Microsoft nimmt Oracle und Cisco ins Visier

Auf der Deutschen Partnerkonferenz von Microsoft stand erneut das Thema Cloud im Mittelpunkt. Außerdem wird mit neuen Angeboten die Konkurrenz schärfer angegangen, vor allem Oracle und Cisco. Auch dabei holt der Hersteller seine Partner ins Boot.

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Von
  • Dr. Jakob Jung

"Wir planen große Kampagnen in Deutschland zur Cloud und richten in München ein Cloud Competence Center ein" Ralph Haupter, Vorsitzender der Geschäftsführung der Microsoft Deutschland GmbH.

(Bild: Microsoft)

Microsoft hat vor 1.300 deutschen Fachhändlern seine neuen Strategien vorgestellt. Wie schon auf der weltweiten Partnerkonferenz legt der Hersteller seinen Resellern erneut mit Nachdruck das Thema Cloud Computing ans Herz. "Zehn Prozent der deutschen Microsoft Vertriebs-Mannschaft macht bereits Cloud-Selling", verkündet Ralph Haupter, Vorsitzender der Geschäftsführung der Microsoft Deutschland GmbH. "Wir planen große Kampagnen zur Cloud in Deutschland und richten in München ein Cloud Competence Center ein, um zusammen mit Partnern Fragen von Kunden zu beantworten." Microsoft werde jedem einzelnen Partner helfen, diesen Weg zu gehen, verspricht Haupter. Denn Microsoft Deutschland wolle sich als führender Anbieter von Cloud Services hierzulande positionieren. Um seine Partner fit für die Cloud zu machen, wird Microsoft 20 Millionen Euro jährlich in das neue Microsoft Partner Network investieren.

Im Zentrum stehen dabei die beiden im Juli vorgestellten Cloud-Partner-Programme, zu denen Oliver Gürtler, Direktor Partner Strategy & Programs, weitere Details bekanntgab: Das "Cloud Essentials Pack" wird für eine Jahresgebühr von 120 Dollar (ab dem 2. Jahr) angeboten. Dafür erhält der Händler eine Anzahl verschiedener Lizenzen von Cloud-Anwendungen – darunter beispielsweise für 250 "Seats" (Arbeitsplätze) der "Business Productivity Online Suite" (BPOS) und CRM-Online. Geplant sind auch Lizenzen für das neue System-Management-Tool Intune und die Cloud-Plattform Azure. Die fortgeschrittene Variante "Cloud Accelerate" wird jährlich 1.600 Dollar kosten. Um sich für diese Stufe zu qualifizieren, muss ein Händler allerdings mindestens drei Kunden mit 500 Arbeitsplätzen vorweisen können. Er erhält dafür zwei Stunden Presales-Support und Einblick in Microsofts nicht-öffentliche Cloud-Roadmap. "Wir erwarten, dass sich Tausende unserer deutschen Partner für Cloud Essentials anmelden und einige hundert für Cloud Accelerate", gibt sich Gürtler zuversichtlich.

Die beiden Cloud-Distributoren Ingram Micro und SaaS Distribution wurden von Microsoft erwählt, um die Cloud-Programme im Channel vertrieblich zu begleiten. "Es gibt auch bei zahlreichen anderen Distributoren Interesse, aber wir haben uns zunächst für diese beiden entschieden, weil sie uns für den ersten Schritt am besten geeignet schienen", erklärt Gürtler. Der kleine Spezial-Distributor SaaS Distribution hat schon lange Erfahrung mit Cloud-Projekten, während Ingram seine Größe in die Waagschale wirft.

Generell wachsen mit den neuen Partnerprogrammen die Ansprüche, die Microsoft an seine Partner stellt. Zertifizierungen werden künftig nur noch berücksichtigt, wenn sie sich auf aktuelle Produktversionen beziehen. "Die Kunden wollen, dass Systemhäuser aktuelles Wissen mitbringen und das setzen wir jetzt um", betont Gürtler. Die Microsoft-Gold-Partner brauchen künftig nicht mehr zwei, sondern vier Microsoft Certified Professionals (MCPs), die für eine Kompetenz zertifiziert sein müssen. Im Gegenzug will Microsoft dann die Leistungen für die Partner ausbauen. Das Angebot an In-House-Lizenzen und After-Sales-Programmen soll ausgebaut werden. Ende Oktober sollen die Solution Incentives starten: Diese sind für Gold-Partner gedacht, die Verkäufe vorantreiben, aber nicht selbst implementieren. Der im Sommer auf den Weg gebrachte Pinpoint Online-Marktplatz für Partnerlösungen wird in allen Endkunden-Portalen integriert. "Über Pinpoint generieren wir heute bereits monatlich mehr als 4.000 Leads", freut sich Channel-Chef Gürtler. Aber bisher profitieren nur einige hundert Partner von dem Angebot, wie er im gleichen Atemzug bedauert: "Unsere Händler müssen ihre Präsenz verbessern und ein aktuelles Profil bieten", fordert Gürtler. In der Qualität gebe es hervorragende Beispiele, aber es seien noch zu wenige.

