Albanien will Zugang zu Tiktok fĂĽr ein Jahr sperren
Stiften Inhalte auf der Video-Plattform Tiktok zu Gewalt an? Die Regierung in Tirana will nach einem tragischen Vorfall Konsequenzen ziehen.
(Bild: XanderSt/Shutterstock.com)
- Niklas Jan Engelking
- mit Material der dpa
Das Balkanland Albanien will den Zugang zur Video-Plattform Tiktok in Kürze für ein Jahr sperren. Das kündigte Ministerpräsident Edi Rama an. Nach entsprechenden technischen Vorbereitungen soll die Plattform in sechs bis acht Wochen in Albanien nicht mehr zugänglich sein, sagte Rama in der Hauptstadt Tirana. Das mit kurzen Videos erfolgreiche Portal gehört dem in China ansässigen Konzern ByteDance.
Die Inhalte, die Tiktok in China anbiete, seien völlig andere als die, die außerhalb Chinas verbreitet würden. "Da gibt es nur Dreck und Kot", wurde Rama von der staatlichen Nachrichtenagentur ATA zitiert. Insbesondere Kinder und Jugendliche würden dadurch gefährdet und "in Geiselhaft genommen". Das chinesische Pendant zu TikTok heißt "Douyin" und wird ebenfalls vom chinesischen Konzern ByteDance betrieben.
Tödlicher Streit eskalierte offenbar im Netz
Die Diskussionen über mögliche schädliche Wirkungen von Tiktok kamen in Albanien auf, nachdem vor knapp einem Monat ein 14-jähriger Schüler bei einer Messerstecherei getötet worden war. Die beiden beteiligten Gruppen Jugendlicher sollen sich auf Tiktok gegenseitig angefeindet und zu der am Ende tödlichen Schlägerei verabredet haben.
Ein TikTok-Sprecher dementiert das gegenüber heise online allerdings: „Wir bitten die albanische Regierung um eine dringende Klärung. Hinsichtlich des erwähnten tragischen Vorfalls haben wir keine Hinweise darauf gefunden, dass der Täter oder das Opfer TikTok Konten hatten. Berichten zufolge wurden Videos zu diesen Vorfällen auf einer anderen Plattform und nicht auf TikTok veröffentlicht."
Wie die Tiktok-Sperre in Albanien umgesetzt werden soll, blieb zunächst unklar. Zudem gibt es bei solchen Verboten immer auch Schlupflöcher: In Ländern, in denen bestimmte Inhalte gesperrt sind, greifen Nutzer oft auf geschützte Netzwerkverbindungen (VPN) zurück, um solche Sperren zu umgehen. VPN-Tunnel können es so aussehen lassen, als wäre ein Nutzer in einem anderen Land.
Schweden: Junge Täter auf Tiktok rekrutiert?
Auch Schweden erwägt ein Tiktok-Verbot für Jugendliche, um sie vor Gewalt zu schützen. Das nordeuropäische Land verzeichnet laut Reuters heute die meisten tödlichen Schießereien pro Kopf in Europa. Nach Angaben der schwedischen Polizei rekrutiert das organisierte Verbrechen auf Social Media zum Teil Teenager für Morde und Bombenanschläge. In den ersten sieben Monaten in 2024 wurden demnach in Schweden 93 Jugendliche unter 15 Jahren verdächtigt, an der Planung von Morden beteiligt gewesen zu sein.
Als erstes Land der Welt hat Australien Kinder von Social Media verbannt. Das australische Parlament beschloss Ende November im Eilverfahren ein Social-Media-Verbot für alle unter 16-Jährigen. Tech-Konzerne, aber auch Kinderschutz- und Menschenrechtsorganisationen kritisierten den Schritt.
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Auch politische Einflussnahme befĂĽrchtet
Die EU-Kommission hat nach Beschwerden aus Rumänien ein Verfahren gegen Tiktok eingeleitet. Der Verdacht: Einflussnahme auf die Präsidentschaftswahlen. Der rechtsextreme Präsidentenkandidat Georgescu sei vorschriftswidrig nicht als Politiker kenntlich gemacht worden.
In den USA droht Tiktok ein komplettes Verbot, wenn der chinesische Konzern Bytedance die Plattform nicht verkauft. Der Vorwurf: Die Gefahr chinesischer Einflussnahme auf US-BĂĽrger ĂĽber den Videodienst sei zu groĂź.
Es wurde ein Statement eines TikTok-Sprechers ergänzt, welcher dementiert, dass die am tödlichen Streit beteiligten Jugendlichen auf der Plattform aktiv gewesen sein sollen.
(nen)