Wasserstoff im Blut

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Wie beim Elektroauto könnte man "Henne-Ei-Problem" sagen. Sollen doch erstmal Autos fahren, dann kommt die Infrastruktur schon! Bis jetzt haben wir ein paar Busse und ansonsten Versuchs-Leasing-Fahrzeuge. Honda hat seit langen Jahren den Clarity, Toyota ist gerade mit demselben Auto in grün in den Autoschlagzeilen.

Als Laie sehe ich in der Sache keinen signifikanten Fortschritt vom Clarity zum Mirai, der zudem ohne Not aussieht wie ein dreimal überfahrener Kasten Oettinger. Beide Autos sind sehr teuer und man kann sie nirgends betanken. Dasselbe wird für die ersten Kleinserienfahrzeuge von Daimler und BMW gelten. Alle sind wie diese "Schaufenster Elektromobilität" bis jetzt reine Selbstbefriedigung eines technologischen Geltungsbedürfnisses. Gerne würde ich einstimmen in "... aber das ist doch nur der Anfang", wenn wir diesen Satz nicht schon so oft gehört hätten. Einem Anfang muss etwas folgen, sonst ist es kein Anfang.

Zwei sinnvolle Varianten

Oder liegt es am Treibstoff selbst? Wasserstoff herzustellen kostet selbst bei theoretischen 100 Prozent Effizienz eine Menge Ressourcen. Ökologisch sinnvolle Varianten gibt es eigentlich nur zwei: Erstens das in der chemischen Produktion als Abfall produzierte H2 und zweitens Elektrolysegas, das dann produziert wird, wenn Solar- oder Windkraftanlagen wegen zu hoher Netzspannung nicht einspeisen können.

Erstere Variante verwendete Honda Deutschland, um ihren Clarity aufzutanken – aus Zufall. Denn die nächste Wasserstofftankstelle wird aus eben solchem Industriegas befüllt. Leider produzieren die Chemiekonzerne nur sehr wenig Wasserstoffgas zum Verkauf. Wer schlau ist, verwendet es gleich vor Ort, um günstig lokal Strom für die Fabrik zu erzeugen. Sobald die Nachfrage hoch genug steigt, könnte sich hier jedoch etwas tun.

Die zweite Idee mit der Überproduktion, die sonst verloren ginge, übt einen großen Reiz auf mein deutsches Tick-Tack-Herz aus. Große Pläne wurden geschmiedet, denn die aktuell verworfenen Energiemengen sind vernachlässigbar klein: Offshore-Windparks voller Windräder mit Elektrolyse-Einheit sollten bei zu viel Wind Wasserstoff herstellen, der nicht später zu Flautezeiten verstromt, sondern abgeführt und zum Beispiel für Autos verwendet werden sollte.

Die Idee gefällt mir in der Theorie weiterhin. In der Praxis muss ich mich jedoch mehr und mehr damit anfreunden, dass wir auf dem ja offenbar mehrheitlich gewollten Kurs mit Sonne oder Wind alle Pufferkapazitäten für das Stromnetz brauchen, wenn wir unserem Rhetorikaal Sigmar Gabriel seine Drehtür-Kohleargumente nehmen wollen. Die vorteilhaftesten Rechnungen zur lokalen Speicherung und Rückverstromung liegen bei immerhin gut 40 Prozent.