Milliardenschwere Fusion: EU-Kommission prüft Intelsat-Übernahme durch SES
Die EU-Regulierungsbehörden möchten herausfinden, ob Starlink ein ernstzunehmender Konkurrent für SES und Intelsat ist – und versenden deshalb Fragebögen.
(Bild: Andrey Armyagov/Shutterstock.com)
Die EU-Kartellbehörden, die die Übernahme des luxemburgischen Satellitenbetreibers Intelsat durch den Konkurrenten SES prüfen, haben Kunden der beiden Unternehmen gefragt, ob das ultraschnelle Satelliteninternet Starlink des US-Raumfahrtkonzerns SpaceX "ein ernstzunehmender Konkurrent" für beide ist. Das berichtete am Dienstag die Nachrichtenagentur Reuters.
Dem Bericht nach werden die Antworten, die bis Montag kommender Woche eingehen sollen, darüber entscheiden, ob die EU-Kommission das Geschäft mit oder ohne Konzessionen genehmigt. Sollte die Kommission ernsthafte Bedenken gegen die Übernahme haben, könnte sie auch eine umfassende Untersuchung einleiten, heißt es. Als Termin für ihre vorläufige Prüfung hat die EU-Kommission demnach den 10. Juni festgelegt.
Fragebogen der EU-Wettbewerbshüter
In dem verschickten Fragebogen, der von Reuters eingesehen werden konnte, will die EU-Wettbewerbsbehörde unter anderem wissen, ob Satelliten in der erdnahen Umlaufbahn wie die von Starlink und OneWeb/Eutelsat eine ernstzunehmende Konkurrenz für die Bereitstellung von Zwei-Wege-Satellitenkapazität sind. Zwei-Wege Satelliteninternet wird eine Form der Verbindung genannt, bei der der Hin- und Rückkanal (Down- und Upstream) über einen Satelliten hergestellt werden.
Außerdem wird gefragt, ob sich Anbieter von erdnahen Satelliten an Ausschreibungen und Kundenverträgen beteiligen und diese gewinnen, und wie sie den Wettbewerb in den nächsten fünf Jahren beeinflussen werden. Auch sollen die Kunden Auskunft darüber geben, ob sie die Verhandlungsmacht haben, um sich beim Kauf von Zwei-Wege-Satellitenkapazitäten von SES und Intelsat günstige Bedingungen zu sichern, und ob sie problemlos zu einem konkurrierenden Anbieter wechseln können. An wen genau der Fragebogen verschickt wurde, bleibt unklar.
Milliardenschwere Fusion
SES ist wie Intelsat in Luxemburg beheimatet. Beide Unternehmen verfügen zusammen über 90 Satelliten in geostationären und weitere 26 in mittleren Erdumlaufbahnen. Dabei handelt es sich um klassische Kommunikationssatelliten, die ganze Staaten oder Kontinente abdecken und beispielsweise mit Breitband-Internet und Satellitenfernsehen versorgen. SES und Intelsat gehören damit zu den größten Satellitenbetreibern der Welt. Lediglich OneWeb/Eutelsat und SpaceX verfügen dank ihrer Internetsatelliten über mehr Satelliten, allerdings in niedrigerer Erdumlaufbahn.
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Im vergangenen Jahr haben SES und Intelsat eine 2,8 Milliarden Euro schwere Übernahme vereinbart, nachdem Fusionsgespräche zwischen beiden Unternehmen im Jahr zuvor noch gescheitert waren. Durch den Zusammenschluss entstehe ein gestärkter Betreiber von Satelliten in unterschiedlichen Orbits, der auf dem sich stark wandelnden Markt widerstandsfähiger wäre, unterschiedlichere Lösungen anbieten und mehr Ressourcen zur Verfügung habe, hieß es vor Jahresfrist in einer Stellungnahme von SES.
Bewegung auf dem Satellitenmarkt
Die Fusion von SES und Intelsat wird konkreter zu einem Zeitpunkt, an dem die EU nach europäischen Optionen für die kommerzielle und militärische Satellitenkommunikation sucht. Sie will unabhängiger von US-Satellitenbetreibern und vor allem vom Starlink-Satelliteninternet des Milliardärs Elon Musk werden. Hintergrund sind wachsende Sorgen über die technologische und sicherheitspolitische Abhängigkeit, insbesondere von Washington, aber auch Peking.
Der Markt ist in Bewegung geraten. Mitte 2022 einigten sich bereits der französische Satellitenbetreiber Eutelsat und das britisch-indische Satelliteninternet-Unternehmen OneWeb auf eine Fusion. Der Ukraine bietet die EU-Kommission beispielsweise Eutelsat als Alternative zu Starlink bei der Sicherung von Kapazitäten für die Satellitenkommunikation an. Kürzlich sorgte zudem ein überraschender Führungswechsel an der Spitze von Eutelsat für Schlagzeilen.
Update 20. Juli: Zahl der geostationären Satelliten nach Angaben von SES auf 90 korrigiert.
(akn)