Microsoft, mitten im Umbruch, übertrifft die Erwartungen

Firmenkunden, Privatnutzer, Börsianer: Alle Welt schaut derzeit genauer hin, wenn Microsoft Bilanzen vorlegt. Denn der Konzern möchte sich, meint der scheidende Chef Steve Ballmer, neu erfinden. Dicke finanzielle Polster sind da keine schlechte Grundlage.

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Von
  • Jürgen Kuri

Microsoft konnte den Umsatz mit seinen Surface-Tablets stark steigern; zusammen mit gestiegenen Xbox-Verkäufen trugen sie zum Rekordergebnis Microsofts bei

Scheiden tut weh, heißt es. Ob das auch für Microsoft und seinen noch-nicht-ersetzten Chef Steve Ballmer gilt, wird vielleicht einmal in den Geschichtsbüchern stehen. In den Geschäftsbüchern steht erst einmal für eines der letzten Quartale, in denen Steve Ballmer für die Geschäfte Microsofts verantwortlich zeichnet, eine Umsatzsteigerung um 14 Prozent im Jahresvergleich auf 24,52 Milliarden US-Dollar. Der operative Gewinn kletterte im zweiten Geschäftsquartal 2014 um 3 Prozent auf 7,969 Milliarden US-Dollar. Der Gewinn pro Aktie stieg ebenfalls um 3 Prozent auf 78 US-Cent. Der Nettogewinn stieg von 6,377 auf 6,558 Milliarden US-Dollar.

Das bedeutet erneut ein Rekordquartal für Microsoft, was den Umsatz angeht – und auch beim Nettogewinn ist das zweite Geschäftsquartal 2014 eines der Besten des Konzerns. Kein Wunder, dass sich Steve Ballmer noch einmal so richtig in die Brust wirft: "Unser Bereich 'Commercial' steht erneut besser als der Gesamtmarkt da, und in der Sparte 'Devices und Consumer' hatten wir ein hervorragendes Weihnachtsquartal." Die Investitionen in Dienstleistungen und Geräte zahlten sich aus und sorgten für die Aussicht auf langfristiges Wachstum bei Microsoft.

Die Chefsuche gestaltet sich derzeit offensichtlich schwieriger als das Einfahren von Gewinnen. Zur Vorlage der Geschäftszahlen konnte Microsoft zunächst immer noch keinen neuen CEO benennen, obwohl die Suche nach einem Ballmer-Nachfolger ursprünglich bereits 2013 abgeschlossen sein sollte. Die Umgestaltung der Softwarefirma in einen integrierten Hardware-, Software- und Dienstekonzern nach dem Vorbild Apples, der mit Windows 8.1 und Windows Phone ein einheitliches System vom Smartphone übers Tablet bis zum Desktop-PC liefert, soll von vornherein in neue Hände gelegt werden. Mit der Cloud und der von Nokia übernommenen Smartphone-Abteilung erhofft sich Microsoft dann auch größere Erfolge in den Boom-Sektoren der IT-Branche. Microsoft ist spätestens seit dem vorangegangenen ersten Geschäftsquartal 2014 mitten im Umbruch. Seitdem gibt es bei Microsoft auch nur noch drei große Bereiche:

  • Devices and Consumer (Geräte und Verbraucher) mit den Unterabteilungen Hardware (Xbox, Videospiele, Surface, PC-Zubehör - und wohl demnächst auch die von Nokia übernommenen Smartphones), Lizenzen (Windows, Microsoft Office, Windows-Phone- und Patent-Lizenzierungen) und Sonstiges (Online-Anzeigen, Xbox-, Windows-Phone- und Windows-Store, Software-Abonnements)
  • Commercial (Gewerblich) mit Lizenzen (Alle Server-Software, die Volumen-Lizenzen von Windows und Office, Exchange, Sharepoint, Lync, Dynamiocs) und Sonstiges (u.a. Windows Azure und Dienstleistungen für Unternehmen).
  • Other (Sonstiges)

Der Bereich "Devices and Consumer" steigerte den Umsatz um 13 Prozent auf 11,91 Milliarden US-Dollar. Einen dicken Wermutstropfen gab es hier allerdings: Der Umsatz mit OEM-Lizenzen von Windows sank insgesamt um 3 Prozent – vor allem der weiterhin schwache Markt für Consumer-PCs hat Wachstum in anderen Bereichen aufgefressen, meint Microsoft. Insgesamt sank der Umsatz des Bereichs "Lizenzen" von 5,703 auf 5,384 Milliarden US-Dollar. Der "Hardware"-Bereich (zu dem derzeit noch nicht die Nokia-Smartphones gehören) steigerte den Umsatz von 2,808 auf 4,729 Milliarden US-Dollar.

