Test: Moto Guzzi V7 III Stone

Seite 2: Lockeres Cruisen

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Laut Hersteller wiegt die V7 III Stone mit vollem Tank 209 Kilogramm. Beim Rangieren machen sich die Pfunde der Guzzi auch noch deutlich bemerkbar, doch erst einmal in Gang gesetzt, fühlt sie sich plötzlich viel leichter an. Trotz der altmodischen Sitzposition vermittelt die V7 III Stone rasch Vertrauen. Sie überfordert niemanden und selbst Kleingewachsene erreichen problemlos mit beiden Füßen den Boden. In der Innenstadt verhält sich die V7 III Stone mustergültig und baut früh Drehmoment auf. Es lässt sich auch im höheren Gang lässig durch die City cruisen, der 744-cm3-Motor zieht locker hoch.

Zur Freude des Fahrers drehen sich auch einige Köpfe nach dem vermeintlichen Oldtimer um. Einige ältere Herren überkommt ein breites Lächeln beim Anblick der Moto Guzzi, vermutlich war die V7 ihr Jugendtraum. Den Show-Test hat die V7 III Stone damit erfolgreich bestanden, jetzt wartet die Landstraße. Zu Beginn ihrer Karriere galt die Moto Guzzi V7 Sport ihrem Namen gemäß sogar als ausgesprochen sportliches Motorrad. Davon ist nach einem halben Jahrhundert nicht mehr viel übrig geblieben, wer moderne Sportbikes gewohnt ist, wird über die V7 III nur müde lächeln können. Ihre 52 PS liegen bei 6200/min an, bei 6900 Touren beginnt bereits der rote Bereich. Sie schwingt sich bis zu einem Topspeed von 170 km/h auf, für die letzten paar km/h muss sie sich aber schon anstrengen.

Vor vier Jahren hat Moto Guzzi die Federwege an der V7 III gekürzt und ein wenig an der Fahrwerksgeometrie gespielt, um ihr bessere Fahreigenschaften anzutrainieren, genützt hat es aber wenig. Das Fahrwerk wirkt unterdämpft und bei harten Stößen rasch überfordert. In schnellen Kurven neigt das niedrige Heck bei welliger Fahrbahn zum Aufschaukeln.

Die Basisausführung kommt in zurückhaltendem Schwarz. Weniger triste Modelle oder solche mit Drahtspeichen kosten Aufpreis.

(Bild: Ingo Gach)

Aber eine italienische Signorina will auch nicht gescheucht, sondern gediegen ausgeführt werden. Man muss sie mit Anstand behandeln, damit sie ihre Würde behalten kann. Das entspannte Cruisen auf gewundenen Landstraßen ist ihr Metier. Sie rollt gerne im mittleren Drehzahlbereich dahin, spült einen auf ihrer Drehmomentwelle von maximal 60 Nm bei 4900/min voran und verwöhnt mit erstaunlich ruhigem Motorlauf. Lediglich bei 4000 Touren sind leichte Vibrationen bemerkbar, die bei höheren Drehzahlen aber wieder abklingen.

Überraschend gut funktioniert die einzelne Brembo-Bremse am Vorderrad, sie verzögert zusammen mit der Hinterradbremse kräftig und das ABS von Conti arbeitet feinfühlig. Die zweistufige Moto Guzzi Traction Control greift recht früh ein, selbst beim flotten Ampelstart regelt die Elektronik gerne schon Mal den Vorwärtsdrang. Ansonsten sucht man vergeblich nach elektronischen Assistenzsystemen, aber bei einem luftgekühlten V2 mit überschaubarer Leistung sind sie auch nicht wirklich nötig. Das dürfte vielen traditionsbewussten Guzzisti ohnehin gefallen. Selbst das LED-Licht dürfte in Fan-Kreisen kontrovers diskutiert werden. Natürlich ist das helle Licht ein Sicherheitsplus, aber es stört eben auch ein wenig den Retro-Charakter der V7.

Der Blick ins Cockpit hinterlässt ebenfalls einen zwiespältigen Eindruck: Ein schön nostalgisch wirkender Tacho mit weißen Ziffern auf schwarzem Grund, eingefasst von einem Chromring erfreut das Auge, aber ein Display haben die Ingenieure auch noch unterbringen wollen. Es versorgt den Fahrer mit allerlei Informationen vom Tageskilometerzähler bis hin zur Außentemperatur. Die Infos lassen sich per Daumendruck nacheinander duchklicken. Guzzi-typisch schaltet sich die Ganganzeige im digitalen Display ab, sobald die Kupplung gezogen wird.

Überzeugen kann die V7 III hingegen bei der Reichweite. Der Tank fasst 21 Liter und mehr als vier Liter Benzin pro hundert Kilometer strömen selten durch die Einspritzdüsen. Das ergibt eine theoretische Reichweite von 525 Kilometern, da wird so manche Reiseenduro neidisch. Eine Tankanzeige sucht man im Cockpit leider umsonst, wenn noch fünf Liter im Spritfass schwappen, leuchtet eine gelbe Warnlampe auf. Dann schafft die V7 III aber noch locker über hundert Kilometer. Beim Betanken ist Vorsicht geboten, das Benzin spritzt gerne mal aus dem Tankstutzen heraus.

Lange Strecken wären mit der V7 III eigentlich kein Problem. Die Sitzbank ist breit und lang, die Sitzposition komfortabel und die Zuladung von 210 Kilogramm ordentlich, so dass weder der Fahrer, noch der Sozius etwas zu meckern hätten, wenn die Polsterung nicht so weich wäre. Spätestens nach einer halben Stunde beginnt die vergebliche Suche nach einer bequemeren Sitzposition.

Moto Guzzi hat dieses Jahr den Preis der V7 III Stone von 8650 auf 7900 Euro gesenkt. Erfreulich für alle Interessenten, dass man in Mandello del Lario mit den Verkaufszahlen offenbar nicht ganz zufrieden war. Wer für das charakterstarke Bike mit Kultfaktor bereit ist, über kleine Schwächen hinwegzusehen, hat jetzt seine Chance.