Link auf linksunten.indymedia: Durchsuchung bei Journalist war verfassungswidrig
Vor zweieinhalb Jahren sorgte eine Razzia bei einem Radiosender in Freiburg und dessen Angestellten fĂĽr Aufsehen. Das Vorgehen war verfassungswidrig.
(Bild: C. Nass/Shutterstock.com)
Die Durchsuchung der Privatwohnung eines Journalisten wegen der Verlinkung eines Archivs einer verbotenen Vereinigung war verfassungswidrig und ein Verstoß gegen die im Grundgesetz geschützte Rundfunkfreiheit. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, wie die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) jetzt öffentlich gemacht hat. Sie hatte die Verfassungsbeschwerde für den betroffenen Redakteur aus Freiburg eingereicht. Damit endet die juristische Aufarbeitung der viel kritisierten Razzien gegen Radio Dreyeckland, den ältesten freien Radiosender Deutschlands. Nach der Veröffentlichung eines Onlineartikels waren nicht nur dessen Räumlichkeiten durchsucht worden, sondern auch die Privatwohnung des Autors.
Zahlreiche Niederlagen fĂĽr die Staatsanwaltschaft
In dem Artikel des Radiosenders wurde das Archiv der verbotenen Vereinigung "linksunten.indymedia" verlinkt. Nach der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts auf einen Verstoß gegen ein Vereinigungsverbot (Paragraf 85 StGB), hat es deshalb am 17. Januar 2023 Durchsuchungen in Privatwohnungen von Angestellten und freien Mitarbeitern sowie in Räumen des Senders selbst gegeben. Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe hat dann Anklage gegen den Verfasser des Artikels erhoben, ist damit aber vor dem Landgericht gescheitert. Die Staatsanwaltschaft ließ aber nicht locker, erst im Juni 2024 folgte dann der Freispruch des verantwortlichen Redakteurs. Nach einer nicht begründeten Revision wurde der Freispruch vor einem Jahr rechtskräftig.
Mit der danach eingereichten Verfassungsbeschwerde wollte die GFF klären lassen, "dass das Setzen eines Links im Rahmen eines Presseberichts keine strafbare Unterstützungshandlung darstellen kann, und dass die Durchsuchung von Redaktionsräumen und Mitarbeiter:innenwohnungen sowie die Beschlagnahmung redaktioneller Daten die Pressefreiheit verletzt". Zweiteres hat sie nun erreicht, Karlsruhe hat unter anderem bemängelt, dass die "vagen Anhaltspunkte" für die Razzia nicht ausgereicht hätten. Auf die Frage, ob die Verlinkung selbst verboten war, habe das Gericht deshalb nicht eingehen müssen, darüber wurde hier also nicht geurteilt. Der betroffene Redakteur sieht sich bestätigt und hofft darauf, "Polizei und Staatsanwaltschaft weniger leichtfertig mit Grundrechten umgehen".
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Die Internetplattform "linksunten.indymedia" galt Sicherheitsbehörden als einflussreichstes Medium der linksextremen Szene in Deutschland – und als Forum für gewaltbereite Autonome. Verboten wurde dann aber nicht die Website, stattdessen wurden die dafür Verantwortlichen zum Verein erklärt und verboten, die Betätigung wurde untersagt. Gegen diesen Kniff haben danach mehrere Personen Klage eingereicht, die Existenz des Vereins bestritten sie aber. Deswegen scheiterten sie 2020 vor dem Bundesverwaltungsgericht aus formalen Gründen, denn zur Anfechtung eines solchen Verbots sei "regelmäßig nur die Vereinigung" befugt. Nach der Entscheidung aus Karlsruhe fordert Radio Dreyeckland "weiterhin politische und personelle Konsequenzen" für das Vorgehen der Behörden.
(mho)