Microsoft übertrifft erneut die Erwartungen

Der Redmonder Softwarekonzern führt ein erneutes Rekordquartal unter anderem auf die erfolgreiche Einführung von Office 2010 zurück und auf das starke Ergebnis mit Windows 7, von dem bislang über 175 Millionen Lizenzen verkauft worden seien.

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Von
  • Jürgen Kuri

Wer redet schon von Smartphones und Online-Diensten? Das dritte Geschäftsquartal Microsofts war bereits von den Erfolgen mit Windows 7 geprägt, genauso geht es dem Redmonder Konzern im vierten Quartal seines Geschäftsjahrs – Microsoft profitiert ähnlich wie Intel von einem sich wieder belebenden PC-Markt, der vor allem von verstärkten Investitionen der Unternehmen, aber auch wieder sich zeigender Konsumlust der Verbraucher getragen wird.

Da mag mancher doch erst einmal die Probleme, die Microsoft im Mobilfunkmarkt oder mit seinen Internetangeboten hat, beiseite lassen. Zumal der Konzern mit seiner Suchmaschine Bing, der Kooperation mit Yahoo und neuen Angeboten für Websoftware aufholt. Ob das auch für die boomenden Smartphones gilt, wird sich erweisen müssen – zumindest haben einige Hersteller, die auch auf Android setzen, zusätzlich Smartphones mit Windows Phone 7 für den Winter angekündigt. Der Erfolg von Apple mit dem iPhone, die wachsende Popularität von Android-Smartphones, die anhaltende Verankerung von RIMs Blackberry unter Geschäftsleuten jedenfalls stellt Microsoft vor Herausforderungen, die der erfolgsverwöhnte Konzern aus seinen angestammten Märkten nicht mehr gewohnt ist.

Erst einmal aber betont Microsoft zu den Zahlen des vierten Geschäftsquartals und des Gesamtgeschäftsjahrs, man habe wieder einmal einen Rekord für ein Abschlussquartal hingelegt. Mag mancher der Analysten auch schon mal wegen des vor sich hindümpelnden oder gar sich zeitweise nach unten bewegenden Aktienkurses Gedanken an einen Ersatz für Microsoft-Chef Steve Ballmer denken, so sitzt er doch angesichts der Geschäftszahlen relativ sicher im Sattel.

Die Prognosen der Analysten lagen für das vierte Geschäftsquartal bei 46 Cents Gewinn je Aktie und einem Umsatz von 15,2 Milliarden US-Dollar, was Microsoft locker übertraf: Der Umsatz im vierten Geschäftsquartal lag bei 16,039 Milliarden US-Dollar (ein Plus von 22 Prozent im Vergleich zum gleichen Vorjahresquartal. Der Nettogewinn betrug 4,518 Milliarden US-Dollar (plus 48 Prozent) oder 51 US-Cent pro Aktie (plus 50 Prozent). Als operativen Gewinn verbuchte Microsoft 5,93 Milliarden US-Dollar, ein Plus von 49 Prozent im Jahresvergleich. Der Seattle Post Intelligencer sieht damit schon Apples Angriff abgewehrt – was aber auf den Quartalsumsatz bezogen ist, für den mancher schon erwartete, Apple könne Microsoft dabei übertreffen.

Für das gesamte Geschäftsjahr 2010 verbuchte Microsoft einen Umsatz von 62,48 Milliarden US-Dollar, ein Plus von 7 Prozent zum Vorjahr. Der Nettogewinn lag bei 18,76 Milliarden US-Dollar (plus 29 Prozent) oder 2,10 US-Dololar je Aktie (plus 29 Prozent). Der operative Gewinn belief sich auf 24,10 Milliarden US-Dollar (plus 18 Prozent).

Der Rekordumsatz spiegele "die Breite unseres Angebots" und "die anhaltende Anziehungskraft unserer Produkte" wieder, meinte Microsofts Finanzchef Peter Klein. Schwung habe die erfolgreiche Markteinführung von Office 2010 gebracht sowie das starke Ergebnis mit bereits eingeführten Produkten, vor allem mit Windows 7, von dem bislang mehr als 175 Millionen Lizenzen verkauft worden seien. Für die nächsten Monate erwartet Microsoft Chief Operating Office Kevin Turner weitere Erfolge mit den Cloud-Diensten, die der Konzern einführt, darunter Windows Azure und die Online-Büropakete. Auch von Windows Phone 7 und dem neuen Gestensteuerungskontroller Kinect für die Xbox erhofft sich Turner einiges.

Immerhin konnte Microsoft in der Sparte Entertainment and Devices (neben den Mobilgeräten etwa auch die XBox und die Spiele) im abgelaufenen Quartal schon mal einen Umsatzzuwachs von 1,257 auf 1,6 Milliarden US-Dollar verzeichnen. Der operative Verlust wuchs allerdings ebenfalls von 141 auf 172 Millionen US-Dollar. Für das gesamte Jahr verzeichnete die Sparte einen von 108 auf 679 Millionen US-Dollar gestiegenen operativen Gewinn bei einem nahezu gleich gebliebenen Umsatz von 8,058 Milliarden US-Dollar.

