Spekulationen um Zukunft des Telecom-Anbieters Arcor

Mit dem Preisverfall steht der deutsche Festnetzmarkt vor einer Neuordnung. Interesse an Arcor wird Versatel/Tropolys nachgesagt. Denkbar ist auch, dass die Konzernmutter Vodafone an Arcor festhält, um Festnetz und Mobilfunk enger zu verzahnen.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Martin Murphy
  • dpa

Der deutsche Festnetzmarkt steht nach dem Preisverfall in den vergangenen Jahren vor der Konsolidierung. Herauskommen soll ein echtes Gegengewicht zur dominanten Deutschen Telekom. Bislang ist die Konkurrenz der Bonner in eine Reihe von alternativen Anbietern und Stadtnetzbetreibern unterteilt, die der Telekom mit günstigen Angeboten Marktanteile abnehmen. Auftrieb erhalten die Wettbewerber durch die zunehmende Verbreitung von schnellen Internetzugängen. Mittlerweile sind rund zwei Drittel aller DSL-Nutzer bei ihnen unter Vertrag – Tendenz steigend.

Allerdings erhöht die Telekom mit dem Bau des VDSL-Glasfasernetzes den Druck auf die Wettbewerber und forciert damit nach Einschätzung von Experten auch die Konsolidierung. Mit dem drei Milliarden teueren Projekt sollen deutlich schnellere Übertragungsraten in den 50 größten Städten möglich werden, zugleich fordert die Telekom Ausnahmen von der Regulierung, um ihre Investitionen zu schützen. Abgehängt werden damit lokale Anbieter wie die Kölner NetCologne, die Münchner Mnet oder Versatel, die eine Reihe von Großstädten mit einem eigenen Netz versorgen. "Was die Telekom eigentlich plant, ist, uns Kunden im Breitbandgeschäft abzujagen", sagt Tropolys/Versatel-Chef Peer Kauer. Denn bislang verlieren die Bonner vor allem in Großstädten an Boden, wo die lokalen Anbieter mit ihrem eigenen Netz günstige Preise bieten können.

Auch wenn einige Telekom-Konkurrenten den Bau eines eigenen Glasfasernetzes planen, so werden sie nach Einschätzung von Knauer keine breite Abdeckung schaffen. Die Investitionsvolumina wären zu hoch. "Pro Meter verlegter Glasfaser fallen für uns 300 Euro an, bei der Telekom nur ein Euro, da sie bereits vorhandene Röhren nutzen kann", pflichtet Arcor-Chef Harald Stöber bei. Die Vodafone-Tochter plant daher keinen Bau eines eigenen VDSL-Netzes.

Bei den Besitzern regionaler Anbieter, zumeist Stadtwerke und lokale Genossenschaftsbanken, steigt nun die Tendenz, sich von ihren Beteiligungen zu trennen. Davon will Versatel-Chef Knauer profitieren. "Wir setzen auch auf anorganisches Wachsen", sagt er. Also auf Zukäufe. Derzeit befände sich Versatel in einem Verkaufsprozess um einen größeren Anbieter, den Namen nannte er allerdings nicht. Über genügend finanzielle Mittel verfügt Versatel dank der vollen Kassen der gemeinsamen Muttergesellschaft von Tropolys und Versatel, Apax Partners. Der Finanzinvestor will wie Permira bei der Neuordnung der deutschen Festnetzbranche eine führende Rolle einnehmen. Permira kontrolliert bereits Deutschlands größten Mobilfunkprovider debitel.

Das am heißesten gehandelte Kaufziel ist die Vodafone-Tochter Arcor. Der Käufer würde mit einem Schlag zum zweitgrößten Festnetzanbieter hinter der Telekom aufsteigen. Der Verkaufsprozess soll Branchenkreisen zufolge zur Jahresmitte anlaufen. Schon mehrfach wurden Vodafone Verkaufsabsichten für Arcor unterstellt. Als Interessenten haben sich Schwergewichte wie Telefónica und France Télécom wie auch Finanzinvestoren in die Schlange eingereiht. Allerdings werde nun geprüft, den Verkauf abzublasen und Arcor mit Vodafone D2 zu verschmelzen. Damit könnte ein integrierter Anbieter für Mobilfunk- und Festnetz entstehen, der von dem Zusammenwachsen der Netze profitieren würde, hieß es in unternehmensnahen Kreisen, eine Entscheidung sei noch offen. (Martin Murphy, dpa-AFX) / (ssu)