Herdentrieb

Seite 7: App-Store-Chaos

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Die Probleme bei Android-Apps für Tablets werden am Beispiel der beiden IFA-Neuheiten Galaxy Tab von Samsung und Folio 100 von Toshiba deutlich. Das Folio kann nicht auf Googles Android Market zugreifen, nur auf einen kleinen Toshiba-Shop. Viele Nutzer dürfte das enttäuschen, sie erwarten bei Android-Geräten ein großes Angebot.

Doch die Hersteller dürfen den Market nur mit Googles Einverständnis installieren. Die erste Hürde: Ihr Gerät muss von Google als „kompatibel“ anerkannt werden. Die Kriterien stehen im 20 Seiten langen „Android Compatibility Definition Document“. Dieses listet unter dem Punkt „Display“ eine Reihe von Auflösungen auf, die standardmäßig kompatibel sind – bei Android 2.2 maximal 480 × 854 Pixel. Andere Auflösungen sind möglich, aber nur nach Rücksprache mit Google. Außerdem müssen eine Kamera (auf der Rückseite), ein Beschleunigungssensor, ein Kompass, GPS und Bluetooth vorhanden sein. Eine Telefonfunktion und UMTS werden nicht vorausgesetzt. Das Folio 100 hat nur auf der Vorderseite eine Kamera, wäre also gescheitert.

Die Anforderungen sind nachvollziehbar: Sie garantieren einen Mindeststandard, mit dem die Entwickler rechnen können. Für Nutzer wäre es frustrierend, wenn sie Apps zwar herunterladen, aber nicht vernünftig nutzen können.

Allerdings ist die Kompatibilität nur die erste von zwei Hürden auf dem Weg zum Android Market. „Aus einer Reihe von rechtlichen und wirtschaftlichen Gründen“, so schreibt Google auf Android.com, „sind wir nicht in der Lage, automatisch alle kompatiblen Geräte zu lizenzieren“. Wer mehr wissen will, soll sich melden – unsere Anfrage nach weiteren Bedingungen für die Market-Lizenz beantwortete Google nicht.

Samsungs Galaxy Tab hat beide Hürden genommen, der Market ist installiert. Trotzdem dürften viele Nutzer sich wundern: Warum gibt es zusätzlich einen Shop von Samsung? Suche ich meinen Lieblings-Twitter-Client zuerst in Googles Market oder in Samsungs Sammlung?

In Googles Market werden sie zwar zig Twitter-Apps finden, die Oberflächen sind aber nicht an die Auflösung angepasst (1024 × 600). Im Samsung-Shop ist es umgekehrt: Hier stehen nur wenige Apps bereit, diese haben Samsung und Partner dem Galaxy aber auf den Leib geschneidert.

Sollte Google die nächste Android-Version umbauen, bekommt der Market vermutlich eine Tablet-Abteilung. Samsung wird seinen eigenen Laden aber kaum aufgeben wollen. Im ersten Zukunftsszenario bleibt es bei der unpraktischen Doppellösung. Die zweite Möglichkeit: Google und Samsung einigen sich auf ein gemeinsames Einkaufszentrum. Die Frage ist nur: Wer wird Untermieter bei wem?

Die WeTab-Macher wollen ihren bislang kümmerlich bestückten App-Markt im November ausbauen: Dann soll es auch Android- und Adobe-Air-Apps geben. Da der Android Market nicht angezapft werden darf, gibt es eine Schnittstelle zu dem deutlich kleineren Verzeichnis AndroidPIT, außerdem wird sich laut 4tiitoo die Android-Unterstützung zum Startzeitpunkt noch im Betastadium befinden. Ein weiterer Kanal könnte in Zukunft zum AppUp-Center führen, das Intel für alle MeeGo-Geräte mit Intel-Hardware vorsieht (im WeTab rechnet ein Atom). Mitte August hatte Intel nach eigenen Angaben rund 500 Apps im Programm. Der Store richtet sich aber in erster Linie an Netbooks, Touch-optimierte Programme dürften noch die Ausnahme sein.

Für Windows existiert zwar ein scheinbar unerschöpfliches Reservoir an Anwendungen, aber nur wenige taugen für Touch. Neben der Schwerfälligkeit und der wenig fingertauglichen Oberfläche von Windows selbst ist das ein weiterer Grund für die schlechte Ausgangsposition im Rennen mit dem iPad.