Zwei Erfolge hob Microsoft in diesem Bereich vor allem hervor: Mit den Surface-Tablets konnte Microsoft den Umsatz von 400 Millionen US-Dollar im ersten Geschäftsquartal 2014 auf nunmehr 893 Millionen US-Dollar steigern. Und von den Xbox-Spielkonsolen setzte Microsoft 7,4 Millionen Stück im zweiten Quartal ab, davon 3,9 Millionen Xbox One und 3,5 Millionen Xbox 360.

In der Sparte "Commercial" kletterte der Umsatz um 10 Prozent auf 12,67 Milliarden US-Dollar, wobei besonders die Lizenzzahlen von Office 365 und die Kundenzahl für die Azure-Clouddienste zulegten. In dieser Sparte konnte der Bereich "Lizenzen" den Umsatz von 10,135 auf 10,888 Milliarden US-Dollar steigern.

Insgesamt ein Ergebnis, das zumindest zu Beginn des nachbörslichen Handels die Microsoft-Aktie in die Höhe schnellen ließ: Um bis zu 4 Prozent kletterte der Kurs nach Schluss des offiziellen Handels.

Umsatz- und Gewinnentwicklung bei Microsoft
(Das Geschäftsjahr beginnt jeweils im Juli)
Quartal Umsatz Nettogewinn
4/01 6.580 Mio. 66 Mio.
1/02 6.130 Mio. 1.280 Mio.
2/02 7.740 Mio. 2.280 Mio.
3/02 7.250 Mio. 2.740 Mio.
4/02 7.250 Mio. 1.530 Mio.
1/03 7.750 Mio. 2.730 Mio.
2/03 8.540 Mio. 2.550 Mio.
3/03 7.840 Mio. 2.790 Mio.
4/03 8.070 Mio. 1.920 Mio.*
1/04 8.220 Mio. 2.610 Mio.*
2/04 10.150 Mio. 1.550 Mio.*
3/04 9.180 Mio. 1.320 Mio.*
4/04 9.290 Mio. 2.690 Mio.
1/05 9.189 Mio. (2.901 Mio.) 2.530 Mio **
2/05 10.818 Mio. 3.463 Mio.
3/05 9.620 Mio. 2.563 Mio.
4/05 10.161 Mio. 3.700 Mio.
1/06 9.741 Mio. 3.141 Mio.
2/06 11.837 Mio. 3.653 Mio.
3/06 10.900 Mio. 2.977 Mio.
4/06 11.804 Mio. 2.828 Mio.
1/07 10.811 Mio. 3.478 Mio.
2/07 12.542 Mio. 2.626 Mio.
3/07 14.398 Mio. 4.926 Mio.
4/07 13.371 Mio. 3.035 Mio.
1/08 13.762 Mio. 4.289 Mio.
2/08 16.367 Mio. 4.707 Mio.
3/08 14.454 Mio. 4.388 Mio.
4/08 15.837 Mio. 4.297 Mio.
1/09 15.961 Mio. 4.373 Mio.
2/09 16.629 Mio. 4.174 Mio.
3/09 13.648 Mio. 2.977 Mio.
4/09 13.099 Mio. 3.045 Mio.
1/10 12.920 Mio.
3.574 Mio.
2/10 19.022 Mio. (17.31 Mio. ***)
6.662 Mio.
3/10 14.503 Mio
4.006 Mio
4/10
16.039 Mio.
4.518 Mio.
1/11 16.195 Mio.
5.410 Mio.
2/11
19.953 Mio.
6.634 Mio
3/11
16.428 Mio.

5.232 Mio.

4/11
17.367 Mio.
5.874 Mio.
1/12
17.372 Mio.
5.738 Mio.
2/12 20.890 Mio. 6.630 Mio.
3/12
17.407 Mio.
5.108 Mio.
4/12 18.059 Mio.
-492 Mio.****
1/13 16.008 Mio.
4.470 Mio.
2/13 21.456 Mio. 6.377 Mio.
3/13 20.489 Mio. 6.055 Mio
4/13 19.896 Mio.
4.970 Mio.
1/14

18.529 Mio. 5.244 Mio.
2/14 24.519 Mio. 6.558 Mio.
* Gewinne unter Bilanzierung der Umstellung auf das neue Aktienprogramm für Microsoft-Mitarbeiter
** nach nachträglichem Abzug der Sonderkosten durch die Einigung mit Novell
*** ohne Deferred Revenue, der durch Einnahmen mit Windows 7 vor der allgemeinen Verfügbarkeit des Betriebssystems erzielt wurde
**** maßgeblich beeinflusst durch Abschreibungen in Höhe von 6,2 Milliarden US-Dollar auf die Übernahme von Aquantive.

(jk)