Die Sparte Windows and Windows Live steigerte den Umsatz im Quartal von 3,169 auf 4,548 Milliarden US-Dollar, den operativen Gewinn von 1,929 auf 3,063 Milliarden US-Dollar. Im Gesamtjahr verdiente die Abteilung 12,977 Milliarden US-Dollar (nach 9,982 Milliarden im Vorjahr) bei einem Umsatz von 18,491 Milliarden US-Dollar (Vorjahr: 14,974 Milliarden). Der Bereich Server and Tools (etwa Server-Systeme und Entwicker-Werkzeuge) wuchs beim Umsatz von 3,169 auf 4,012 Milliarden US-Dollar und beim operativen Gewinn von 1,206 auf 1,546 Milliarden US-Dollar. Im Gesamtjahr stieg der Umsatz hier von 14,191 auf 14,866 Milliarden US-Dollar und der operative Gewinn von 4,803 auf 5,491 Milliarden US-Dollar.

In der Business Division (u.a. Office-Pakete und Unternehmenssoftware) stieg der Umsatz im Quartal von 4,567 auf 5,250 Milliarden US-Dollar, der operative Gewinn von 2,706 auf 3,284 Milliarden US-Dollar. Das gesamte Jahr brachte bei einem Umsatz von 18,642 Milliarden US-Dollar (Vorjahr: 18,910 Milliarden US-Dollar) einen operativen Gewinn von 11,776 Milliarden US-Dollar (Vorjahr: 11,664 Milliarden US-Dollar).

Neben der Mobilfunksparte ist die Online Services Division ein weiteres Sorgenkind für Microsoft. Sie dümpelt derzeit auch weiter vor sich hin: Der Umsatz im Quartal wuchs von 501 auf 565 Millionen US-Dollar, im Gesamtjahr von 2,121 auf 2,199 Milliarden US-Dollar. Der operative Verlust weitete sich weiter aus: Im Quartal rutsche die Sparte weiter in die roten Zahlen von 585 auf 696 Millionen US-Dollar, im Gesamtjahr stiegen die Verluste von 1,652 auf 2,355 Milliarden US-Dollar.

Umsatz- und Gewinnentwicklung bei Microsoft
(Das Geschäftsjahr beginnt jeweils im Juli)
Quartal Umsatz Nettogewinn
4/01 6.580 Mio. 66 Mio.
1/02 6.130 Mio. 1.280 Mio.
2/02 7.740 Mio. 2.280 Mio.
3/02 7.250 Mio. 2.740 Mio.
4/02 7.250 Mio. 1.530 Mio.
1/03 7.750 Mio. 2.730 Mio.
2/03 8.540 Mio. 2.550 Mio.
3/03 7.840 Mio. 2.790 Mio.
4/03 8.070 Mio. 1.920 Mio.*
1/04 8.220 Mio. 2.610 Mio.*
2/04 10.150 Mio. 1.550 Mio.*
3/04 9.180 Mio. 1.320 Mio.*
4/04 9.290 Mio. 2.690 Mio.
1/05 9.189 Mio. (2.901 Mio.) 2.530 Mio **
2/05 10.818 Mio. 3.463 Mio.
3/05 9.620 Mio. 2.563 Mio.
4/05 10.161 Mio. 3.700 Mio.
1/06 9.741 Mio. 3.141 Mio.
2/06 11.837 Mio. 3.653 Mio.
3/06 10.900 Mio. 2.977 Mio.
4/06 11.804 Mio. 2.828 Mio.
1/07 10.811 Mio. 3.478 Mio.
2/07 12.542 Mio. 2.626 Mio.
3/07 14.398 Mio. 4.926 Mio.
4/07 13.371 Mio. 3.035 Mio.
1/08 13.762 Mio. 4.289 Mio.
2/08 16.367 Mio. 4.707 Mio.
3/08 14.454 Mio. 4.388 Mio.
4/08 15.837 Mio. 4.297 Mio.
1/09 15.961 Mio. 4.373 Mio.
2/09 16.629 Mio. 4.174 Mio.
3/09 13.648 Mio. 2.977 Mio.
4/09 13.099 Mio. 3.045 Mio.
1/10 12.920 Mio. 3.574 Mio.
2/10 19.022 Mio. (17.31 Mio. ***) 6.662 Mio.
3/10 14.503 Mio 4.006 Mio
4/10 16.039 Mio. 4.518 Mio.

* Gewinne unter Bilanzierung der Umstellung auf das neue Aktienprogramm für Microsoft-Mitarbeiter
** nach nachträglichem Abzug der Sonderkosten durch die Einigung mit Novell
*** ohne Deferred Revenue, der durch Einnahmen mit Windows 7 vor der allgemeinen Verfügbarkeit des Betriebssystems erzielt wurde
(jk)