Übereifersucht

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Der kleine Karl bietet aus guten Gründen und wegen der Spreizung der Modellpalette im unteren Bereich in Karl, Adam und Corsa nur noch den Einliter-Ottomotor in seiner Grundversion ohne Turbolader mit 75 PS bei 6500/min und 95 Nm bei 4500/min. Während bereits ein herkömmlicher Dreizylinder dank vergrößerten Zündabstands mit längeren Ventilüberschneidungen elastischer und effizienter arbeitet, kann diesen Vorteil ein Motor mit variablen Steuerzeiten und Gemischbildung im Zylinder erst so richtig ausreizen. Den gesteigerten Wirkungsgrad ermöglichen hier hohe Spülraten durch zeitweise gleichzeitig geöffnete Ein- und Auslassventile. Nutzbar wird dieser Effekt aber erst, wenn dadurch nicht bereits im Saugrohr gebildetes Gemisch durch den Auspuff verschwinden kann. Das verhindert die Direkteinspritzung, indem sie das Gemisch erst bei geschlossenen Ventilen im Zylinder bildet.

Herumkullern auf der Drehmomentwoge

Wie sich das anfühlt ist, wie oben angedeutet, eine Frage der Auslegung. Doch im Alltag zeigt sich – wenig überraschend – das modernere Konzept nur wenig im Vorteil. Im Stadverkehr kullert man für gewöhnlich mit Drehzahlen um die 3000/min herum, was beim Drehmoment zu Gleichstand führt, weil der Karl zwar eine höhere Kraft aufbieten kann, die aber erst bei 4500/min anliegt, während der Corsa 1.0 sein Maximum bereits um die 2800/min versammelt. Es ist darob umso erstaunlicher, wie früh der Karl den Fahrer um einen höheren Gang bittet: bei verhaltener Beschleunigung bereits ab etwa 1300/min. Das Gefühl meldet nach einer ausgiebigen Runde Stadtverkehr sonst keinen weiteren Unterschied. Ähnlich verhält es sich bei zielgruppenüblicher Benutzung auf der Landstraße. Die höhere Leistung kann der Karl eigentlich erst auf der Autobahn ausspielen, wo er 170 km/h erreicht, während dem 1.0 12V schon bei 150 km/h die Puste ausgeht. Aber auch dort nur theoretisch, denn wer brennt mit solchen Autos schneller als Richtgeschwindigkeit, gleichbedeutend mit Vollgas, über die Bahn?

Gefühlt ist man mit Karls künstlich dynamisierender Auslegung auf der Landstraße schneller unterwegs, weil das Fahrwerk aus einer hinteren Torsionslenkerachse und vorderen Querlenkern mit Feder-Dämpferbein recht straff ist. Komfort können die Kleinstwagen-Konkurrenten VW Up (Seat Mii, Skoda Citigo) oder Citroën C1 (Peugeot 108, Toyota Aygo) besser. Leider ist auch viel mehr Leben in Karls leichtgängiger Lenkung, jedenfalls mit den modischen, sinnlos breiten Niederquerschnittsreifen in der Dimension 195/45 R 16. Die Serienbereifung in 165/65 R 14 dürfte spürbare Vorteile beim Handling und im Abrollkomfort, sicher auch bei Lärmentwicklung und Verbrauch bieten. Preislich sowieso.