Digitaler Behördenfunk bleibt eine Frage des Geldes

Die Gewerkschaft Komba kritisiert, dass in der Debatte um die Bundesanstalt für den BOS-Funk von "Machtfragen statt Sachfragen" im Vordergrund stehen. Bayern stellt 630 Millionen Euro Haushaltsmittel für den BOS-Funk ein.

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Von
  • Sven-Olaf Suhl

Die Kommunalgewerkschaft für Beamte und Arbeitnehmer (Komba) kritisiert den Beschluss des Bundesrates, zum Gesetzentwurf zur Errichtung einer Bundesanstalt für den Digitalfunk namens BDBOS den Vermittlungsausschuss anzurufen. Die nächste Sitzung des Gremiums ist für den 5. September angesetzt und liegt damit noch vor dem möglichen Termin der vom Kanzler angestrebten vorzeitigen Neuwahlen zum Bundestag. Der Komba-Bundesvorsitzende Heinz Ossenkamp wirft den Politikern vor, "Machtfragen über Sachfragen" zu stellen. Das Thema Sicherheit biete für Machtfragen jedoch "absolut keinen Platz".

Die Gründung der Bundesanstalt ist laut Komba ein wichtiger Meilenstein beim Aufbau eines gemeinsamen Digitalfunknetzes der Behörden und Organisationen mit Sicherheitaufgaben (BOS). Die Bundesanstalt sei eine geeignete Institution, die Interessen von Bund und Ländern gegenüber den Lieferanten der Funktechnik zu vertreten und für einen zügigen Aufbau des Netzes zu sorgen. Die Verzögerung des BDBOS-Gesetzes durch den Bundesrat ist laut Komba "umso ärgerlicher", als das Vergabeverfahren für die Systemtechnik bereits in Gang sei.

In seinem Beschluss vom 8. Juli (PDF-Datei) verlangt der Bundesrat, dass der von den Regierungsfraktionen eingebrachte Gesetzentwurf "grundlegend" überarbeitet wird. So verlangt die Länderkammer, dass der Bund vor der Errichtung der BDBOS ein Verwaltungsabkommen mit den Ländern abschließt und nicht danach. Aus Ländersicht stellt dies eine unabdingbare Voraussetzung für die föderale Zusammenarbeit unter dem Dach einer Bundesanstalt dar.

Dem Regierungsentwurf fehlt laut Bundesrat eine Regelung zur Kostenverteilung zwischen den Beteiligten. Schutz- und Kriminalpolizei fallen in den Hoheitsbereich der Länder -- damit entscheidet jedes Bundesland autonom über Finanzierung und technische Ausstattung seiner Polizeikräfte. Zu den BOS zählen aber auch Bundeseinrichtungen wie die Bundespolizei (vormals BGS), das Technische Hilfswerk sowie kommunale Einrichtungen wie die Berufsfeuerwehr -- mithin erscheint die Koordinierung der einzelnen Interessen als Mammutaufgabe. Zudem lasse die vom Bundesinnenminister Otto Schily gestartete Ausschreibung eines BOS-Rumpfnetzes vergabe- und kartellrechtliche Fragen offen.

Vor dem Haushaltsausschuss des Bayerischen Landtags hatte Schilys Amtskollege Günter Beckstein am gestrigen Mittwoch erklärt, dass er nach derzeitigen Schätzungen mit Kosten in Höhe von rund 776 Millionen Euro für den Zeitraum von 2006 bis zum Jahr 2020 rechnet: In dem Betrag seien alle Kosten vom Aufbau und bis zum Betrieb des BOS-Funks in Bayern enthalten. Die größten Kostenblöcke seien die -- vom Bund geschätzten -- Kosten für das Funknetz in Bayern von 561 Millionen Euro sowie 215 Millionen Euro für Endgeräte, eigenes Personal, Leitstellenanbindung sowie Abbau und Entsorgung der analogen Ausstattung. Im Haushalt 2005 / 2006 des Freistaats ist für den Digitalfunk eine so genannte Verpflichtungsermächtigung in Höhe von 630 Millionen Euro veranschlagt. Diese soll nach Vorliegen detaillierterer Zahlen im Herbst angepasst werden.

Kritisch äußerte sich Beckstein hingegen zu dem vom Bund vorgesehenen Mindeststandard GAN, der von der Gruppe "Anforderungen an das Netz" formuliert worden war (PDF-Datei, 255 kByte). Dieser macht Abstriche an der Netzversorgung innerhalb von Gebäuden, um Kosten zu sparen. Beckstein kündigte hingegen an, in Bayern weitere aus "einsatztaktischer Sicht notwendige" Netzmerkmale zu realisieren. Dazu zähle, dass in Siedlungsgebieten auch im Gebäudeinneren Handsprechfunkgeräte grundsätzlich funktionieren und dort auch die Funkmeldeempfänger (Pager) empfangsbereit sind.

Zur Ausstattung der Sicherheitsbehörden mit Digitalfunktechnik siehe auch: (ssu)