Enduro Triumph TF 450-E im Test: Geglückter Einstieg ins schmutzige Geschäft

Die Sportenduro Triumph TF 450-E ist bemerkenswert. Auf Anhieb kann Triumphs erstes Enduro-Modell mit der etablierten Konkurrenz mithalten.

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Enduro Triumph TF 450-E

(Bild: Ingo Gach)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Ingo Gach
Inhaltsverzeichnis

Als ich das erste Mal hörte, dass Triumph Motocrosser und Sportenduros bauen wollte, hielt ich es für einen Scherz. Die englische Marke war auf dem Gebiet völlig unerfahren, warum sollte sie sich das antun? Dort zu bestehen, ist für einen Newcomer sehr schwierig. Der Offroad-Markt ist hart umkämpft und die etablierte Konkurrenz kann auf jahrzehntelange Erfahrung zurückgreifen. Doch inzwischen hat mich Triumph eines Besseren belehrt. Bereits vergangenes Jahr traten die Briten mit einer 450er und 250er bei internationalen Motocross-Rennen an und konnten inzwischen sogar den ersten Sieg im US-Supercross, der höchstdotierten Serie der Welt, erringen.

Dieses Jahr schiebt Triumph die Sportenduros TF 450-E und TF 250-E nach. Ich hatte die Möglichkeit, die neue 450er auf abgesperrtem Gelände zu testen – und war von der Performance sehr beeindruckt. Schon der erste Rundgang um die Enduro zeigt, wie akribisch die Engländer vorgegangen sind. Am handgeschweißten Aluminium-Brückenrahmen mit zwei Unterzügen erfreuen blitzsaubere Schweißnähte.

Schnelle Fakten zur Triumph TF 450-E
  • Erste Enduro der Traditionsmarke Triumph
  • Leistung: 43 kW, Drehkraft 49,3 Nm
  • Fahrwerk mit adaptiven Öhlins-Komponenten
  • Preis: 11.595 Euro

Die schmale Sitzbank bildet bis zum Tankdeckel eine fast gerade Linie, sodass Gewichtsverlagerungen zur Belastung des Vorderrads in Kurven, rasch möglich sind. Die Graphics der Tank-Cover sind nicht aufgeklebt, sondern im Kunststoff eingefärbt. Der Scheinwerfer und das kleine Rücklicht nutzen LED-Leuchtmittel. Alle Kabel sind ordentlich verlegt, der Luftfilter ist zum Wechseln mit einem Handgriff zugänglich, der Tank transparent, um mit einem Blick den Benzinstand zu erfassen, und die Griffgummis sind verschraubt.

Test Triumph TF 450-E (8 Bilder)

Triumph gelingt es auf Anhieb, eine bemerkenswert gute Sportenduro zu bauen. Die TF 450-E kann durchweg begeistern. (Bild:

Ingo Gach

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Die Sitzhöhe der TF 450-E ist, wie bei Sportenduros üblich, sehr hoch, ich muss das Bein zum Aufsitzen über 955 mm Höhe schwingen. Der breite, stabile Fat-Bar-Lenker von Protaper liegt gut zur Hand und ist hoch genug, dass ich auch im Stehen problemlos fahren kann. Interessant sind die vier Knöpfe links, sie zeigen, dass auch der Endurosport im digitalen Zeitalter angekommen ist. Der oberste Knopf aktiviert die Launch-Control für einen optimalen Start, ohne durchdrehendes Hinterrad oder steigendes Vorderrad. Darunter befindet sich die Taste für den Quickshifter, fürs Hoch- und Runterschalten ohne Kupplungseinsatz. Einen Knopf darunter lässt sich die Schlupfregelung einschalten. Normalerweise verzichten Enduristen darauf, aber unter bestimmten Bedingungen kann sie doch hilfreich sein. Ganz unten findet sich der Schalter für die beiden Motormappings.

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Der 449 cm3 große, flüssigkeitsgekühlte Einzylinder hat vier Ventile und eine obenliegende Nockenwelle. Er springt auf Knopfdruck sofort an und läuft rund. Ein tiefes, aber nicht zu lautes Böllern entfleucht dem Aluminium-Schalldämpfer. Die Kupplung lässt sich locker ziehen und der erste Gang rastet geschmeidig ein. Die TF 450-E zieht schon auf den ersten Metern gut an, aber ohne den Fahrer mit zu viel Leistung zu überfallen. Spielerisch lässt sich die Maschine dirigieren, sie wiegt nur 116,8 kg mit vollem 8,3-Liter-Tank. Ich folge zunächst einem schmalen Trail des Endurogeländes, konzentriere mich auf den kurvigen Verlauf. Die Triumph folgt willig wie ein Hündchen, trifft exakt die anvisierte Spur.

