Mehr Dampf fürs Funknetz

Seite 9: Netzgrenzen weiten

Inhaltsverzeichnis

Man kann ein Netz aber nicht beliebig verdichten, weil mit Zunahme der Zellen auch die gegenseitigen Störungen durch Signalinterferenzen zunehmen. Dagegen helfen verschiedene Strategien. Eine der einfachsten besteht darin, potenziell störende Zellen in separaten Frequenzbändern zu betreiben. Die sind jedoch nicht beliebig verfügbar.

Eine elegantere Methode nutzt zwei Effekte, die der geringeren Sendeleistung von Pico- oder Femto-Zellen geschuldet sind: Die kleinen Stationen stellt man so auf, dass sie gerade den von den Nutzern verwendeten Bereich besser ausleuchten als eine laut sendende, aber zu weit entfernte Makro-Station. Außerdem nutzt man aus, dass die Störreichweite geringer ausfällt und kann so dieselbe Frequenz auf gleicher Fläche häufiger verwenden.

Allerdings lassen sich so nicht alle Störungen zwischen den Knoten vermeiden, sodass man bei GSM- und UMTS-Netzen schnell an die Grenzen dieser zweiten Methode stößt.

Die sind bei LTE jedoch nicht so eng, denn mittels der OFDM-Technik lässt sich die Funkressource über Unterträger fein granulieren. So kann man die Signale von benachbarten Zellen in Frequenz oder Zeit voneinander trennen. Beispielsweise kann eine potenziell störende Basisstation solche Unterträger meiden, über die in einer Nachbarzelle kritische Informationen übertragen werden. Solche Fälle berücksichtigt eine durchdachte Netzplanung, indem sie den Betrieb solcher Basisstationen koordiniert.

Daneben müssen die Netzplaner berücksichtigen, dass bei heterogenen Netzen der Algorithmus für den netzseitig ausgelösten Zellenwechsel eines Handys (Handover) in die Irre geführt werden kann. Um eine gute Verbindung zu gewährleisten, versucht das Handy nämlich grundsätzlich den Kontakt zu der Basisstation zu halten, die von ihm aus gesehen am besten erreichbar ist. In einem homogenen Netz aus Makrozellen ist das in der Regel die örtlich nächste und das Netz löst den Handover aufgrund der vom Handy rückgemeldeten Empfangspegel etwa in der Mitte zwischen zwei Makro-Stationen aus.

Wenn sich das Handy nun aus der Pico-Zelle herausbewegt und dabei ein starkes Signal einer Makro-Zelle empfängt, erscheint die Makro-Zelle viel attraktiver und das Netz neigt dazu, das Handover zu früh auszulösen. Das möchten Netzplaner verhindern, weil dadurch die wirksame Flächendeckung der Pico-Zelle schrumpft und ihre Kapazität brachliegt. Das lässt sich einfach unterbinden, indem man für das Handover der Pico-Zellen einen Offset festlegt, der die Pico-Zelle scheinbar größer macht.

Zusätzlich greift die Netzplanung gezielt in das Funkressourcen-Management ein, um die starke Störstrahlung der Makro-Zelle zu dämpfen – beispielsweise, indem sie die Unterträgeraufteilung anpasst. Unterm Strich hält das Netz die Teilnehmer so länger in der Pico-Zelle, entlastet die Makro-Station und erhöht die Gesamtkapazität.

Die erste LTE-Version, auf der die in Deutschland im Aufbau befindliche Netztechnologie basiert, stellt bereits eine sehr gute Alternative zu drahtgebundenen Breitbandzugängen dar. Um für kommende Anforderungen gerüstet zu sein, planen Netzwerkausrüster, Endgeräte-Hersteller und Netzbetreiber aber bereits jetzt mit der Gigabit-Technik LTE Release 10. Sie dürfte im Laufe der nächsten Jahre in den Mobilfunknetzen Einzug halten.

Die Entwicklung ist mit Release 10 allerdings noch längst nicht zuende; der Standardisierungsprozess geht laufend weiter. Inzwischen tüfteln Spezialisten LTE Release 11 aus. Auch diese LTE-Version wird wieder zahlreiche Verbesserungen enthalten. Ersten Anzeichen nach wird es noch intensiver um heterogene Netze und kooperierende Basisstationen gehen – also um Verfahren, die die Datenraten unter mäßigen Sende- und Empfangsbedingungen noch weiter verbessern.

Dr. Michael Meyer und Dr. Christian Hoymann sind im Bereich Forschung bei Ericsson tätig.

  1. Dr. Michael Meyer, Breitband-Mobilfunk, LTE setzt neue Maßstäbe, heise mobil 2011
  2. Urs Mansmann, Das Ende der weißen Flecken, Flächendeckend schnelle Internet-Zugänge per LTE, c’t 13/11, S. 116
  3. Philipp Thier, Arbeitsteilung, Wie Femto-Zellen die Mobilfunknetzabdeckung verbessern, heise mobil 2011

(dz)