Schwarz-Rot schafft Ministerium fĂĽr Digitalisierung und Staatsmodernisierung
Knapp sechs Wochen nach der Bundestagswahl haben sich CDU, CSU und SPD auf eine Regierungsbildung geeinigt. Ein Digitalministerium kommt, gefĂĽhrt von der CDU.
(Bild: penofoto/Shutterstock.com)
Unter der Ăśberschrift "Verantwortung fĂĽr Deutschland" haben sich Christdemokraten, Christsoziale und Sozialdemokraten auf eine Vielzahl von MaĂźnahmen geeinigt, darunter die Bildung eines Digitalministeriums. Der Koalitionsvertrag, auf den sich die Vertreter der beiden Parteien nun geeinigt haben, ist 146 Seiten lang.
Es sei ein groĂźes StĂĽck Arbeit gewesen, sagte der wohl kĂĽnftige Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) am Mittwoch in Berlin, aber vor allem ein "starker Plan" fĂĽr das Land. Es gehe um die Zukunft des Landes, seiner Menschen und der Europas.
Digitalministerium kommt
Die Frage, wie künftig die Digitalpolitik und Verwaltungsdigitalisierung organisatorisch aufgestellt sind, beantwortet die Bundesregierung mit einem Ministerium, das für Digitalisierung und Staatsmodernisierung zuständig sein soll. "Diese Staatsmodernisierung vor allem mit der Digitalisierung zu verbinden", kündigte Merz an. Es gehe darum, ein modernes Land zu werden. Über die Besetzung des Ministeriums gab es am Mittwoch bereits zahlreiche Spekulationen, unter anderem wurde die hessische Digitalministerin Kristina Sinemus (CDU) genannt. Bestätigt ist das bisher nicht.
Die Faxgeräte im Land müssten entsorgt werden, forderte der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil. Doch wirklich neue Vorhaben finden sich im Abschnitt des Koalitionsvertrages zur Verwaltungsdigitalisierung und zur Digitalpolitik kaum. Vielmehr sollen bereits vorhandene Projekte nun endlich zum Erfolg geführt werden, etwa die Registermodernisierung und -verknüpfung oder das Once-Only-Prinzip, nach dem Daten nur einmalig erhoben werden sollen. Ganze vier Zeilen sind es, in denen die Absichten zur digitalen Wirtschaft formuliert werden – damit soll Deutschland zum "starken Digitalstandort mit starkem digitalem Ökosystem" werden.
Ein Vorhaben, das die schwarz-rote Koalition vorantreiben will, ist eine umfassende Verwaltungsmodernisierung. Vor allem die Entformalisierung behördlicher Vorgänge soll dabei im Zentrum stehen – auf die Geburt eines Kindes soll so künftig nicht mehr nur automatisiert eine Steuer-ID sondern auch ein Kindergeldbescheid erteilt werden.
Zudem sollen alle Bürger ein Bürgerkonto und eine digitale Identität erhalten -- und das verpflichtend. Das war bereits in den ersten Koalitionsverhandlungspapieren bekannt geworden. Allerdings enthält der Koalitionsvertrag nun eine Hintertür: Wer den digitalen Weg nicht gehen könne oder wolle, solle "Hilfe vor Ort" erhalten.
Eine geplante Neuerung dürfte vor allem die IT-Dienstleistungsbranche aufhorchen lassen: Künftig sollen IT-Beschaffungen zentral gebündelt werden und auch die Mitnutzung von Rahmenverträgen einer Behörde oder eines Ministeriums durch andere ermöglicht werden. Ausdrücklich soll mit der Zentralisierung eine Verringerung von "Abhängigkeiten von monopolistischen Anbietern" erreicht werden. Unklar ist, ob dies beim Digitalministerium oder an anderer Stelle gebündelt werden soll.
Eine "Technik-Attacke" solle aus dem "High-Tech"-Ministerium kommen, von Quantencomputing bis zum Hyperloop, kündigte CSU-Chef Markus Söder an – und meint damit das Bildungs- und Forschungsministerium, das seiner Partei zufällt. Die eigentlich schon zur Abwicklung vorgesehene Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft soll "mindestens so lange weitergeführt, bis die bewilligten Förderprojekte abgeschlossen sind". Mobilfunk- und Glasfaserausbau sollen künftig in "überragendem öffentlichem Interesse" stehen.
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Vorratsdatenspeicherung kommt zurĂĽck
Auch in anderen Bereichen will die Koalition deutlich andere Akzente setzen als die Ampelregierung: KĂĽnftig sollten IP-Adressen in Deutschland verpflichtend fĂĽr drei Monate gespeichert werden, kĂĽndigte Merz an.
Nur umrissen sind im Koalitionsvertrag die geplanten Änderungen am Datenschutzrecht. Unbürokratische Widerspruchslösungen sollen Einwilligungserfordernisse ablösen, kleine und mittlere Unternehmen sowie Vereine sollen grundsätzlich von Anforderungen ausgenommen werden – sofern sie keine kritischen Nutzungen vornehmen.
Die Rolle der Landes- und Bundesdatenschutzbeauftragten soll neu austariert werden, die Datenschutzkonferenz gesetzlich verankert werden. "Angestrebt" wird zudem, eine Bündelung der Zuständigkeiten bei der Bundesdatenschutzbeauftragten zu erreichen. "Sie soll dann Bundesbeauftragte für Datennutzung, Datenschutz und Informationsfreiheit sein", heißt es im Koalitionsvertrag.
In diese Richtung geht auch ein anderes Vorhaben: Eine "Kultur der Datennutzung und des Datenteilens" solle etabliert werden. Allerdings enthält das Einigungspapier hier vor allem Absichtserklärungen, die in der Realität sehr viel schwieriger umzusetzen denn aufzuschreiben sein werden.
(wpl)