Klartext: Das Auto der Zukunft

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Da die Strafzahlungen nach Flotte geleistet werden müssen, können sich Hersteller zusammentun. Also könnte sich im Premiumplastik-Segment beispielsweise Tesla mit seinen vielen Doppelnull-Fahrzeugen mit Aston Martin zusammentun, denn Aston und Ferrari waren die einzigen Hersteller, die zuletzt noch Überschreitungsgramm-Strafzahlungen leisten mussten. Es soll ja auch nicht sein, dass Ölscheichs von Staatsseite her finanziell belastet werden. In diese Gedanken hinein platzt die Bestätigung: Tesla bildet einen Pool, nicht mit Aston, sondern mit Fiat-Chrysler, gegen eine entsprechende Geld-Gegenleistung. Es ist letztendlich egal: Das ganze Herumgemodifiziere gibt es ja größtenteils schon und es funktioniert belegt nicht wie gewollt. Der EU-weite (natürlich modifizierte!) Gesamtschnitt pro Fahrzeug lag 2015 bei knapp 119 g / km, bei einer Vorgabe von 130 g. Papiererfolg! Das wären PKW-Durchschnittsverbräuche 5,6 l Benzin oder 4,9 l Diesel. Selbst modifiziert und prüfstandsoptimiert kamen wir damit bei Realverbräuchen heraus, die deutlich niedriger liegen als früher. Trotzdem emittiert der Verkehr nicht weniger als früher, sondern mehr. Während die spezifischen CO2-Emissionen auf dem Prüfstand pro Auto nämlich schöngerechnet sinken, liegt der Gesamteintrag des Verkehrssektors auf dem Niveau von 1990. Wir fahren und transportieren mehr, in viel mehr, viel größeren Fahrzeugen, und wir verbrauchen reale Mengen an Treibstoff, die fast immer über denen der Homologation liegen. An diesem grundsätzlichen Problem ändern auch schönmodifizierte 95 Gramm wenig, denn die EU schirrt diesen Gedankengaul schlicht vom Hintern her an.

Besonders umweltfreundlicher Kaviar

Die Forschung ist sich mittlerweile recht einig darüber, dass ein batterieelektrischer PKW über seine ökologische Lebenszeitbilanz besser dasteht als ein Verbrenner. Der Grund dafür liegt hauptsächlich darin, dass die Verbrennung fossiler Treibstoffe den CO2-Gehalt der Atmosphäre über die Zeit so weit erhöht, dass sich in allen seriösen Messungen Effekte auf die Erderwärmung zeigen, die man mit einiger Sicherheit anthropogenem Ursprung zuordnen kann. Strom als Fahrenergieträger hat den Vorteil, dass jedes Mehr an Nachhaltigkeit in der Erzeugung direkt dem Bestand zugute kommt. Beim der Verbrennung fossiler Treibstoffe muss man immer warten, bis der Bestand durch neue, effizientere Fahrzeuge ersetzt wird. Diese Vorteile haben uns zur Denke gebracht, dass grundsätzlich jedes Elektroauto umweltfreundlich ist und damit zu Viechern wie Tesla Model X (Test), Jaguar I-Pace (Test) und dem schlimmsten Haufen von allen, dem Audi E-tron (Fahrbericht) – sicher alles schöne Autos zum drin Sitzen, aber ressourcenfreundlich? Effizient? Nachhaltig? Nope, njet, nein.

Der einfachste Hebel von allen wäre: fossile Verbrennung morgen verbieten. Dann blieben nur noch Energieträger, die im Kreislauf hergestellt und verbraucht werden. Bei Holz ist das noch sehr billig und wie die meisten Feststoff-Verbrennungen sehr schadstoffträchtig. Bei Sprit aus CO2 aus der Umgebungsluft sieht das mit den Schadstoffen super aus, und er tritt nicht in Konkurrenz zu Lebensmitteln. Der Preis liegt allerdings sehr hoch. Kein Synthie-Sprit-Modell der letzten Jahrzehnte hat es an den Massenmarkt geschafft, weil niemand die Preise fossiler Treibstoffe unterbieten oder sich ihnen auch nur erkennbar nähern konnte. Wenn es aber morgen per Fossilienverbot nur noch CO2-neutralen Synthiesprit für mindestens 2,50 Euro den Liter gibt, schaut es ganz anders aus. Wie beim E-Auto betrifft die CO2-neutrale Versorgung auf einmal den gesamten, gigantischen Bestand. Es lohnt sich plötzlich wirtschaftlich, die größten Säufer zu ersetzen – gut für die Schadstoffbilanz. Und ein Verbrennverbot fossiler Energieträger muss dann natürlich auch den Fahrstrom betreffen. Für die aktuelle Elektro-Avantgarde ist Ökostrom selbstverständlich. Für die Masse wird er das ohne Vorgaben nicht sein.

Ruhe, bitte!

Ich sehe da hinten schon Unmut. Bitte beruhigen Sie sich. Die eben angerissenen Gedanken zu teurer, aber CO2-neutraler Fahrenergie werden Sie auf absehbare Zeit nicht in der Praxis behelligen. Die nächsten Autogenerationen werden den aktuellen sehr ähnlich sehen. Bei Hubkolbenmotoren werden wir mehr Hybrid-Bauteile sehen, weil die entscheidende Vorteile beim Homologations-Prüfstandslauf bringen, wenn auch weniger im Alltagsbetrieb überland. Downsizing wird bei Motoren weitergehen, immerhin hat es die französische Autoindustrie in die Grenzwertzone gebracht. Upsizing dagegen in den meisten anderen Bereichen, denn künftigen Autos schreibt der Gesetzgeber noch deutlich mehr Zusatzsysteme und Crash-Puffer vor. Neue Autos werden also weniger Energie verbrauchen, aber teurer in Anschaffung und Wartung werden. Ich stehe einer möglichen Auto-Anschaffung dennoch sehr entspannt gegenüber, denn der Bestand ist so groß wie nie. Meine Wunschautos mit 16 kosten heute alle weniger als meine KTM.

Mit dieser banalen Pointe möchte ich jedoch nicht enden. Seit ich denken kann, wird der deutsche Autofahrer dazu angehalten, über die Konsequenzen seiner Mobilität nachzudenken, und er wird steuerlich entsprechend gemolken. Deshalb beobachte ich im Feld ein erkennbares Bewusstsein über die Kosten der persönlichen Mobilität. Manche Autofahrer berichten gar, dass sie sich mittlerweile schämen, an der Tankstelle Treibstoff zu kaufen. Ich glaube daher, dass die Autofahrer selbst viele Ideen dazu haben, wie ihre Mobilität in Zukunft besser aussehen könnte, und zwar wahrscheinlich bodenständigere, bestandsnähere als die Marie-Antoinette-Idee der EU: „Kauf doch einfach ein neues Elektroauto für den zehnfachen Preis eines Gebrauchten!“ Und ich würde diese Ihre Ideen gerne hören: cgl@heise.de (cgl)