Quelloffene Kür: Open-Source-ERP-Systeme im Vergleich

Seite 2: Open ERP/Tiny ERP

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Im Jahr 2000 begann die belgische Firma Tiny mit der Arbeit an dem in Python umgesetzten Open-ERP-Projekt, vormals Tiny ERP. Man kann wählen zwischen einer webbasierten Ausführung und einer Client-Applikation, deren Benutzeroberfläche mit GTK+ erstellt wurde. Open ERP bringt sein Geschäftsmodell einfach auf den Punkt: Programmquellen und Dokumentationen sind frei verfügbar, zum Anpassen und Erweitern des Systems muss der Interessent entweder Zeit oder Geld investieren.

Die GTK-GUI bietet einen Sprachenmix aus Deutsch und Englisch; die Weboberfläche präsentiert sich aufgeräumt, allerdings nur in englisch. Leider erhält der Anwender bei der Dateneingabe keinen Hinweis, welche Felder er zwingend ausfüllen muss, dies erfährt er erst beim Speichern. Dafür gibt es eindeutig bessere Lösungen, sei es ein farblicher Akzent oder der schlichte, aber klare Hinweis in Form eines Sternchens ("*") am Feldbezeichner.

Bei der Belegerfassung ist der Benutzer gezwungen, die Positionsdaten in einem separaten Browserfenster einzugeben. Verzweigt er von hier zu den Artikelgrunddaten, sind schon drei Fenster geöffnet, was die Sache etwas unübersichtlich macht. Mit den verfügbaren ausgereiften Web-GUI-Frameworks ließe sich die Navigation deutlich eleganter gestalten.

Open ERP: Weboberfläche nur in englisch. Für gelegentliche Konfusion sorgt die Umbenennung von Tiny ERP zu Open ERP.

Funktional ist Open ERP gut ausgestattet, selbst Fertigungsprozesse lassen sich abwickeln. Allerdings fehlt die Option, Belege nach Arten zu sortieren. Das nimmt dem Anwender die Möglichkeit, von vornherein einen konkreten Vorgang einem bestimmten Workflow zuzuordnen.

Unter Open ERP arbeitet die freie Datenbank PostgreSQL. Die Website des Projekts bietet zwar ein moderiertes Forum in deutscher Sprache, die Anzahl der Beiträge ist jedoch gering. Auf manche Fragen gibt es auch nach Monaten keine Antwort – ein klarer Beleg für die geringe Verbreitung des Systems hierzulande.

Negativ fällt auf, dass die Umbenennung von Tiny ERP zu Open ERP an vielen Stellen dazu geführt hat, dass Strukturen im Webauftritt nicht zueinander passen und Links ins Leere laufen. Potenzielle Anwender oder Implementierer im deutschsprachigen Raum sind daher gezwungen, frühzeitig die kostenpflichtigen Dienste des Herstellers in Anspruch zu nehmen. Das deutschsprachige Anwender-und Entwicklerforum TEDI startete zwar ambitioniert, verzeichnete die letzten Nachrichten jedoch im April 2008. Bekannt ist eine im Echtbetrieb laufende Installation bei dem Treppenbauer Henke aus dem niedersächsischen Lübbecke.