Elektroauto Nissan Ariya im ersten Fahrbericht: Harte Konkurrenz für den VW ID.4

Der elektrische Nissan Ariya hatte eine lange Vorlaufzeit: Gezeigt wurde er vor fast zwei Jahren, erst jetzt läuft die Produktion an. Eine erste Ausfahrt.

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Nissan Ariya

(Bild: Nissan)

Lesezeit: 4 Min.
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Nach einigen seriennahen Studien auf diversen Messen stellte Nissan den Ariya im Sommer 2020 vor. Doch erst jetzt laufen die ersten Exemplare vom Band. Die Auslieferung soll im Sommer beginnen, Preise nennt Nissan noch nicht. Eine erste Proberunde zeigt indes, dass hier ein batterieelektrisches SUV naht, das die Konkurrenz durchaus ernst nehmen sollte.

Mit einer Länge von 4,59 m tritt der Ariya in einem mittlerweile eng besetzten Umfeld an. VW ID.4, Hyundai Ioniq 5 und Mercedes EQB (Test) haben ein ähnliches Format, der Toyota bZ4x ist rund 10 cm länger. Das verspricht gute Platzverhältnisse, und der Nissan enttäuscht in dieser Hinsicht nicht. Nur für große Menschen ist die Kopffreiheit hinten etwas knapp. Auch der Kofferraum ist mit 415 (Allrad) bis 468 Litern (Frontantrieb) deutlich kleiner als beispielsweise im Skoda Enyaq (Test). Angenehm ist, dass es keinen Kardantunnel gibt. Hier zeigt sich, dass der Ariya ohne Rücksicht auf die Unterbringung eines Verbrenners konstruiert wurde.

Das Armaturenbrett wirkt erheblich fortschrittlicher als das, was Nissan im populären Qashqai serviert. Funktional ist das nicht immer von Vorteil: Im Qashqai lässt sich die Temperatur ohne Blickkontakt verstellen, im Ariya sind für solche Dinge berührungsempfindlichen Flächen vorgesehen. Immerhin: Es gibt einen Drehregler für die Lautstärke, und die fragwürdige Mode von Touchflächen auf dem Lenkrad macht Nissan nicht mit. Bemüht hat sich Nissan auch, die Menüstruktur nicht unendlich tief zu verästeln.

Ungewöhnlich das beleuchtete Quadrat neben den Pedalen, das an japanische Papierlaternen erinnern soll. Wer mit etwas breiteren Füßen das Fahrpedal bedienen will, landet leicht auf dem nur wenig höher stehenden Lampion. Insgesamt wirkt das Interieur sauber verarbeitet und hochwertig eingerichtet. Nissan lässt beispielsweise den VW ID.4 in dieser Hinsicht weit hinter sich.

Nissan Ariya (4 Bilder)

Nissan hat die Kunden lange warten lassen: Das Serienmodell des Ariya wurde im Sommer 2020 vorgestellt.

Zum geplanten Verkaufsstart im Sommer sind vier Antriebskonfigurationen geplant. Als maximale Ladeleistung werden für die große Batterie 130 kW genannt, für den kleinen Speicher gibt es noch keine offizielle Angabe. Damit läge Nissan gegenüber einigen Konkurrenten deutlich zurück, doch die Ingenieure haben noch ein Ass im Ärmel: Als eines von aktuell wenigen Elektroautos kann der Ariya die in Städten vergleichsweise weit verbreiteten 22-kW-Lader komplett nutzen. Auf Langstrecken werden einige Konkurrenten schneller sein, im Alltag der meisten Fahrprofile nicht unbedingt.

Das vorläufige Angebot im Überblick:

Ariya (Frontantrieb) Ariya e-4ORCE (Allradantrieb)
Energiegehalt Batterie kWh (netto) 63 87
Reichweite nach WLTP (kombiniert) 360 500 460 400
Leistung in kW 160 178 225 290
Drehmoment in Nm 300 600
Beschleunigung 0-100 km/h in s 7,5 7,6 5,7 5,1
Höchstgeschwindigkeit in km/h 160 200
Leergewicht in kg 1800 bis 2300
Anhängelast in kg 750 1500
Länge in mm 4595
Breite in mm 1850
Höhe in mm 1660
Radstand in mm 2775
Kofferraumvolumen in Litern 468 415
DC-Ladestandard CCS (für Europa)
Reifengröße 235/55 R19 (255/45 R20 optional)

Wir fuhren die 160-kW-Basisversion mit Frontantrieb. Schon damit ist das knapp zwei Tonnen schwere SUV mehr als nur ordentlich versorgt. Im Enyaq greifen die meisten Käufer zur größten Batterie, vermutlich wird das auch im Ariya so sein. Mit einem Nettozuwachs von 24 kWh erweitert sich die Reichweite auf der Autobahn locker um rund 100 km. Sofern Nissan für dieses Upgrade nicht einen absurden Aufpreis aufruft, wird das wohl der Bestseller werden. Noch flottere Fahrleistungen versprechen die Allradversionen.

Nissan Ariya (9 Bilder)

Das Armaturenbrett lässt den im vergangenen Jahr vorgestellten Nissan Qashqai im Vergleich ziemlich konservativ erscheinen.

Schon die Basisversion des Ariya wirkt souverän. Die Beschleunigung ist unaufgeregt, die Lenkung präzise, wenn auch etwas indirekt. Da wir auf einer abgesperrten Rennstrecke unterwegs waren, lässt sich über den Federungskomfort noch nicht viel sagen. Die Wankbewegungen hielten sich auch in etwas flotter gefahrenen Kurven in Grenzen, der tiefe Schwerpunkt trägt da seinen Teil bei. Wenn es auf der feuchten Fahrbahn beim Rausbeschleunigen aus der Kurve kurz an Traktion mangelte, wurde das über die Schlupfregelung rasch wieder eingefangen.

Der Ariya hinterlässt einen guten Eindruck. Er fährt sich schon in Verbindung mit dem Basisantrieb sehr angenehm. Dämmung und Federung wirken ebenfalls gekonnt. Der Innenraum ist hochwertig eingerichtet und sauber verarbeitet. Platz für die Passagiere bietet der Ariya ausreichend, nur der knapp geschnittene Kofferraum enttäuscht in dieser Hinsicht ein wenig. Beim Schnellladen ist er nicht vorn dabei, wohl aber beim Laden im Alltag an städtischer Infrastruktur. Gespannt sind wir, wie Nissan das E-SUV einpreisen wird. Angesichts des ersten Eindrucks sollte aber niemand mit einem Schnäppchen rechnen.

(mfz)