Nationale Wasserstoffstrategie: Tafelwasser oder Champagner der Energiewende?

Seite 4: Wasserstoffrat und Forschungsnetzwerk

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Verwirklicht hat die Regierung bereits ihre Ansage, einen Nationalen Wasserstoffrat einzusetzen. Er besteht aus 26 Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft, die nicht Teil der öffentlichen Verwaltung sind. Ihre Aufgabe ist es, den Staatssekretärsausschuss durch Vorschläge und Handlungsempfehlungen bei der Umsetzung und Weiterentwicklung der Wasserstoffstrategie zu beraten und zu unterstützen. Einen ersten, bis 2025 ausgerüsteten Aktionsplan hat das Gremium nach einem Jahr veröffentlicht. Es fordert darin etwa niedrigere Strompreise und einen Ausbau der Erneuerbaren für grünen H2, baut übergangsweise aber auch auf blauen und türkisen. Ferner besteht mittlerweile ein Forschungsnetzwerk Wasserstoff mit rund 1000 Mitgliedern aus Wirtschaft und Wissenschaft.

Gedanken macht sich die Exekutive zudem zum Speichern und Übertragen von H2. "Deutschland verfügt mit seinem weit verzweigten Erdgasnetz und den angeschlossenen Gasspeichern über eine gut ausgebaute Infrastruktur für Gase", hält sie dazu fest. Um die Potenziale von Wasserstoff optimal nutzen zu können, "werden wir unsere Transport- und Verteilinfrastruktur weiterentwickeln und weiterhin für Sicherheit in der Anwendung sorgen". Dazu gehörten auch der "Aus- und Zubau von dezidierten Wasserstoffnetzen".

Der regulatorische Rahmen und die technischen Gegebenheiten sowie Anpassungsbedarf an den bestehenden Leitungen sollen abfragt werden. Man werde etwa vorhandene Fernleitungen für Erdgas, die nicht länger für den ursprünglichen Zweck benötigt werden, "auf ihre Eignung für die Weiterentwicklung zu reinen Wasserstoffinfrastrukturen" prüfen, heißt es. Auch Möglichkeiten der Sicherstellung der Wasserstoffverträglichkeit vorhandener oder modernisierter Gasinfrastrukturen sollen ausgeleuchtet werden.

Als erster Schritt für den in der Strategie 25-mal geforderten Markthochlauf von Wasserstofftechnologien ist laut der Regierung "eine starke und nachhaltige inländische Wasserstoffproduktion und Wasserstoffverwendung – ein "Heimatmarkt" – unverzichtbar. Ein solcher schaffe auch eine wichtige Signalwirkung fürs Ausland.

"Die für die Energiewende voraussichtlich benötigten großen Mengen an Wasserstoff werden aus heutiger Sicht nicht nur in Deutschland produziert werden können", geht aus dem Papier aber auch hervor. Dazu reichten die erneuerbaren Erzeugungskapazitäten nicht aus. Die Regierung nimmt daher an, dass "Deutschland auch in Zukunft ein großer Energieimporteur bleiben" müsse. Deshalb will sie unter dem Motto "H2Global" Partnerschaften rund um das Thema Wasserstoff aufbauen und intensivieren.

Bundeswirtschaftsminister Altmaier unterzeichnet gemeinsame Absichtserklärung zur Deutsch-Saudischen Wasserstoffzusammenarbeit mit Abdulaziz bin Salman Al Saud, Energieminister Saudi-Arabiens

(Bild: BMWI, Andreas Mertens)

Als eine Option nannte sie den inzwischen unter der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im Dezember 2020 verwirklichten Start eines neuen "Wichtigen Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse" alias "Important Project of Common European Interest" (IPCEI) für den Bereich Wasserstofftechnologien und -systeme als Verbundinitiative mit anderen Mitgliedstaaten. Aber auch mit weiter entfernten Ländern vor allem im Süden soll die Bundesrepublik kooperieren, um den Bedarf zu decken. Gerade in Entwicklungsgebieten sei dabei aber darauf zu achten, "dass der Export von Wasserstoff nicht zu Lasten der derzeit häufig noch unzureichenden Energieversorgung in den betreffenden Exportländern geht und hierdurch Investitionsanreize für zusätzliche fossile Energiequellen vor Ort entstehen".