Vorsicht, Kunde! – Wenn mündliche Zusagen nicht eingehalten werden
Ein tolles Angebot am Telefon, doch der schriftliche Vertrag sieht später anders aus. Wie verbindlich sind mündliche Zusagen und wie können sich Kunden wehren?
Ein verlockendes Angebot im Rahmen einer Kundenrückgewinnung, eine mündliche Zusage am Telefon und am Ende gilt der versprochene Rabatt doch nicht. Was passiert, wenn die mündlichen Absprachen später in der Vertragszusammenfassung fehlen und wie verbindlich sind mündliche Verträge überhaupt?
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Mit Ihrer Zustimmung wird hier ein externer Podcast (Podigee GmbH) geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Podigee GmbH) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.
Grundsätzlich gilt in Deutschland Vertragsfreiheit, erklärt Rechtsanwalt Niklas Mühleis im c’t-Podcast. Ein Vertrag kann mündlich, schriftlich oder sogar rein durch schlüssiges Verhalten wie täglich beim Brötchenkauf zustande kommen. Nur wenige Verträge wie Miet- oder Arbeitsverträge und notarielle Beurkundungen benötigen die Schriftform. Eine mündliche Zusage am Telefon ist demnach bindend, doch kommt es zum Streit, steht Aussage gegen Aussage.
Deshalb sollten Kunden die schriftliche Vertragszusammenfassung der mündlichen Vereinbarung, die ein Anbieter nach einem Telefonat schickt, sofort sorgfältig prüfen. Stimmt sie nicht mit der mündlichen Absprache überein, sollte man schnell handeln. Die ursprünglichen Absprachen sollte man darin genau dokumentieren, die Abweichungen schriftlich reklamieren und eine kurze Frist zur Korrektur setzen, rät Mühleis.
Wichtig dabei ist, das gesetzliche Widerrufsrecht im Auge zu behalten. Gemäß Paragraf 164 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) können Verbraucher einen am Telefon geschlossenen Vertrag innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen widerrufen. Diese Frist beginnt mit dem Vertragsschluss, startet also bereits mit der mündlichen Vereinbarung am Telefon. Wer zu lange auf Korrekturen wartet, verliert diese einfache Möglichkeit, aus dem Vertrag auszusteigen, und steckt im Beweisdilemma.
Wenn der Anbieter trickst
Nach Einschätzung von c’t-Redakteur Urs Mansmann verbergen sich hinter den vagen Aussagen von Kundenservices oft Systemprobleme: "Die Mitarbeiter haben eine Eingabemaske vor sich. Und wenn dieser Rabatt im System nicht vorgesehen ist, kann der Mitarbeiter ihn nicht eintragen." Für die Kunden ist das jedoch unerheblich, denn eine Zusage ist eine Zusage. Und für die muss der Anbieter einstehen. Sollte er behaupten, der Verkäufer am Telefon habe gar nicht die Befugnis gehabt, einen solchen Rabatt zu gewähren, hilft Paragraf 164 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).
"Im Telekommunikationsmarkt mit seinen aggressiven Lockangeboten ist die Schwelle zu unrealistischen Angeboten für Verbraucher kaum zu erkennen." (Urs Mansmann)
Der regelt die sogenannte Stellvertretung: Ein Vertrag, der durch einen Mitarbeiter eines Unternehmens abgeschlossen wurde, ist auch dann bindend, wenn der Mitarbeiter seine internen Befugnisse überschritten hat. Der Anbieter ist in diesem Fall verantwortlich, die mündlich zugesagten Bedingungen zu erfüllen.
Nur wenn ein Angebot für den Kunden offenkundig unrealistisch war, etwa ein Porsche für 24 Monatsraten á 200 Euro, ist der mündliche Vertrag unwirksam, weiß Mühleis. Im Telekommunikationsmarkt mit seinen aggressiven Lockangeboten ist diese Schwelle für Verbraucher aber kaum zu erkennen, ergänzt Mansmann.
(Bild: 1&1)
Gesprächsmitschnitt anfordern
Als Beweismittel können Kunden den Mitschnitt des Telefongesprächs anfordern, das viele Anbieter zu Vertragszwecken aufzeichnen. Nach Artikel 15 der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) haben sie das Recht, eine Kopie der über sie gespeicherten personenbezogenen Daten zu erhalten. Dazu zählen auch aufgezeichnete Telefonate.
Anbieter müssen diese in der Regel für die Vertragslaufzeit aufbewahren. Oft weigern sich Unternehmen mit Verweis auf den Datenschutz, solche Mitschnitte herauszugeben. Diesen unsinnigen Einwand können Kunden mit einer Beschwerde bei der zuständigen Datenschutzbehörde kontern. Anbieter, die solche Daten zur Beweisvereitelung unrechtmäßig löschen, riskieren zudem empfindliche Bußgelder durch die Datenschutzbehörden.
In der aktuellen Episode des c’t-Verbraucherschutz-Podcast "Vorsicht, Kunde!" klärt Moderatorin Ulrike Kuhlmann mit Urs Mansmann und Niklas Mühleis die gesetzlichen Regelungen für mündliche Verträge in Deutschland und wie Kunden verfahren sollten, wenn ein Anbieter einmal gemachte Zusagen nicht gewähren will.
Videos by heise
Sämtliche Episoden unseres Verbraucherschutz-Podcasts sowie die darin behandelten Fälle finden Sie unter ct.de/Vorsicht-Kunde. Wir freuen uns über Anregungen, Lob und Kritik zum c’t-Podcast "Vorsicht, Kunde!" in den Kommentaren.
Hier können Sie den c’t-Artikel zu dem im Podcast behandelten Streitfall nachlesen:
Der Fall Martin K.: O2 verweigert Rabatt für DSL-Anschluss
Das c’t Magazin gibt es am Kiosk, im Browser und in der c’t-App für iOS und Android. Unsere c’t-Artikel finden Sie auch im digitalen Abo heise+. Wenn Sie dieses Angebot bisher nicht kennen, können Sie jetzt günstig reinschnuppern und uns damit unterstützen. Unter heiseplus.de/podcast bekommen Sie drei Monate heise+ zum Sonderpreis. Haben Sie Lust, weitere heise-Podcasts zu hören? Sie finden sie auf der Podcast-Seite.
c’t erreichen Sie online und auf vielen Social-Media-Kanälen
► c’t Magazin
► c’t bei WhatsApp
► c’t auf Mastodon
► c’t auf Instagram
► c’t auf Facebook
► c’t auf X/Twitter
► c’t auf Bluesky
► c’t auf Papier: überall wo es Zeitschriften gibt!
(uk)