Vorstellung Elektroauto Polestar 3: E-SUV als BMW-iX-Konkurrent kommt 2023

Der Polestar 3 reichert das Segment der voluminösen E-SUV an. Eingeschenkt wird bei Reichweite, Leistung und Platz reichlich – für einen hohen Preis.

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Polestar 3

(Bild: Polestar)

Lesezeit: 6 Min.
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Polestar, der Volvo-Ableger für batterieelektrische Autos, geht zum Teil eigenwillige Wege. Erwerben kann man die Modelle nur online, die Möglichkeiten, sich die Fahrzeuge vor Ort anzusehen, sind rar. Ganze acht Standorte dafür gibt es derzeit in Deutschland, und beispielsweise als Hannoveraner muss man schon bereit sein, etliche Kilometer zu fahren, um einen Polestar-Space betreten zu können

Ob das Konzept langfristig aufgeht, wird sich zeigen und auch von der Konkurrenz aufmerksam beobachtet. Denn die Polestar-Palette soll in den kommenden Jahren kräftig ausgebaut werden, der hier erstmals gezeigte Polestar 3 ist nur der Anfang einer Modelloffensive. Es wird für den Vertrieb eine Herausforderung, eine ganze Reihe von Fahrzeugen zu verkaufen, die man nur begrenzt zeigen kann. Gelingt das Experiment, Autos massenhaft ohne dichtes Händlernetz unters Volk zu bringen, wird das sehr rasch Nachahmer finden.

Wobei Polestar nicht die Masse der Autokäufer im Visier hat. Der Polestar 3 ist ganz unzweifelhaft nicht darauf zugeschnitten. Das 4,9 m lange E-SUV hat mindestens 360 kW und stets eine 111-kWh-Batterie. Damit ähnelt es auffällig dem BMW iX (Test) und wendet sich demnach an eine ausgesprochen solvente Kundschaft. Die technische Basis teilt er sich mit dem Volvo EX90, dessen Premiere für den 9. November geplant ist. Obwohl die Auslieferungen erst in einem Jahr beginnen sollen, nennt Polestar schon Preise. Das vorläufige Basismodell kostet 88.600 Euro, das Performance-Modell mit 20 kW mehr liegt bei 95.200 Euro. Hinzu kommen jeweils pauschal 1300 Euro Überführungskosten.

Der Konfigurator ist schon freigeschaltet und verrät zweierlei: Es gibt nicht viel, was der Kunde verändern kann, und Upgrades sind teuer. Inklusive sind im ersten Modelljahr zwei Pakete, die Goodies wie ein aufwendiges 1,6-kW-Soundsystem von Bowers & Wilkins, Head-up-Display, Einparkhilfen und sanft schließende Türen mitbringen. Was Polestar dafür später verlangt, steht noch nicht fest.

Polestar 3 Innenraum (5 Bilder)

Knöpfe oder Schalter sind im Innenraum des Polestar 3 kaum zu finden.

Was bekommt der Kunde noch für diese enorme Summe? Schon jetzt festhalten lässt sich: Ein SUV mit reichlich Platz im Innenraum. Knapp drei Meter Radstand versprechen ein sehr großzügiges Raumangebot, zumindest für die Besitzer. Der Kofferraum fällt mit 484 Litern hinten und 32 Litern vorn gemessen an den äußeren Abmessungen eher unterdurchschnittlich aus. Zur Orientierung: Ein VW ID.5 bietet hinten 549 Liter, und der ist 30 cm kürzer.

Rechnen darf der Kunde wohl auch mit einer sehr hochwertigen, akkurat verarbeiteten Einrichtung. Volvo und auch Polestar fielen diesbezüglich zuletzt mit einer Noblesse auf, die selten geworden ist. Offensiv wirbt Polestar damit, Sitzbezüge aus nachhaltiger Produktion zu verbauen. Die Gestaltung ist modern, Knöpfe und Tasten sind so gut wie komplett verbannt. Das meiste wird über einen 14,5-Zoll-Bildschirm bedient. Google liefert auch hier Android Automotive zu. Testwagen damit haben gezeigt, dass es grundsätzlich eine gute Idee war, als kleiner Autohersteller keinen eigenen Weg beim Infotainment mehr zu gehen. Das System im Polestar 3 basiert auf der Snapdragon Cockpit Plattform. Übersetzt bedeutet das für den Kunden vor allem, dass zahlreiche Dienste in die Cloud ausgelagert wurden. Das dafür notwendige Datenvolumen ist für drei Jahre inklusive, Folgekosten nennt Polestar noch nicht.

Die Hardware dahinter holt sich Polestar von Nvidia. Deren Drive-Core-Computer übernimmt auch die Rechenarbeit für die Assistenzsysteme. Ab dem zweiten Quartal 2023 soll ein Pilot-Paket mit LiDAR von Luminar bestellt werden können. Damit, so schreibt es Polestar, soll das E-SUV ein "verbessertes 3D-Scannen der Umgebung" ermöglichen. Es sei eine Hilfe, um das Auto auf das "autonome Fahren vorzubereiten" – auf welchem Level, verrät der Hersteller noch nicht. Im Pilot-Paket sind dafür vier Ultraschallsensoren und drei Kameras enthalten.

Polestar 3 außen (6 Bilder)

Das Segment der E-SUVs wächst um ein weiteres Exemplar. Populäre Konkurrenten sind Tesla Model Y, Audi e-tron und BMW iX.

Polestar wird zum Start zwei Versionen mit 360 und 380 kW anbieten. Das maximale Drehmoment liegt bei 840 und 910 Nm, Allradantrieb haben beide. Das Leergewicht liegt bei mindestens 2584 kg. Trotzdem sind die Fahrleistungen überdurchschnittlich flott. Das Grundmodell braucht für den Standardsprint nur fünf, die Spitzenversion 4,7 Sekunden. Schluss ist erst bei 210 km/h.

Aktuell gibt es nur vorläufige Daten zum Verbrauch im WLTP. Polestar nennt 20,1 bis 21,1 kWh/100 km für das Modell mit 360 kW, in der Version mit 380 kW sind es 21,9 bis 23,1. Die maximale Reichweite wird im Zyklus mit 610 bzw. 560 km angegeben. Die Spitzenladeleistung liegt bei 250 kW, was angesichts der 400-Volt-Spannungsebene recht viel ist – und vermutlich nur in einem schmalen Ladefenster anliegen wird. An Wechselstrom sind bis zu 11 kW möglich, es könnte sein, dass es hier später noch ein Upgrade auf 22 kW geben wird. Vorbereitet ist der Polestar 3 sowohl auf einfaches Bezahlen an öffentlichen Ladestationen – Stichwort "Plug-and-Charge" – und seine Eignung, die Batterie als externer Speicher (V2G) anzuzapfen.

Bestellen kann man das E-SUV seit dieser Woche, doch ausgeliefert wird erst Ende 2023. Damit ist Europa noch vergleichsweise früh dran. Denn Märkte wie Asien und der Nahe Osten sollen erst ab 2024 beliefert werden. Das hängt womöglich auch damit zusammen, dass der 3er das erste Modell von Polestar werden soll, das parallel auf mehreren Kontinenten gebaut wird. Das könnte auch für die kommenden Fahrzeuge der Marke so gehandhabt werden. In Vorbereitung sind ein viertüriger GT und ein Roadster.

(mfz)