Kupfer-Abschaltungstracker: Portugal hui, Deutschland pfui
Portugal, Spanien und Schweden liegen bei der schrittweisen Abschaffung von Kupfernetzen in Europa an der Spitze. Das zeigt eine Studie des FTTH Council Europe.
Ein Techniker am offenen Verteilerkasten fĂĽr Telefonleitungen. Ăśber die Kupferdoppelader flieĂźen in Deutschland noch viele Daten.
(Bild: heise online/vbr)
Deutschland schneidet schlecht ab in einem europäischen Ländervergleich zur Kupfer-Glasfaser-Migration, den der Brüsseler Lobbyverband FTTH Council Europe in Kooperation mit dem Beratungshaus Cullen International erstellt und jetzt veröffentlicht hat. Laut dem "Copper Switch-Off Tracker" gehören Deutschland, Griechenland und Tschechien zu den Nationen, die noch immer stark auf die alte Kupferinfrastruktur angewiesen sind. Sie landen auf den letzten drei Plätzen.
Die Analysten machen das vor allem daran fest, dass die Deutsche Telekom als alteingesessener Betreiber erst fĂĽnf Prozent ihres Netzes auf Glasfaser in den Varianten FTTB (Fiber to the Building) und FTTH (Fiber to the Home) umgestellt habe. In Tschechien liegt die Quote beim dortigen Ex-Monopolisten der Untersuchung zufolge ebenfalls bei fĂĽnf Prozent, in Griechenland bei vier von Hundert.
Deutsche Debatte ĂĽber Kupfer und Glas
Die Deutsche Telekom selbst beurteilt die Lage anders. Er biete aktuell "mehr als 10 Millionen Haushalten in Deutschland Glasfaser an", erklärte der Magenta-Konzern Anfang Januar. Der Anteil der von der Deutschen Telekom versorgten FTTH-Haushalte sei damit von 2021 bis 2025 von 36 Prozent auf 48 Prozent gestiegen. Laut einer Studie des Beratungsunternehmens EY dürfte 2025 voraussichtlich die Hälfte aller Haushalte Zugang zu Glasfaser haben. Insgesamt gebe es in Deutschland rund 250 Telekommunikationsunternehmen, die Glasfaser in erster Linie eigenwirtschaftlich bauen und betreiben.
Telekom-Chef Timotheus Höttges hat jüngst kritisiert, dass erst 13 Prozent der deutschen Haushalte Glasfaser-Leitungen tatsächlich nutzten. Das Bonner Unternehmen hat selbst lange auf das kupferbasierte VDSL mit Vectoring gesetzt und nur langsam auf Glasfaser umgeschwenkt. Konnkurrenten fordern einen Plan für eine zukunftssichere und reibungslose Kupfer-Glas-Migration. Die Telekom warnte in der Debatte, beim Abschied von der alten Leitungstechnik drohe ein "Zwangsanbieterwechsel". Die Bundesnetzagentur (BNetzA) sicherte zu, gemeinsam mit dem Digitalministerium ein Konzept für die Umstellung zu erarbeiten.
EU-Kommission will bis 2030 weg vom Kupfer
Portugal, Spanien und Schweden liegen bei der schrittweisen Abschaffung veralteter Kupfernetze in Europa an der Spitze, geht aus dem Tracker hervor. Die dortigen Marktführer haben demnach schon 93 bis 97 Prozent ihrer Netze auf Glasfaserleitungen migriert. Mit deutlich niedrigeren Werten folgen Bulgarien, Litauen, Luxemburg und Frankreich. Spanien und Finnland wollen der Untersuchung zufolge noch 2025 ihre Kupfernetze abschalten. Schweden peilt dies für 2026 an. Luxemburg, Frankreich und Dänemark haben sich 2030 dafür als Ziel gesetzt. Die Studienautoren machen deutlich, dass in lediglich zwölf Ländern die etablierten Betreiber Pläne zur vollständigen Abschaltung von Kupferleitungen haben. Nur in acht dieser Länder sind die Vorhaben öffentlich.
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Die EU-Kommission hat voriges Jahr in einem Weißbuch eine Frist für die vollständige Abschaltung von Kupfernetzen bis 2030 ins Spiel gebracht. Connect Europe, die Lobbyvertretung der größten Netzbetreiber, ist gegen eine feste Vorgabe oder eine erzwungene Kupfer-Abschaltung. Auch die EU-Regulierungsbehörden halten die Ambitionen der Kommission für überzogen. Der EU-Branchenverband ECTA, zu dem sich Konkurrenten der großen Netzbetreiber zusammengeschlossen haben, drängt indes auf einen schnellen Umstieg auf Glasfaser. Roshene McCool, die Präsidentin des FTTH Council, ist überzeugt, dass die optischen Netze "für die digitale Transformation Europas von grundlegender Bedeutung sind". Der schrittweise Ersatz von Kupfernetzen durch Glasfaser werde Energieverbrauch und Gesamtbetriebskosten senken.
(vbr)