Fahrbericht Nissan Juke: Ungewöhnlicher Hybrid soll besonders sparsam sein

Mehr Dynamik als bisher verspricht Nissan mit dem Hybridantrieb im Juke. Die gestiegene Leistung deutet das auch an, doch im Vordergrund steht etwas anderes.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 27 Kommentare lesen
Nissan Juke Hybrid

Nissan erweitert das Motorenangebot im Juke um einen technisch interessanten Hybridantrieb.

(Bild: Nissan)

Lesezeit: 6 Min.
Inhaltsverzeichnis

Es gibt inzwischen zahlreiche Hybridbauarten auf dem Markt. Die Allianz von Renault und Nissan hat sich für einen technisch ziemlich ungewöhnlichen Aufbau entschieden, bei dem die eigentlichen Antriebskomponenten um ein Multi-Mode-Getriebe herum gebaut wurden. Das Versprechen des Herstellers: mehr Dynamik bei geringerem Verbrauch. Wie fährt sich der Nissan Juke damit?

Der Antriebsstrang ist nicht neu, sondern wird seit einiger Zeit in Modelle von Renault und Nissan schon eingebaut. Er dient als Alternative zum weiterhin angebotenen Dreizylinder-Benziner mit 84 kW. Mit einer Systemleistung von 105 kW verspricht der Hybrid mehr Temperament. Diesen Teil der Ansage kann man weitgehend streichen: Sowohl auf dem Papier wie auch in der Praxis erscheint der Hybrid kaum spürbar kräftiger als der Benziner. Zwar beschleunigt der teilelektrifizierte Juke minimal schneller aus dem Stand auf Tempo 100, schafft auf der Autobahn aber nur 166 statt 180 km/h. Glasklar also: Wer es im Juke eilig hat, erfährt mit dem deutlich teureren Hybrid kaum eine Beschleunigung gegenüber dem Dreizylinder-Benziner.

Im täglichen Umgang bleibt der Antrieb akustisch angenehm im Hintergrund, solange der Fahrer nicht auf die Idee kommt, den Juke zur Eile zu treiben. Dann reagiert der Verbrennungsmotor etwas brummig und auch die vergleichsweise großen Drehzahlunterschiede zwischen den Gängen für den Verbrenner fallen stärker auf. Fahrdynamik ist also nicht die Stärke des Antriebs, eine ruhige Gangart liegt ihm spürbar mehr.

Nissan Juke Hybrid (5 Bilder)

Die zweite Generation des Nissan Juke tritt äußerlich ...

Warum das so ist, beantwortet ein etwas tieferer Blick in den technischen Aufbau. Die maximale Systemleistung ist gewissermaßen nur ein Abfallprodukt der drei Motoren, im Vordergrund steht das Bemühen, den Verbrenner so oft wie nur möglich bei idealer Last zu betreiben. Renault-Nissan verbauen drei Motoren, die sie über ein Multi-Mode-Getriebe in diversen Beziehungen zueinander verwenden können. Der 1,6-Liter-Benziner kommt ohne Aufladung aus und bietet 67 kW sowie 148 Nm Drehmoment. Im Getriebe sind für ihn vier Gänge reserviert, für den ersten von zwei E-Motoren zwei. Er leistet 36 kW und bietet 205 Nm. Der zweite E-Motor mit 15 kW ist als Starter-Generator ausgelegt und übernimmt hier zusätzlich die Aufgabe, die Gänge zu synchronisieren. Wir haben den Antrieb und seinen ungewöhnlichen Aufbau in diesem Artikel ausführlich vorgestellt:

Charme der Lösung ist ein sehr breites Spielfeld an Möglichkeiten. Der Verbrenner kann sowohl seriell wie auch parallel eingesetzt werden: Mal dient er nur als Generator, mal unterstützt er die beiden E-Motoren. Ziel der Idee ist, ihn immer nahe seinem besten Wirkungsgrad zu nutzen und so den Verbrauch in der Praxis zu senken. Der rein elektrische Vortrieb ohne Verbrennungsmotor steht nicht im Vordergrund. Mit 1,2 kWh ist die Batterie klein, für ihren hauptsächlichen Zweck einer Lastpunktverschiebung aber richtig dimensioniert.

Bis etwa 55 km/h fährt der Juke Hybrid seriell, danach geht er in einen parallelen Modus über. Anders ausgedrückt: In der Stadt dient der Verbrenner nur als Generator, die eigentliche Antriebsarbeit übernimmt der stärkere von zwei E-Motoren. Erst oberhalb von 55 km/h wird der Benziner für den Vortrieb direkt zusätzlich benötigt.

Inwieweit das gelingt, hängt am Einsatzszenario und natürlich auch am Fahrer. Bei einem niedrigen, wechselhaften Geschwindigkeitsprofil kann der variable Antrieb seine Stärken eher ausspielen als bei konstanter Last. Hohe Dauergeschwindigkeiten auf der Autobahn, die nur in Deutschland ein Thema sein könnten, bringen das Konzept an seine Grenzen. Dafür ist der Antrieb nicht ideal. Nissan verspricht im WLTP 5 bis 5,1 Liter, was rund ein Liter unter der Werksangabe des Dreizylinders liegt. Unsere erste Proberunde führte zum Teil über die Autobahn. Inklusive eines Abschnitts mit bis zu 140 km/h lag der Verbrauch laut Bordcomputer bei 6,5 Litern/100 km, über Land waren es rund 5,6. Im Alltag diesseits der Autobahn erwarten wir Werte von deutlich weniger als 6 Litern, wer dem Grundcharakter des Antriebs folgt, dürfte unterhalb von 5 Litern bleiben.

Nissan Juke Hybrid (6 Bilder)

Sehr ordentlich verarbeitet, funktional kaum zu beanstanden: Das Armaturenbrett entspricht vielleicht nicht gerade der neuesten Mode, doch man findet sich rasch zurecht.

Mit ein paar Einschränkungen muss der Hybrid-Interessent rechnen. So bleibt die Zuladung mit rund 370 kg deutlich unterhalb der bis zu knapp 440 kg, die in den Verbrennern möglich sind. Auch der Kofferraum ist mit 354 statt 422 Litern spürbar kleiner. Der Dreizylinder-Benzier darf 1250 kg ziehen, der Hybrid nur 750 kg.

Leben muss der Interessent auch damit, dass Nissan den Hybrid im Juke sehr selbstbewusst einpreist. Der Aufschlag gegenüber dem Dreizylinder mit Doppelkupplungsgetriebe liegt bei tapferen 3400 Euro, zudem ist er erst aber der dritten von insgesamt fünf Ausstattungslinien zu haben. Damit steht der Hybrid mit mindestens 31.090 Euro in der Preisliste. Der Serienumfang ist dann schon ordentlich, wenngleich nicht luxuriös.

Nissans Preisvorstellung erscheint auch deshalb so ambitioniert, weil die aktuellen Subventionen einige Plug-in-Hybride und Elektroautos in seine Nähe rücken. Renault Megane E-Tech, Peugeot e-2008 (Test) oder Kia Niro PHEV profitieren derzeit von staatlichen Kaufunterstützungen und steuerlichen Vorteilen bei der privaten Nutzung von Dienstwagen. Damit kann der Nissan Juke Hybrid nicht dienen. Er muss sich ohne solche Hilfen auf dem Markt behaupten, wenn er ab September bei den deutschen Händlern steht. Voraussichtlich einen Vorteil wird er jedoch haben: Da er in vielen Fällen wohl unter dem Radar der meisten Auto-Interessenten bleiben wird, könnte er zumindest mit kurzen Lieferfristen locken.

(mfz)