Aufgedröselt: ICCT-Studie zu Abgastoten

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An weniger offensichtlichen Erkenntnissen ergab sich: Weltweit hat sich zwischen 2010 und 2015 kaum etwas am absoluten Einfluss des Verkehrs auf die menschliche Sterblichkeit geändert, obwohl Verkehr und Bevölkerung wuchsen. Das relative Risiko (als das, das den einzelnen Menschen betrifft) sank damit sogar minimal. Der Dieselmotor stellte sich als der Hauptfaktor der Verkehrsbelastung heraus, vor allem in Europa, wo er auch im PKW-Bereich viel benutzt wird.

Der nächstgrößere Faktor selbst in Deutschland ist die Schifffahrt. Deren Anteil am Abgas stieg weltweit gegenüber 2010 überproportional an, der Sektor erfordert also Aufmerksamkeit. In Japan übersteigt durch die Insellage die Schifffahrt (41 %) sogar den Anteil der Dieselfahrzeuge (31 %), obwohl diese näher an den Lungen emittieren. Gründe sind besonders dreckige Brennstoffe im Schiffsverkehr und geringe Regulierung des Abgases (in internationalen Gewässern: gar keine).

Kosten für Gesundheitsschäden

Relevant für die deutsche Berichterstattung ist vor allem, wie hoch das ICCT die Verkehrsabgasbelastung für Deutschland einschätzt. Die Kosten für Gesundheitsschäden in der BRD beziffert die Studie mit 2,83 % des Bruttonationalprodukts. Der Anteil von Verkehrsabgasen an der Gesamtabgasbelastung liegt bei 31 %. Nur in Frankreich (32 %) und Großbritannien (33 %) hat der Verkehr noch mehr Einfluss auf das Gesamtabgas. Der weltweite Schnitt liegt in dieser Studie bei 11 %.

Das ICCT bereitet die Daten vielfältig auf. In absoluten Zahlen kommen dann die 13.000 vorzeitigen Todesfälle durch Verkehrsabgase heraus (von 43.000 aus allen Abgasquellen), die gerade (kleine) Schlagzeilen machen. Mit diesen absoluten Zahlen liegt Deutschland mit Russland gleichauf auf Platz 4 der weltweiten absoluten Zahlen, nach China, den USA und Indien. Absolute Zahlen sind jedoch meistens unsinnig, um Gefahren gleich welcher Art einzuschätzen. Was zählt, ist das relative Gesundheitsrisiko, denn das kann der Einzelne als Wahrscheinlichkeits-Information verwenden.

Das übersetzt sich dann zum Beispiel auf „etwa 16 vorzeitige Verkehrsabgas-Todesfälle pro 100.000 Einwohner in der BRD“. Im Jahr der Studie 2015 starben in Deutschland 925.200 Menschen. Bei 13.000 davon haben demnach Feinstaub oder Ozon aus Verkehrsabgasen mit zum Tod beigetragen, also in 1,4 Prozent aller Todesfälle. Das klingt für mich jetzt nicht übertrieben, sondern eher konservativ untertrieben. So beschreiben auch die Autoren der Studie ihre Ergebnisse.

Was bedeutet das für mich?

Nicht viel. Das Ergebnis beziffert lediglich etwas, das wir als unbezifferten Fakt alle wissen: dass Abgase nicht gesund sind. Das ICCT versucht hier nur, mehr zum Thema „aber WIE ungesund denn genau?“ beizusteuern.