Auch auf der Produktseite hatte Microsoft seinen Vertriebspartnern zahlreiche Neuankündigungen zu präsentieren. So soll der zum Media Player Zune und Windows-7-Phones passende Musikdienst demnächst auch auf den deutschen Markt kommen. Partnerkonferenz-Stargast und Fernsehmoderator Kai Pflaume konnte sich in diesem Zusammenhang allerdings eine kleine Gemeinheit gegenüber seinem Gastgeber nicht verkneifen: "Ich habe gelesen, dass in den USA nur die Kinder von Steve Ballmer gezwungen sind, mit dem Zune zur Schule zu gehen." Unterdessen konzentriert sich der Hersteller hierzulande, den mit früheren Generationen verloren gegangenen Marktanteil durch Windows Phone 7 wieder gutzumachen. Erste Smartphones der Hardware-Partner HTC, Samsung, Dell und LG sollen noch vor Weihnachten auf den deutschen Markt kommen. "Wir treten mit dem Windows Phone 7 gegen das Apple iPhone und Google Android an. Wir werden zwar nicht von null auf hundert beschleunigen, sind aber erstmals absolut wettbewerbsfähig", ist Martin Berchtenbreiter, Senior Director Mittelstand und Partner bei Microsoft Deutschland, fest überzeugt. Windows Phone 7 sei nicht nur eine Kopie der Wettbewerber, sondern mit seiner selbst erklärenden Benutzeroberfläche ein neuer Ansatz – inklusive Social-Network-Einbindung.

"Intune als Online Service ist spannend fĂĽr Partner und kann die Online-Welt mit On-Premise verbinden" Martin Berchtenbreiter, Senior Director Mittelstand und Partner bei Microsoft Deutschland.

(Bild: Microsoft)

In sehr viel größere Gefilde stößt dagegen die Datenbank-Sparte vor: Mit dem Parallel Data Warehouse bringt Microsoft eine Appliance auf den Markt, deren Stückpreis im Millionenbereich liegt. "Oracle macht in Deutschland bisher mehr Umsatz als wir, jetzt werden wir aber in den High-End-Bereich vorstoßen und dabei unsere Partner mitnehmen", erklärt Andreas Hartl, Director Server und Tools bei Microsoft Deutschland. Die Redmonder gehen Oracle mit einem dedizierten Migrationsprogramm direkt an und wollen mit einem besseren Preis-Leistungsverhältnis punkten. "Wir helfen bei Oracle-Migrationen, von denen es eine signifikante Anzahl im letzten Jahr gab, und gehen gezielt gemeinsam mit unseren Partnern Opportunities an", unterstreicht Hartl. Im Datenbankbereich sieht er daneben eine signifikante Umsatzchance in der Migration des in Office integrierten Access auf die neue Online-Datenbank SQL Azure.

Auch Cisco soll nicht ungeschoren bleiben: Lync, die neue Version des Unified Communications-Angebotes, soll mit neuen Funktionen helfen, den Wettbewerb auszustechen: "Beim Verkauf von Lync in Kombination mit Office Professional gibt es riesige Umsatzchancen und jede Menge Hardware zu verkaufen", glaubt Wolfgang Brehm, Director Reseller und Distribution. "Bei der Umstellung von einer PBX werden bei 100 PCs allein schon 100 Headsets (50-100 Euro) fällig und dazu noch weitere Hardware", rechnet er vor. Brehm fordert die Händler außerdem dazu auf, zum strategischen Partner ihrer Kunden zu werden, vor allem in Sachen Lizenzberatung. Derzeit erfolgten viele Bestellungen ad hoc, was oft zu Fehlkäufen führe. "Unsere Partner müssen den Schritt zur Lizenzberatung schaffen und nicht nur die IT-Verantwortlichen ansprechen", fordert Brehm. Die Open Value Subscription zur Miete mit der Home-Use-Option biete ein hohes Potenzial für Volumenlizenzen. "Nur etwa die Hälfte der Unternehmen mit 50 bis 250 PCs haben Volumenlizenzen und nur 13 Prozent einen Wartungsvertrag", weist Brehm auf brachliegendes Potenzial hin.

Bei der Lizenzberatung soll im nächsten Jahr die Online-Software-Asset-Management-Lösung (SAM) Intune die Partner unterstützen. Es ist eine All-in-One-Lösung zur PC-Verwaltung für KMUs und bietet Desktop Management auch ohne Active Directory. "Intune als Online Service ist spannend für Partner und kann die Online-Welt mit On-Premise verbinden", erwartet Berchtenbreiter. Das Mini-SAM Intune werde zwar kein vollwertiges SAM ersetzen, biete aber für KMUs eine gute Übersicht. Der Partner-Nutzen ist laut Berchtenbreiter enorm groß und erlaubt es, zusätzliche Kompetenzen zu übernehmen, auch wenn es nicht zum kompletten Managed Service Providing ausreicht. (map)