Petition für offenen Zugang zu Forschungsergebnissen in der EU

Wissenschaftsvereinigungen machen sich für eine Veröffentlichung staatlich geförderter Forschung nach dem "Open Access"-Modell stark, während Kulturstaatsminister Bernd Neumann gegen eine Kostenlos-Mentalität ist.

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Eine Reihe von Wissenschaftsvereinigungen macht sich im Rahmen einer zur Unterzeichnung offen stehenden Petition für eine Veröffentlichung staatlich geförderter Forschung in der EU gemäß dem "Open Access"-Modell stark. Dabei sollen die Publikationen spätestens nach sechs Monaten freigegeben und in speziellen Online-Archiven ohne Kosten für die Nutzung der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden. So soll verhindert werden, dass Hochschul- oder Institutsbibliotheken die Veröffentlichungen aus der subventionierten Forschung nicht erst wieder von kommerziellen Wissenschaftsverlagen zurückkaufen müssen. Zu den Initiatoren des Gesuchs, die an die EU-Kommission gerichtet ist, zählen die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), Dänemarks Elektroniske Fag- og Forskningsbibliotek (DEFF), das britische Joint Information Systems Committee (JISC) und die Scholarly Publishing and Academic Resources Coalition (SPARC) sowie die niederländische Forschungsgemeinschaft SURF.

Eine von der EU-Kommission in Auftrag gegebene Studie stellte im vergangenen Jahr Missstände auf dem Markt für Forschungsveröffentlichungen fest, da sich dort monopolartige Strukturen mit entsprechenden Preisdiktaten herausgebildet hätten. Die Verfasser der Untersuchung setzten sich daher für die Entwicklung von "Open Access"-Archiven ein, auf denen Forscher ihre Veröffentlichungen für jedermann frei zugänglich machen. Sie forderten bereits, dass die europäische Forschungspolitik von den Empfängern ihrer Fördermittel verlangt, ihre Arbeiten "nach einer gegebenen Zeitspanne" derart zu veröffentlichen. Mit der Petition wird die Brüsseler Behörde nun aufgefordert, die Empfehlungen vollständig umzusetzen und gemeinsam mit den Mitgliedsstaaten und europäischen Forschungs- und Wissenschaftsverbänden Wege für die Implementierung entsprechender offener Archive zu finden.

In Deutschland haben der Bundesrat, das Aktionsbündnis Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft und weitere Experten aus dem Forschungsbereich wie Reto Hilty vom Max-Planck-Institut für Geistiges Eigentum für die Aufnahme einer vergleichbaren Öffnungsklausel in den so genannten 2. Korb der Urheberrechtsnovelle plädiert. Demnach sollen Autoren das Recht erhalten, den Inhalt eines Fachwerks im nicht-kommerziellen Umfeld und in einer gesonderten Formatierung nach Ablauf einer Mindestfrist von sechs Monaten seit Erstveröffentlichung "anderweitig öffentlich zugänglich zu machen". Fachverleger laufen jedoch Sturm gegen solche Vorschläge.

Kulturstaatsminister Bernd Neumann erteilte einer "Open Access"-Bestimmung im Urheberrechtsgesetz vergangene Woche bei der Jahresversammlung der Arbeitsgemeinschaft Publikumsverlage des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels in München indirekt eine Absage: "Ich teile die Auffassung der Verlage, dass ein bildungs- und wissenschaftsfreundliches Urheberrecht nicht dazu führen darf, dass jederzeit und kostenlos auf alles zugegriffen werden kann", erklärte der CDU-Politiker. Autoren, Lektoren und Verleger würden sonst keine Vergütung dafür erhalten, dass Dritte von ihrer geistigen Arbeit profitieren. Das würde wohl kaum die Motivation zur wissenschaftlichen Arbeit steigern.

"Es geht beim vorliegenden Gesetzentwurf darum, einen Kompromiss zu finden zwischen den Bedürfnissen der Verlage und Autoren und den Anforderungen des Informationszeitalters", betonte Neumann. Die "ideelle und auch materielle Würdigung schöpferischer und künstlerischer Leistung" muss seiner Ansicht nach dabei "zentraler Bestandteil des Selbstverständnisses unseres Kulturstaates sein und bleiben".

Zum Open-Access-Modell für wissenschaftliche Veröffentlichungen siehe auch:

(Stefan Krempl) / (jk)