Die Lehren der Diät-Cola

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Erstaunlicherweise hat dieses Auto einen "Sport"-Button. Wenn man darauf drückt, erscheinen Zielflaggen auf einem Bildschirm und du darfst ein halbes km/h schneller ums Eck fahren. Irgendwas abschalten zum Herumalbern oder auch nur zur Lösung eines Problems im Schnee ist nicht vorgesehen, weder für Idioten noch für Herumalberer oder Problemehaber. Als Ersatz für echtes Fahrerleben hat Fiat ein Fahrwerk gebaut, das trampelt, kracht und generell einiges tut, um sich als schnell zu verkaufen, außer halt schnell zu sein in Sachen Kurvengeschwindigkeit. Man stelle sich Sigmar Gabriel vor, der sich auf die Sonnenbank legt und sich mit Edding schwarzes Gesichtshaar malt, um in der F1-Boxengasse als Lewis Hamilton durchzugehen. Nur peinlicher.

Wir wissen aus der Zulassungsstatistik, dass sich das ganze Segment des 500X gut verkauft. Wie nennen wir dieses Segment? "Kompakt-Crossover" habe ich als Klassenbegriff gelesen, genauso wie den angenehm alkoholisch klingenden "Stadt-SUV" und den aus Amerika althergebrachten "Softroader" mit verkleinernden Adjektiven. Wir könnten auch einfach kategorisch "Kackstuhl" sagen, oder meinetwegen "Kompakt-Kackstuhl", kurz "KK". Also, wir wissen, dass es einen starken Markt gibt, dessen Kunden sich nicht dafür interessieren, wie das fährt, solange man hoch sitzt. Eine nordkoreanische Gaspedalzensur hat hier nur Vorteile, denn Tests sagen, dass KK wie jedes SUV im Vergleich zur auf Normalhöhe gelegten KFZ-Varianten einer etwa achtfach erhöhten Überschlagswahrscheinlichkeit unterliegen und von Leuten gefahren werden, die gegenüber ihrer modedesinteressierten Kontrollgruppe noch einmal einer geschätzt mindestens achtfach erhöhten Überschlagswahrscheinlichkeit unterliegen, hauptsächlich wegen Selfies am Steuer. Da hat Fiat schon alles richtig gemacht. Wer einen 500X kauft, steht in intimem Kontakt zur inneren Jette Joop. Doch Fiat will diesen Eimer auch Leuten andrehen, die keine Ahnung haben wollen, wer die Joops sind – traurigerweise über das Mittel des Mogelpackung-Marketings.

Diet Jeep

Holen wir aus: Die Coca Cola Company stellt in den USA seit über 120 Jahren eine beliebte koffeinierte Zuckersuppe her. Zu Beginn der Achtziger nahm die Mode, schlank zu sein, wieder Fahrt auf. Die Company reagierte mit einem neuen Produkt: Zuckersuppe ohne Zucker. Die "Diet Coke" war geboren, die in Deutschland unter "Coca Cola Light" bekannt wurde. Die Zuckersuppe ohne Zucker ersetzte also die nach Wasser zweite Hauptzutat durch einen weitestgehend wirkungslosen Aromastoff. Nicht trotzdem, sondern genau deswegen stellte sich die Diet Coke als riesiger Erfolg heraus. Die Parallelen zwischen koffeinierten Zuckersuppen ohne Zucker und hochgelegten Fahrzeugen ohne Fahrgefühle sind unübersehbar. Es gab bei beiden nur ein Problem: Männer. Trotz aller Versuche einer Erziehung zu sich gleich verhaltenden Menschen lassen sich hormonbedingte Verhaltensweisen in der Realität nicht ausrotten. Eine dieser Verhaltensweisen lässt uns negativ darauf reagieren, wenn wir in Assoziation zum gegenüberliegenden Geschlecht gestellt werden. Frauen wollen mehrheitlich nicht als zu maskulin gesehen werden, Männer nicht als zu feminin.