IT-Selbstständige unter Druck: Aufträge brechen massiv ein
43 Prozent der Freelancer haben keine gesicherte Auslastung – die Bereiche IT und Software verzeichnen einen Auftragsrückgang um 23 Prozent.
(Bild: fizkes/Shutterstock.com)
Die angespannte Lage am IT-Arbeitsmarkt trifft auch Selbstständige mit voller Wucht: Im Sektor IT und Software melden 23 Prozent der Freelancer einen spürbaren Rückgang der Nachfrage. Das zeigt die erste Erhebungswelle für den Freelancer-Kompass 2026 von freelancermap, für die mehr als 1.300 Selbstständige befragt wurden.
Insgesamt haben 43 Prozent aller befragten Selbstständigen derzeit keine gesicherte Auslastung für die kommenden Monate. Die Hälfte gibt zudem an, dass sich die Auftragslage im Vergleich zum Vorjahr verschlechtert hat. Nur 16 Prozent berichten von einer Verbesserung. Die Zahlen fügen sich in das Bild ein, das auch Daten der Bundesagentur für Arbeit zeigen: Die Arbeitslosigkeit im IT-Bereich ist deutlich gestiegen.
Besonders dramatisch ist die Situation in der Automobilbranche, wo 32 Prozent der Freelancer Auftragsrückgänge verzeichnen. Dahinter folgen IT und Software mit 23 Prozent sowie Industrie, Maschinenbau sowie Banken und Finanzwesen mit jeweils 12 Prozent. Die Auslastungsangaben verdeutlichen die Unsicherheit: Zwölf Prozent haben eine gesicherte Auftragslage nur bis zu einem Monat, jeder Fünfte für zwei bis drei Monate, 13 Prozent für vier bis sechs Monate.
„Wenn in so vielen Branchen Aufträge zurückgehen und fast die Hälfte der Freelancer keinerlei Planungssicherheit hat, ist das längst kein individuelles Risiko mehr, sondern ein strukturelles“, sagt Thomas Maas, CEO von freelancermap. Branchenrückgänge, kurze Auslastungshorizonte und operative Hürden in Projekten würden zusammenwirken und nicht nur Einzelne treffen, sondern den gesamten Markt prägen.
Unklare Anforderungen und verzögerte Entscheidungen
In der täglichen Projektarbeit kämpfen Selbstständige mit mehreren Schwierigkeiten: Am häufigsten nennen sie unklare Anforderungen (55 Prozent), gefolgt von verzögerten Rückmeldungen (47 Prozent) sowie fehlenden Entscheidungen (42 Prozent). Als Auftraggeber fungieren überwiegend größere Unternehmen: 60 Prozent arbeiten mit dem Mittelstand zusammen, 58 Prozent mit Konzernen, 27 Prozent mit Agenturen und Beratungen sowie 21 Prozent mit Start-ups.
Der überwiegende Teil der Selbstständigen (71 Prozent) arbeitet aus dem Homeoffice, 22 Prozent hybrid. Nur jeder Zwanzigste ist beim Kunden vor Ort tätig, zwei Prozent machen eine Workation. Die Option, remote zu arbeiten, ist für knapp die Hälfte (49 Prozent) ein Ausschlusskriterium bei der Projektauswahl.
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Sinkende Ansprüche bei Stundensätzen
Die schwierige Auftragslage führt offenbar dazu, dass Selbstständige bei ihren Ansprüchen Abstriche machen. Am häufigsten lehnen Freelancer zwar nach wie vor Projekte wegen zu niedriger Stundensätze ab (70 Prozent), doch im Vergleich zur Befragung des Vorjahres ist dieser Anteil von 77 Prozent gesunken. Dass das Projekt nicht zu den eigenen Fähigkeiten passt, geben 62 Prozent als Ablehnungsgrund an.
Die Entwicklung steht im Kontrast zu den zuletzt gestiegenen durchschnittlichen Stundensätzen, die laut Freelancer-Kompass 2025 bei 104 Euro lagen. Auch der Anteil derer, die Projekte aus Kapazitätsgründen ablehnen, hat sich von 43 auf 23 Prozent reduziert – ein deutliches Zeichen für die nachlassende Nachfrage. Projekte aufgrund eines zu langen Arbeitsweges auszuschlagen, kommt nur noch für 18 Prozent infrage, im Vorjahr war es noch fast jeder Dritte.
Der vollständige Freelancer-Kompass 2026 erscheint Anfang März und fasst alle Befragungswellen zusammen. Die Studie liefert seit über zehn Jahren die umfassendste Datengrundlage zur Selbstständigkeit im deutschsprachigen Raum und beleuchtet Arbeitsbedingungen, Preis- und Einkommensentwicklungen sowie fachliche und strukturelle Herausforderungen. Details zu den Umfragen finden sich bei freelancermap, die Ergebnisse der ersten Erhebung liegen iX vor.
(fo)