Klartext: Die Ladestation der Zukunft

Seite 2: Schnelle Ladegeräte, schöne Kabinen

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Oder noch anders: Ladeleistung ist Trumpf. Ich fahre nicht auf der Autobahn, um Peugeot-Fahrer kennenzulernen. Ich fahre, um anzukommen. Wenn Ladestationenbetreiber also aus Geldgründen wählen müssen, sollten sie lieber in gekühlte Kabel und einen fetten Mittelspannungsnetzanschluss investieren statt in Dächer, Karpfenteiche oder Bäckereien, und zwar aus zwei Gründen. Erstens: Je neuer und besser das E-Auto, umso schneller lädt es tendenziell, und umso mehr lädt die Kabinengestaltung dazu ein, einfach sitzen zu bleiben. Zweitens: So etwas wie den Ladepark Hilden zu bauen, erfordert Herz, Geschmack und das Geschick des sozialen Architekten – Dinge, die einem erfolgreichen Tankstellenbetreiber an der Autobahn bisher nicht besonders nützlich waren.

Um die Argumentation vollständig nachvollziehen zu können, müssen wir uns die nächste Generation von E-Autos in der Vorstellung verdeutlichen. Das Auto, das den Weg in die unmittelbare Zukunft des E-Autos weist, heißt "Hyundai Ioniq 5". Wenn Sie nicht wissen, was ich damit meine, haben Sie aller Wahrscheinlichkeit nach schlicht noch nicht genug über diese Maschine gelesen. Der Ioniq 5 bietet Porsche-Taycan-Technik zu Preisen auf Niveau eines BMW-3er-Touring (vor Förderung). Hyundai nutzt den flachen Kabinenboden für verschiebbare Sitze und eine verschiebbare Mittelkonsole. Die vorderen Sitze können sogar in eine fußgestützte Liegeposition à la Mercedes S-Klasse-Hintenfahrer gebracht werden.

Brauche ich da ein Dach? Nicht unbedingt, ich habe ja eines dabei. Brauche ich eine Lounge? Nope, Hyundai liefert ja freundlicherweise eine mit. Brauche ich fettigen Tankenfraß? Nicht, wenn ich mir eine Banane eingepackt habe. Vielleicht freue ich mich über WLAN, wenn mein Datenvolumen begrenzt oder der Empfang mobil mal wieder schlecht ist. Ganz sicher jedoch wird mir am wichtigsten sein, wie lange der Ladevorgang dauert.

Von daher glaube ich nicht mehr, dass sich an den heutigen Raststätten qualitativ besonders viel ändern muss in den nächsten Jahren. Die klassische Karawanserei an der Autobahn hat bereits alles, was ich nicht mitbringe in meinem Hyundai: Toilette und Kaffeemaschine (und selbst die könnte ich am bidirektionalen Ladegerät betreiben). Das Seed & Greet kann daher nicht als allgemeines Vorbild für Autobahnrasten dienen, obwohl es hohe Ladeleistungen und gute Gastro bietet. Das soll es auch nicht.

Es hat seinen ganz eigenen Charme; es funktioniert nicht nur als Transit-Treffpunkt, sondern obendrein als eigenes Ziel. Mir sind keine komplett vergleichbaren Projekte in Deutschland bekannt. Roland Schüren und sein Team haben also keine direkte Konkurrenz und viele Kunden und ich wünschen ihrer speziellen Art, Dinge zu verbessern, weiterhin den größten Erfolg. Wenn so etwas bei mir in der Gegend stünde, würde ich dort meinen Testwagenverbrauch messen. Doch auf der Durchreise? Da nehme ich die Station, die am besten zu meiner Route passt. Kabine und Smartphonebildschirm sehen an beiden Orten gleich schön aus.

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Andererseits: Wenn alle Ladeparks wären wie das Seed & Greet, das wäre schon geil ...

(cgl)