Die Methode Audi

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Audi 100 zieht Volkswagen aus der Misere

Der F103 hieß einfach "der Audi", weil es der einzige war. Mit diesem Startschuss begann eine kleine Mannschaft um Kraus, Audi in kürzester Zeit zu dem zu machen, was es heute ist. So sagte er zum Beispiel in einem Interview mit der "Auto Motor und Sport" 1972: "Die erste Kaufanregung hängt vom Aussehen des Fahrzeugs ab. Deshalb müssen wir Autos bauen, die optisch ankommen, dezent modern, aber nicht modisch sind." Er dachte an den Wiederverkaufswert, der den Deutschen schon immer so wichtig war, er dachte aber auch an die Marke: Wenn Audis optisch würdevoll alterten, war das die beste Visitenkarte der Firma im Straßenbild.

Unterstützung vom neuen Eigner, dem Volkswagen-Konzern, hatte er dabei keine. VW sah die Audi-Werke nur als zusätzliche Produktionskapazitäten für ihren Käfer. Der Oberwolfsburger Heinrich Nordhoff verbot jegliche neue Modellentwicklung bei Audi, aber weil Kraus erstens ein Rennsportmann und zweitens ein Bayer war, interessierte ihn dieses Verbot einen feuchten Kehricht. Er hielt das luftgekühlte VW-Heckmotorzeug für ebenso veraltet wie den Zweitakter, deshalb entwickelte er heimlich und nach Werksschluss den Karren, der nicht nur Audi, sondern gleich den ganzen VW-Konzern aus dem Dreck zog: den Audi 100.

Es war der Stand der Technik, den die Kunden haben wollten: ein sicher fahrbares, spur- wie wertstabiles, technisch wie optisch modernes, im Rahmen der Möglichkeiten leichtes Fahrzeug, das wie keines sonst die gut situierte Mittelschicht, dieses Kind des Wirtschaftswunders, ansprach. Es war das deutschestmögliche Fahrzeug. Es musste sich verkaufen, und das musste sogar Nordhoff einsehen, als er vor den vollendeten Tatsachen eines produktionsbereiten Audi 100 stand. Die Rechnung ging mehr als auf. Die Buchhaltung plante mit einer Einmalauflage von 100.000 Wagen. Tatsächlich wurden weit über 800.000 Stück verkauft.