Kommentar zu E-Fuels: Der Scheinriese der Energiewende

Seite 2: E-Fuels kommen, bleiben aber eine Randerscheinung

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Was das Argument, man könne diese Anlagen dann einfach laufen lassen, statt sie zeitweise stillzulegen, lahmlegt. Eine Produktionsanlage für E-Fuels ist teuer, wir können sie also nicht massenhaft im Land aufstellen, wo immer vielleicht regenerative Kraftwerke potenziell vom Netz genommen werden. Selbst an Standorten, wo dies vergleichsweise oft geschieht, ist das eine unkluge Idee. Denn wenn sich die teuren Produktionsanlagen rentieren sollen, müssen sie im Idealfall 24/7 laufen, und nicht nur dann, wenn für Ökostrom im Netz mal wieder kein Platz ist. Andernfalls wird die Angelegenheit für den Endkunden nochmals dramatisch teurer - ein schlichter, betriebswirtschaftlicher Fakt.

Ich glaube nicht, dass auf absehbare Zeit in der motorisierten Individualmobilität alle mit batterieelektrischen Antrieben unterwegs sind. Vielmehr erscheint mir wahrscheinlich, dass es künftig einen Mix an Energieträgern geben wird: Strom aus Batterien im Auto, Strom aus Wasserstoff, vielleicht synthetisches Gas und, ja, auch E-Fuels. Doch zu dieser Aussage gehört ehrlicherweise ein grobes Skizzieren der zu erwartenden Verhältnisse. Die Masse wird künftig batterieelektrische Autos nutzen. Aus dieser Logik folgt, dass alle anderen Energieträger Randerscheinungen sein werden – mit den erwartbaren Folgen: Da ihnen Skalierungseffekte fehlen, wird ihre Nutzung für den Einzelnen teuer. So teuer, dass fast zwangsläufig sich jeder durchschnittliche Autonutzer überlegen wird, ob er für die paar Langstrecken im Jahr eine Ladepause von vielleicht 15 bis 20 Minuten nach 300 km wirklich nicht akzeptieren kann.

Wer für E-Fuels trommelt, muss beantworten, warum er massenhaft Ökostrom verschleudern will, um ihn in Form von E-Fuels anschließend mit einem unterirdischen Wirkungsgrad zu verbrennen – anstatt mit dem regenerativ erzeugten Strom fossile Energieträger im Netz zu ersetzen. Als Alternative zu Benzin und Diesel für die Massen taugt er mit seinem zu erwartenden Preis auf absehbare Zeit keinesfalls. Bis er in relevanter Menge zur Verfügung steht, dauert es selbst bei optimistischer Sicht auf die Dinge noch Jahre. Zeit, die wir angesichts der Klimaveränderungen nicht mehr haben. Von Lärm und Abgasen vor Ort einmal ganz abgesehen, denn an denen ändert sich mit der Verwendung von E-Fuels ja nicht automatisch etwas.

Sollten es E-Fuels also auf den Markt schaffen, was durchaus realistisch erscheint, werden sie es einer kleinen Gruppe von Nutzern erlauben, ihr Fahrzeug weniger umweltschädlich zu betreiben. Die Kosten dafür müssen dieser Gruppe zweitrangig sein, was in einigen Fällen gar nicht so unwahrscheinlich ist: Private Rennfahrer und Besitzer von Oldtimern beispielsweise nehmen schon jetzt so hohe Kosten für ihr Hobby in Kauf, dass die Spritkosten ein zu vernachlässigender Posten in den Gesamtkosten sind. Gedankliche Rechnung: Der Oldie nimmt 10 Liter/100 km und wird 1500 km im Jahr bewegt. Ob der Sprit dafür nun 250, 300 oder auch 500 Euro kostet, spielt angesichts der sonstigen Unterhaltskosten eine untergeordnete Rolle.

Wer nur gelegentlich einen Klassiker fährt, ist unter Umständen bereit, die höheren Kosten für synthetischen Kraftstoff zu tragen. Denn in den Gesamtkosten spielen die Spritpreise bei den oftmals geringen Jahresfahrleistungen eine Nebenrolle.

(Bild: Mercedes)

Die Masse aber betreibt das Autofahren nicht als Hobby oder aus reinem Vergnügen, sondern muss schauen, dass die Unterhaltskosten im Rahmen bleiben. Diesen Menschen zu suggerieren, mit E-Fuels ging es einfach weiter wie gewohnt, ist günstigstenfalls unwissend, meist vermutlich aber dreist gelogen. Kosten und Verfügbarkeit sprechen auf absehbare Zeit nicht dafür, dass synthetischer Sprit eine Alternative zum Elektroauto für die breite Masse wird. Vor allem aber ist er auf keinen Fall ein brauchbares Argument dafür, den Bestand an Neuwagen mit Verbrennungsmotor immer weiter anwachsen zu lassen.

(mfz)