 42.000 Euro teuer wird, laden beide schneller und lassen den Honda ziemlich teuer dastehen.

(fpi)