Kein Vertrauensvorschuss vom Chef

Wenn Mitarbeiter das Gefühl haben, dass ihr Chef sie misstrauisch beäugt, dann liegen sie richtig. Denn nur ein geringer Teil der Topmanager bringt seinen Angestellten ein Grundvertrauen entgegen.

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Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Wer nach oben will, muss vermutlich so gestrickt sein: Topmanager geben ihren Angestellten freiwillig keinen Vertrauensvorschuss und sind der Meinung, dass sich die Mitarbeiter das Vertrauen eines Vorgesetzten erst mal verdienen müssen. So denken laut der Studie "Leadership im Topmanagement deutscher Unternehmen" von Rochus Mummert, zwei Drittel der Top-Manager und 44 Prozent der leitenden Angestellten. Deshalb herrscht in den meisten Unternehmen auch eine Kultur der Kontrolle und nicht des Vertrauens.

Die Analysten finden die Ergebnisse alarmierend und fordern ein Umdenken der Führungskräfte. Ständig alles kontrollieren zu wollen, setzt nämlich nicht nur den Manager unter zusätzlichen Stress, sondern schadet auch der Leistungsfähigkeit des Unternehmens. Denn wer sich an seinem Arbeitsplatz ständig kontrolliert und in seinem Leistungsvermögen unterschätzt fühle, sei in der Regel auch nicht mehr bereit, zum Erfolg des Unternehmens beizutragen. Höchstleistungen kann man von den Mitarbeitern unter solchen Umständen also kaum erwarten.

Die gute Nachricht ist: Die Mehrheit der Mitarbeiter bekommt von dem Dauermisstrauen nichts mit. Tatsächlich sagt nur jeder vierte befragte Mitarbeiter, dass das Management in seinem Unternehmen lieber auf Kontrolle statt auf Vertrauen setzt. Die Mehrheit stimmt dieser Aussage nicht zu. Zumindest wird den Angestellten in den meisten Fällen also eine Kultur des Vertrauens vorgegaukelt.

Die Analysten haben außerdem einen Zusammenhang zwischen Erfolg und Vertrauen festgestellt. So berichten in unterdurchschnittlich wachsenden Unternehmen 42 Prozent der Befragten, dass sie sich offen nur mit Kollegen auf der gleichen Hierarchie-Ebene austauschen können. Je erfolgreicher das Unternehmen wirtschaftlich ist, desto entspannter ist auch der Umgang zwischen Chef und Mitarbeiter. Auch Firmen, in denen den Mitarbeitern keine großen Karriereperspektiven aufgezeigt werden, sind eher von einer Mißtrauenskultur geprägt.

Als dritten Faktor haben die Analysten die Fluktuation ausgemacht: In Unternehmen mit hoher Fluktuation haben 40 Prozent Prozent der Befragten das Gefühl, dass sie nur Kollegen auf gleicher Hierarchiestufe vertrauen können. Wobei eine hohe Fluktuation kaum der Grund für eine Mißtrauenskultur sein dürfte, sondern vielmehr die Folge davon. Denn wie schon zahlreiche andere Umfragen bestätigt haben, wünschen sich Mitarbeiter vor allem die Möglichkeit, selbständig arbeiten zu können und auch mal Entscheidungen treffen zu dürfen. Wer sich zum reinen Befehlsempfänger degradiert fühlt, dem der Chef außerdem nicht vertraut, fühlt sich gestresst und schlimmstenfalls sogar gemobbt. (gs)
(masi)