30 Jahre Mercedes 500 E: Porsches bester Mercedes

1991 kam der Mercedes 500 E heraus. Die Auftragsfertigung dieser Geschäftslimousine, die auch für die Nordschleife taugte, rettete Porsche aus der Absatzkrise.

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Daimlers Rettungspaket für Porsche: Der 500 E

(Bild: Daimler)

Lesezeit: 10 Min.
Von
  • Haiko Prengel
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Als vor dem Porsche-Museum in Stuttgart-Zuffenhausen reihenweise Mercedes-Limousinen anrollten, konnte man an Taxis denken. Doch weit gefehlt, bei den Karossen handelte es sich um fahrende Exponate. Die Fahrer trafen sich am Porscheplatz 1, um 30 Jahre Mercedes 500 E zu feiern.

Ein Mercedes von Porsche? Ja, das gab es wirklich. Im Herbst 1990 entzückte der "Über-Benz" auf dem Pariser Autosalon die Öffentlichkeit. 1991 kam er auf den Markt und die Leute gierten nach dem neuen Spitzenmodell von Daimlers Mittelklasse-Baureihe W124. Mehrere Jahre mussten Käufer nach der Bestellung auf ihren 500 E warten.

Zur Vorstellung des 500 E war der W124 schon seit sechs Jahren auf dem Markt. Der Begründer der E-Klasse ist heute noch vielen als Taxi in Erinnerung, wenn sie ihn nicht selbst gefahren sind.

Beim 500 E verpflanzte Mercedes erstmals einen Achtzylinder in ein Mittelklasse-Modell. Der fünf Liter große Vierventil-V8 mit 326 PS Leistung und einer Kraft von 480 Nm stammte aus dem SL 500 (R129). Trotz der Kraftübertragung nur über die Hinterräder erreichte er in sechs Sekunden von null auf Hundert. 1991 war das für eine Mittelklasse-Limousine wahnsinnig schnell.

30 Jahre Mercedes 500 E (11 Bilder)

Mit der Beschleunigung eines Sportwagens war der 500 E vor 30 Jahren eine der schnellsten Serienlimousinen der Welt.

Nicht Mercedes-Benz, sondern Porsche baute den 500 E. Weil der Über-W124 mit SL-Technik für das Daimler-Werk in Sindelfingen zu fett dimensioniert war – die aufgemotzte Karosserie passte schlichtweg nicht in die Fertigungsstraße – ließ der damalige Mercedes-Chef Werner Niefer bei den Nachbarn in Zuffenhausen um Hilfe bitten. Bei Porsche fackelte man nicht lange und sagte zu: Die Sportwagenschmiede stand wegen Absatzproblemen damals tief in der Krise, der Deal mit Mercedes kam mehr als gelegen.

"Die Kapazitäten im Engineering-Bereich bei Daimler waren zu der Zeit wegen der neuen S-Klasse, dem W140, ausgeschöpft. So ging der Entwicklungsauftrag an Porsche, den Achtzylindermotor M119 in die Karosserie des W124 zu verpflanzen", sagt Ekkehard Lemke vom W124-Club Deutschland. Im Vergleich zum "normalen" W124 war die Karosserie des 500ers um 5,6 Zentimeter breiter und passte an einigen Stellen nicht durch die Rohbaufertigung im Daimler-Werk Sindelfingen. "Deswegen übernahm Porsche auch die Herstellung des Rohbaus und die Montage."

Der von 1984 bis 1997 gebaute W124 ist heute ein beliebter Klassiker. Wegen seiner Solidität und Langlebigkeit nennen Fans ihn auch "den letzten echten Mercedes", denn mit der deutlich ärger rostgeplagten Nachfolger-E-Klasse W210 ging es qualitativ steil bergab.

Optisch unterschied sich der 500 E nur wenig von einem Großserien-W124. "Technisch war der Wagen aufgrund der vielen und gravierenden Änderungen an Karosserie und am Fahrwerk nahezu eine Neukonstruktion", so Ekkhehard Lemke, der für seinen Club die Entstehungsgeschichte zum 500 E akribisch aufgearbeitet hat.

Aber warum eigentlich der 500 E? Weil Mercedes damals ein topmotorisierter Mittelklassewagen fehlte. Der Erzkonkurrent beeindruckte mit dem rasanten BMW M5. Daimler hatte nichts Vergleichbares im Programm. Klar, die S-Klasse bot Luxus und auch potente Achtzylinder, aber sportliches Fahren? Eher nicht. Der kleine 190 E 2.5-16 wiederum war mit Rundum-Verspoilerung für den Kundenkreis zu aufdringlich. Er lag eher auf dem Niveau tiefergelegter 3er BMW.

Für die zahlungskräftige konservative Daimler-Stammkundschaft sollte es etwas Seriöses sein. Eine mondäne und doch dezente Reiselimousine, die zugleich schnell und leistungsstark genug war, um es mit einem BMW M5 aufnehmen zu können. Im Visier hatte Mercedes solvente Unternehmer und Freiberufler, sagt Ekkehard Lemke, der selbst einen 500 E in der Garage stehen hat: Ein Exemplar von 1993 in rarem Perlblau-Metallic. Der Kaufpreis lag bei knapp 155.000 Mark. Der Erstbesitzer: ein prominenter Deutscher aus der Formel-1-Szene.

Porsche holte sich mit Daimlers Prestigeprojekt eine Menge Arbeit ins Haus, denn der Produktionsaufwand war enorm. Ja, er war aus heutiger Sicht geradezu irrwitzig. Weil der bullige 500 E im Mercedes-Werk Sindelfingen nicht gebaut werden konnte, wurden die einzelnen Karosserieteile zunächst zu Porsche nach Zuffenhausen geliefert. Dort fabrizierte man auf einer eigens dafür aufgebauten Fertigungslinie die Rohbauten, um sie zum Lackieren wieder nach Sindelfingen zu bringen.

Der Einbau des Motors und die Endmontage fanden wiederum bei Porsche statt. Die Endabnahme erfolgte schließlich bei Daimler in Sindelfingen. Die Lkw-Fahrer waren damals im Stuttgarter Stadtgebiet im Dauereinsatz. Die Fertigung des 500ers war anfangs nur auf 10 bis 12 Fahrzeuge pro Tag ausgelegt, wurde aber wegen der großen Nachfrage schnell auf 20 Fahrzeuge erweitert.