Beta Alp 4.0 im Test: Spielerisch über Hindernisse
Irgendwo zwischen Sport-Enduro und Trialmaschine macht die Beta Alp 4.0 Geländefahren ganz einfach. Wie fährt ihre Neuauflage mit dem Motor aus China?
- Ingo Gach
Die Beta Alp 4.0 traf 2004 einen Nerv. Sie machte dem Novizen den Einstieg die hohe Kunst des Geländefahrens einfach, konnte aber auch erfahrene Enduristen mit ihrer Unkompliziertheit begeistern. Sie wollte nie eine Hard-Enduro sein und tendierte eher in Richtung Trial-Maschine. Mit 133 kg Trockengewicht war sie angenehm leicht und konnte mit 27 PS noch ausreichend hurtig über Landstraßen zum Geländeausflug chauffiert werden. Angetrieben wurde sie vom luftgekühlten Einzylindermotor, der nach Jahrzehnten in der Suzuki DR 350 für seine Robustheit berühmt war. Doch 2020 kam das Aus für die Beta Alp 4.0, weil Suzuki im Jahr zuvor die Produktion des betagten Vergasermotors, der seit 1990 unverändert gebaut worden war, eingestellt hatte.
Die legendäre Suzuki DR 350
30 Jahre Suzuki DR 350
Motor aus China
Die Alp 4.0 hinterließ eine schmerzliche Lücke im Beta-Programm, doch jetzt können die Fans wieder aufatmen, es gibt eine Nachfolgerin, die wir uns gleich zum Test beim freundlichen Beta-Händler Tom Kölbach von OSK-Racing abholen. Es bleibt bei der Modellbezeichnung Alp 4.0, aber sonst ist alles neu. Der 348 cm3 große Motor stammt aus China von Guangdong Tayo Motorcycles. Der Einzylinder verfügt über Wasserkühlung, zwei Nockenwellen, vier Ventile und leistet 35 PS bei 9500/min. In Europa ist der Motor bereits bekannt, er kommt auch in diversen (Enduro-)Modellen der Marke Zontes zum Einsatz. Ihr Rahmen aus Stahlrohr ist eine Neukonstruktion, der elf Liter große Tank und die Sitzbank sind ebenfalls neu geformt. Die Verarbeitungsqualität der Beta ist durchaus solide, lediglich bei einigen Schweißnähten hätten sie sich etwas mehr Mühe geben dürfen im Beta-Werk in der Toskana.
Nicht barrierefrei
Mit einer Sitzhöhe von 865 mm und einer schmalen Bank erlaubt die Alp 4.0 auch Leuten, die nicht mit Gardemaß gesegnet sind, den Boden mit beiden Füßen zu erreichen – im Gelände nicht ganz unwichtig. Ich merke auf Anhieb, dass Beta bei der Entwicklung die Bedürfnisse der Geländefahrer stets im Fokus hatte. Die Ergonomie der Alp 4.0 erlaubt ein problemloses Stehendfahren, der breite Lenker sitzt hoch genug und die gezackten Fußrasten – gegen Vibrationen mit herausnehmbaren Gummieinsätzen gedämpft – sind gut positioniert. Jedoch weist die Sitzbank eine Stufe zum Sozius-Abteil auf, was bei einer Enduro unerwünscht ist. Sie behindert die fließende Bewegung, in der ich nach hinten rutschen möchte, wenn ich schnell Gewicht auf dem Hinterrad brauche. Den Zwei-Personen-Betrieb beherrscht die Alp 4.0 nur sehr eingeschränkt, denn der Soziussitz ist sehr knapp bemessen und das Federbein dafür zu weich ausgelegt.
Beta Alp 4.0 Test (8 Bilder)
Ingo Gach
)Nicht einstellbare Telegabel
Womit wir beim Fahrwerk wären. Die Dimensionen der Drahtspeichenräder sind den Offroad-Anforderungen angepasst: 21 Zoll vorne und 18 Zoll hinten. Aber eine Telegabel, statt einer Upside-down-Gabel, hat heute bei einer Enduro Seltenheitswert. Einstellbar ist sie auch nicht, bietet aber immerhin 185 mm Federweg an. Hinten lässt sich das Federbein nur in der Vorspannung verstellen und hat 195 mm Federweg. Doch nach dem ersten noch vorsichtigen Einstieg ins Gelände entpuppt sich das Fahrwerk als vertrauenswürdig. Es ist zwar eher soft abgestimmt, aber für langsame, schwierige Passagen passt es perfekt, auch die Bodenfreiheit von 270 mm lassen einen beruhigt über große Steine kraxeln, zudem panzert ein Motorschutz die Unterseite der Beta. Für Vollgaseinlagen über holprige Feldwege fehlen dem Fahrwerk zwar die Dämpfungsreserven. Bei gesittetem Umgang mit dem Gasgriff erlebt der Fahrer aber eine sehr handliche Enduro, die flott um die Kurven geht und sich präzise auf jeder noch so schmalen Spur im Gelände steuern lässt.
Erster Gang zu lang
Der Motor hinterlässt einen etwas zwiespältigen Eindruck. Einerseits reichen die 35 PS, um die 140 kg Trockengewicht in Schwung zu bringen und der Einzylinder dreht auch willig hoch, andererseits wünsche ich mir bei niedrigen Drehzahlen etwas mehr Drehmoment. Dazu kommt noch ein zu lang übersetzter erster Gang, der das Anheben des Vorderrads über Hindernisse unnötig erschwert und mit viel Kupplungseinsatz gefahren werden muss. Dafür hängt der Motor aber schön direkt am Gas. Wer ihn bei Drehzahlen hält und die Kupplung exakt dosiert, bekommt mit der Alp 4.0 viel Spaß im Gelände.