Motorrad Honda GB 350 S im Test: Kleiner Jungbrunnen

Mit der GB 350 S will Honda auf der Nostalgiewelle mitsurfen. Kann das Retrobike mehr als nur gut aussehen? Test des gĂĽnstigen Einzylinders

vorlesen Druckansicht 21 Kommentare lesen
Honda GB 350 S

(Bild: Ingo Gach)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Ingo Gach
Inhaltsverzeichnis

Ein schickes Retro-Bike für kleines Geld bietet Honda mit der GB 350 S. Auch wenn die Nostalgie-Welle langsam abebbt, überraschen manche Hersteller immer noch mit klassisch anmutenden neuen Modellen. Im Fall der GB 350 S imitiert Honda die 1970er-Jahre, als sie zum größten Motorradhersteller der Welt aufstiegen. So manch einer, der damals schon auf zwei Rädern unterwegs war, wird das kleine Bike heute mit Begeisterung fahren und sich wieder jung fühlen. Zugegeben: Damals wies die Honda CB 350 einen Zweizylindermotor, die CB 400 Four gar einen Reihenvierzylinder auf. Heute beschränkt sich Honda in der GB 350 S auf einen senkrecht stehenden Einzylinder mit überfrästen Kühlrippen, denn er ist wie einst luftgekühlt.

Getragen wird er von einem schwarz lackierten Stahlrohrrahmen mit Unterzügen, auch das ein stilbildendes Detail. Der Tank ähnelt denen aus den Siebzigern und bunkert 15 Liter Sprit. Pfiffig gingen die Entwickler bei der Sitzbank vor, die zwar breit und gut gepolstert ist, aber vorn für den Fahrer eine Absenkung mit geriffeltem Sitzbezug und roten Ziernähten hat. Das senkt die Sitzhöhe auf 800 mm und bleibt dennoch bequem. Ein "Muss" sind natürlich die verchromten Stereo-Federbeine am Heck und die schwarzen Faltenbälge der Telegabel. Auch der Rundscheinwerfer ist zwingend am Retro-Bike, allerdings mit LED-Tagfahrlicht, hier geht die Sicherheit vor. Darüber thront ein hübsches Rundinstrument mit einem analogen Tacho, einen Kompromiss ging Honda allerdings mit dem winzigen, integrierten LC-Display ein, der ein paar zusätzliche Informationen wie Reichweite, Tank- und Ganganzeige liefert.

Honda GB 350 S - 01 (5 Bilder)

Die GB 350 S ist im Stil der Siebziger Jahre gehalten. (Bild:

Ingo Gach

)

Die GB 350 S rollt auf Gussrädern, die in den 70er-Jahren allerdings erst gegen Ende der Dekade Standard wurden, vorher gab es nur Drahtspeichenräder. Heute spart das vor allem Kosten und Gewicht. Ein bisschen Moderne blitzt bei den Kotflügeln durch: Der vordere ist recht knapp ausgefallen, hinten gibt es nur eine kurze Abdeckung, an die der Kennzeichenträger angeschraubt ist. Auch das kleine LED-Rücklicht und die ebenfalls mit LEDs bestückten Blinker fallen aus der Zeit. Ein praktisches Detail findet sich unterhalb der Sitzbank: Die Honda hat tatsächlich noch ein Helmschloss, wie es früher selbstverständlich war.

Videos by heise

Genug bewundert, jetzt wird der Motor gestartet. Der 348-cm3-Einzylinder wummert sonor vor sich hin, mit 86 dB(A) ist er vergleichsweise wenig laut. Die Kupplung lässt sich mit einem Finger ziehen, der erste Gang rastet hörbar ein. Der Zweiventil-Motor tritt erstaunlich kräftig an, das hätte ich angesichts des kleinen Hubraums nicht erwartet. Er leistet zwar nur 21 PS bei 5500/min, aber sein maximales Drehmoment von 29 Nm liegt schon bei 3000 Touren an. Allerdings läuft der Motor bei 6000/min hart in den Begrenzer und die Elektronik kappt schlagartig den Vorwärtsdrang. Auch das Fünfgang-Getriebe könnte etwas leichter zu schalten sein. Die oberen Gänge sind lang übersetzt, was dazu führt, dass sich der Einzylinder unterhalb vom Tempo 80 im letzten Gang unwillig schüttelt. Die Honda erreicht immerhin 114 km/h.

Honda GB 350 S - 02 (5 Bilder)

Honda bietet mit der GB 350 S ein hĂĽbsches Retro-Bike zu einem sehr fairen Preis an. (Bild:

Ingo Gach

)

Wer das der kleinen Maschine nachsehen kann, wird aber an der GB 350 S seine helle Freude haben. Sie zeigt sich angenehm handlich, obwohl sie vollgetankt 178 kg auf die Waage bringt. Im Fahrbetrieb fällt das Gewicht nicht auf. Sie lässt sich, trotz ihres 19-Zoll-Vorderrads, ohne Kraftaufwand über die breite Lenkstange einlenken und locker von einer Schräglage in die nächste werfen. Nachkorrigieren in Kurven ist kein Problem und dennoch benimmt sie sich nicht nervös. Die serienmäßigen Metzeler Tourance Next-Reifen liefern guten Grip und gelten als ausgesprochen langlebig.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmung wird hier ein externer Preisvergleich (heise Preisvergleich) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (heise Preisvergleich) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Am Fahrwerk ist außer der Federvorspannung hinten nichts einstellbar. Muss es auch nicht, die Grundabstimmung ist Honda gut gelungen. Sie zeigt sich zwar noch komfortabel auf holprigen Strecken, aber auch straff genug für engagierte Fahrweise. Die Telegabel arbeitet progressiv, was sich beim Anbremsen vor Kurven positiv auswirkt. Kaum zu glauben, aber Honda hat seinem 21-PS-Bike eine Schlupfregelung verbaut. Falls es mal glatt wird, ist der Fahrer auf der sicheren Seite. Vorn verzögert eine einzelne 310-mm-Scheibenbremse mit einem Zweikolben-Schwimmsattel, hinten unterstützt ein Einkolbenbremssattel. Das Bremsgefühl ist etwas weich, aber die Verzögerung geht völlig in Ordnung.

Honda GB 350 S - 03 (4 Bilder)

Der breite Sattel ist vorn tiefer und senkt die Sitzhöhe auf 800 mm. (Bild:

Ingo Gach

)

Die GB 350 S bereitet bei Ausflügen großes Vergnügen, es lässt sich zudem stundenlang auf dem bequemen Sattel aushalten, der Kniewinkel ist entspannt und die Arme sind locker angewinkelt. Das ist auch gut so, denn die Honda verfügt über eine theoretische Reichweite von sagenhaften 555 km – der geringe Verbrauch von lediglich 2,6 Liter auf 100 km macht es möglich. Honda verlangt nur 4599 Euro inklusive Nebenkosten für die GB 350 S. Für den Kampfpreis bekommt der Kunde ein gelungenes Retro-Bike, das nicht nur in der City für Aufmerksamkeit sorgt, sondern auch auf der Landstraße noch Spaß macht, solange die Ansprüche nicht zu hochgeschraubt werden.