Gefallener Star des Neuen Marktes: Das Tauziehen um Alexander Falk

Mit den Betrugsvorwürfen der Hamburger Staatsanwaltschaft fand der kometenhafte Aufstieg des einstigen Ision-Besitzers ein jähes Ende. Es zeichnet sich ein Prozess ab, der die Justiz einige Zeit in Atem halten könnte.

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Von
  • Julia Deppe
  • dpa

Er galt als Star des Neuen Marktes und hatte es als Jungunternehmer unter die reichsten Deutschen geschafft. Doch mit den Betrugsvorwürfen der Hamburger Staatsanwaltschaft fand der kometenhafte Aufstieg des Alexander Falk ein jähes Ende. Seit 16 Monaten sitzt der 35-Jährige nun im Untersuchungsgefängnis in Hamburg. Lässt das Gericht der Hansestadt die Anklage gegen ihn zu, muss sich Falk vor Justitia verantworten. Es zeichnet sich ein Prozess ab, der die Justiz einige Zeit in Atem halten könnte. Schon jetzt umfasst die Anklageschrift 288 Seiten und benennt 76 Zeugen.

Nach Überzeugung der Strafverfolger hat der Unternehmer mit sieben Mitbeschuldigten den Umsatz und damit den Aktienkurs seiner Internet-Firma Ision kurz vor deren Verkauf mit Luftbuchungen aufgebläht. Falk veräußerte die Firma 2001 für 812 Millionen Euro an die britische Firma Energis -- ein nach heutigem Stand weit überhöhter Verkaufspreis. Das Geschäft soll zur Energis-Pleite geführt haben und hat für Falk juristische Folgen. Er ist wegen Betruges in einem besonders schweren Fall, Kursmanipulation in zwei Fällen und Steuerhinterziehung in vier Fällen angeklagt.

Während der passionierte Surfer Falk sich in seiner 9-Quadratmeter-Zelle mit Klimmzügen und Liegestützen fit hält, wird draußen ein juristisches Gefecht nach dem anderen geführt. Erst machten die Anwälte Boden gut. Das Bundesverfassungsgericht befand, dass die Hamburger Richter zu Unrecht 532 Millionen Euro aus Falks Vermögen eingefroren hatten. Daraufhin erklärte das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) jene zwei der drei zuständigen Richter für befangen, die diesen Arrest erlassen hatten - noch ein Sieg für Falk.

Doch eine Nuss konnten Falks Verteidiger nicht knacken. Ihnen ist es in rund neun Haftprüfungen nicht gelungen, den als Sunnyboy titulierten Hamburger frei zu bekommen. Jüngst entschied das Oberlandesgericht erneut: Die Gefängnistore bleiben für Falk geschlossen. Der weltläufige Betriebswirt könnte sich angesichts der drohenden Haftstrafe samt Frau und Sohn ins Ausland absetzen, argwöhnten die Richter des OLG und hoben einen Haftverschonungsbeschluss des Landgerichtes umgehend auf.

Falks Anwalt Gerhard Strate hat nun Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Sein Mandant habe sich schließlich freiwillig im Polizeipräsidium gestellt, führt er ins Feld. "Die Energis ist weder betrogen noch getäuscht worden, noch ist ihr durch den Ision-Kauf ein Schaden entstanden", resümiert Strate und setzt noch einen drauf: Die Energis selbst habe in großem Maße Scheinumsätze und Bilanzfälschungen produziert. Andere mutmaßen gar, die Staatsanwaltschaft wolle an dem Internet-Unternehmer ein Exempel statuieren. Hatten doch viele Kleinanleger bei Transaktionen am Neuen Markt ihr Geld verloren, und bei Falk handelt es sich um einen New-Economy-Vertreter, wie er im Buche steht. Der Erbe des Falk-Stadtplanverlages verkaufte 1995 mit 26 Jahren das väterliche Unternehmen für rund 25 Millionen Euro an Bertelsmann. Dieses Kapital nutzte der smarte Unternehmer für Aktivitäten im Internet-, Mobilfunk- und Software-Bereich.

Dass Falk aber stellvertretend für die New Economy auf der Anklagebank sitzt, weist Oberstaatsanwalt Rüdiger Bagger als völlig abwegig zurück: "Die Strafprozessordnung lässt für Emotionen keinen Raum", sagt er entschieden. Im November will das Gericht über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheiden, sodass der Prozess im Dezember beginnen könnte. Falk drohen bis zu zehn Jahre Haft. (Julia Deppe, dpa) / (jk)