DSA und Co: US-Präsident lässt Digitalgesetze im Ausland prüfen

Donald Trump hat per Memorandum verfügt, dass die US-Administration Auswirkungen von Nicht-US-Gesetzen wie DSA, DMA und DSGVO auf US-Unternehmen prüfen soll.

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Donald Trump spricht auf einer Wahlkampfveranstaltung in National Harbor, US-Bundesstaat Maryland, im Hintergrund eine große US-Flagge.

Donald Trump spricht am 24. Februar 2024 auf einer Wahlkampfveranstaltung in National Harbor, US-Bundesstaat Maryland.

(Bild: Jonah Elkowitz/Shutterstock.com)

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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Mit einem Präsidialmemorandum schickt US-Präsident Donald Trump seine Behörden auf die Suche nach seiner Ansicht nach unfairer Behandlung von US-Unternehmen. Im Fokus neben China: Kanada , Australien, das Vereinigte Königreich und europäische Gesetze wie DMA, DSA und DSGVO – und die Besteuerung von Digitalunternehmen.

In einem am Samstagmorgen europäischer Zeit veröffentlichten Memo weist US-Präsident Donald Trump das US-Wirtschaftsministerium, den Handelsbeauftragten und weitere Stellen an, um "amerikanische Firmen und Erfinder gegen Übersee-Erpressung und unfaire Strafen" vorzugehen. Zwei Bereiche stehen im Fokus seines Schreibens: Steuern auf digitale Dienstleistungen von US-Unternehmen – und Strafen, die gegen solche verhängt wurden.

Trump beklagt "extraterritoriale Autorität", die sich andere Länder angemaßt hätten, und den "Erfolg und die Gewinne" der Unternehmen schmälern würden, die "zum Wohlergehen unserer Nation beitragen sollten, nicht ihrer", heißt es in dem Memorandum wortwörtlich.

Seit 2019, so das Schreiben, hätten verschiedene Handelspartner der USA Digitalsteuern eingeführt, mit denen US-Unternehmen geplündert werden sollten. Außerdem hätten Partner Regeln für digitale Dienste eingeführt, die US-Unternehmen stärker als die eigenen betreffen würden und etwa Kosten für Datenlokalisierung und Transitgebühren bei lokalen Anbietern erzeugen würden. Dies würde die US-Souveränität verletzen, argumentiert der Präsident.Zwar wird nicht exakt aufgeführt, was genau der US-Präsident meint, aber in einem "Fact Sheet" erläutert das Weiße Haus, was damit auch gemeint ist: angeblich unfaire Praktiken bei der juristischen Behandlung von US-Unternehmen.

Das zielt zum einen auf die immer schärferen Anforderungen der Volksrepublik China ab, aber längst nicht nur. Insbesondere die Europäische Union, Kanada, Australien, aber auch Brasilien dürften von Trump gemeint sein. In all diesen Staaten haben Regierungen und Parlament teils strenge Gesetze erlassen, denen US-Unternehmen unterworfen sind. In Europa sind das vor allem drei Gesetzeswerke: Zum einen die Datenschutzgrundverordnung, die US-Unternehmen dazu zwingt, bei der Verarbeitung von Daten aus dem EU-Raum zumindest annähernd gleichwertige Schutzstandards zu wahren. Hier ist seit vollständigem Inkrafttreten 2018 die Zahl und Höhe der Strafen gegen US-Unternehmen, die sich nicht an die EU-Regeln gehalten haben, massiv angestiegen.

Die zweite Regelung im Fokus der US-Administration ist der Digital Services Act: Auch dieser nennt empfindliche Strafzahlungen für die Unternehmen als eine Möglichkeit, diese zum Einhalten der EU-Regeln zu zwingen. Bislang wurden hier keinerlei Strafen ausgesprochen, allerdings laufen gegen fast alle der besonders großen Anbieter – darunter auch US-Firmen wie X, Meta und Alphabet – Verfahren aus unterschiedlichsten Gründen. Dass einige dieser Unternehmen derzeit glauben, dass sie sich mit der neuen US-Administration im Rücken eher nicht vor Strafen sorgen müssen, bekommt dabei noch einmal stärkeres Gewicht.

Ganz besonderes Spannungspotenzial bietet allerdings der Digital Markets Act: mit diesem wettbewerbsrechtlichen Gesetz kann die EU Anbieter mit besonderer Marktmacht zur Entflechtung ihrer Produkte und zur Interoperabilität mit Dritten zwingen. Zwar sind solche Gesetze immer nur auf den EU-Markt bezogen und hier gültig. Aber die EU ist für viele Anbieter ein zu großer und wichtiger Markt, um ihn zu verlassen, falls sie die Regeln nicht erfüllen. Die Abwägung für die Unternehmen ist daher, ob es günstiger ist, mehrere regionalisierte Varianten ihrer Produkte und Dienstleistungen anzubieten, oder sich am relativen Regulierungsstandard, der in der Regel die EU-Anforderungen sind, weltweit zu orientieren. Die Trump-Administration leitet aus solchen Anforderungen und gegebenenfalls bei Nichtbeachtung verhängten Strafen nun ab, dass damit andere Staaten unrechtmäßig die Gewinne der US-Unternehmen schmälern würden. Metas Gründer Mark Zuckerberg hatte schon rund um den Amtsantritt des 45. und 47. US-Präsidenten die Formulierung gewählt, dass "Strafen im Kern Steuern" sind.

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Das US-Steuerrecht und diverse Abkommen zwischen den USA und europäischen Staaten haben in der Vergangenheit immer wieder zu Streit geführt: Während US-Konzerne Milliardengewinne mit ihrem Geschäft in Europa machten, führten sie über Jahre die Gewinne in niedriger besteuernde US-Bundesstaaten wie etwa Delaware ab. Digitale-Dienste-Steuern (DST) galten daher einige Zeit als ein möglicher Weg, um von den enormen Gewinnen, die US-Unternehmen auch in Europa erzielten, zumindest einen angemessenen Anteil im Land zu behalten.

Österreich, Italien, Frankreich, Spanien und das Vereinigte Königreich brachten derartige Steuern auf den Weg oder überlegten diese zumindest ernsthaft, so wie auch die Türkei, Nepal, Kirgistan, Indien, Kenia und Tansania. In der Tschechischen Republik, Polen, Ungarn und Belgien wurden derartige Steuern ausgesetzt, ebenso in Brasilien, Kanada, Kolumbien, Tunesien, Sierra Leone, Uganda und Simbabwe.

Diese Welle des Aussetzens hängt vor allem mit einem ganz anderen Bereich zusammen: Der Einigung über eine nahezu globale Mindestbesteuerung im Rahmen der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) – doch hier geht es seit Jahren nicht voran und Donald Trump hat bereits angekündigt, dass er die Idee für falsch hält. Und in der EU gibt es bereits heute einige Stimmen, die für den Fall, dass Trump komplett aus dem Prozess aussteigt, es eine gemeinsame Digitalsteuer geben sollte. Die würde zwar für alle Anbieter gelten – aber absolut betrachtet US-Unternehmen mit hoher Wahrscheinlichkeit stärker treffen als den Rest der Welt.

Noch unbekannt ist, bis wann der US-Präsident von seinen Behörden nun Ergebnisse zu den angeordneten Prüfungen fordert.

(nie)