Ich weiß, dass der vierfache Enduro-Weltmeister Ivan Cervantes und der legendäre Ricky Carmichael, zehnfacher Supercross-Champion und von seinen Fans als "the GOAT" (Greatest Of All Times) verehrt, an der Entwicklung der Triumph-Offroader beteiligt waren. Das merke ich beim Fahren, denn die TF 450-E erweist sich als guter Kompromiss zwischen ausreichend handlich, wie es bei kniffligen Trial-Passagen notwendig ist, und Stabilität, wie sie bei Cross-Sonderprüfungen erforderlich wird. Die Triumph zeigt kein nervöses Handling, ist eher etwas stur, dafür aber immer absolut ruhig und überrascht nicht mit plötzlichen Reaktionen.

Test Triumph TF 450-E Details (7 Bilder)

Der flüssigkeitsgekühlte 449-cm3-Einyzlinder ist ein echtes Kraftpaket. (Bild:

Ingo Gach

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Die Fahrwerkskomponenten stammen von KYB, sind voll einstellbar, federn auf 300 mm vorn und sogar 313 mm hinten. Damit können mich selbst tiefe Löcher in der Piste nicht mehr schrecken, die langen Federwege stecken alles weg und tragen mich über alle Unebenheiten mehr oder weniger sanft hinweg. Wie bei Sportenduros üblich, rollt die TF 450-E vorn auf einem 21-Zoll-Drahtspeichenrad, hinten auf einem mit 18 Zoll. Aufgezogen sind die Michelin-Enduro2-Reifen, die einen bemerkenswert guten Job machen und auf so ziemlich jeglichen Untergründen hervorragende Traktion aufbauen. Im tiefen Matsch schalte ich die Schlupfregelung ein und bin beeindruckt, wie problemlos das Motorrad seine Bahn durch den dicken Schmodder zieht.

So gut der Einzylinder Gas annimmt, neigt er in sehr engen Kurven und entsprechend niedrigen Drehzahlen gelegentlich zum Absterben. Hier darf Triumph bei der Abstimmung noch mal nachbessern, vielleicht auch mit etwas mehr Schwungmasse. Bis jetzt befand ich mich im Motormapping 1, vor einer langen Geraden wage ich, das zweite Mapping per Knopfdruck anzuwählen. Hatte ich bislang den Eindruck, dass die TF 450-E eher auf gemütlich ausgelegt ist, revidiere ich mein Urteil ganz schnell. Oben raus beißt der Motor brutal zu. Der Einzylinder leistet laut Hersteller 58,6 PS und reißt mir beim Vollgasbeschleunigen fast die Arme aus.

Das Ende der Geraden kommt atemberaubend schnell auf mich zugeflogen und ich packe hart in die Bremsen. Die vordere Zweikolben-Bremszange stammt von Brembo, die 260-mm-Bremsscheibe von Galfer, die hintere Bremse ist ebenfalls von Brembo und die Combo verzögert die Triumph zum Glück souverän. Mit leicht quer stehendem Heck komme ich in der Kurve an und kann die Maschine noch problemlos mit angepasster Geschwindigkeit in Schräglage bringen. Drifts zieht die TF 450-E kontrollierbar und präzise durch den Schotter. Ihr Vorderrad hebt sie beim Überqueren von Hindernissen locker durch einen kleinen Gasstoß mit Zug am Lenker.

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Kaum zu glauben, aber Triumph gelingt schon beim ersten Aufschlag eine außerordentlich gute Sportenduro, die sich vor der Konkurrenz nicht zu verstecken braucht. Ein Kritikpunkt gibt es aber doch: Triumph verwendet an der TF 450-E viele Innenvielzahn-Schrauben , die sich im Gelände natürlich sofort mit Dreck zusetzen. Lösen lassen sie sich oft erst, wenn sie gesäubert sind. Davon abgesehen bekommt die TF 450-E von uns aber ein ganz dickes Lob. Sie steht für 11.595 Euro bei ausgewählten Triumph-Händlern bereit für die Drecksarbeit.