Nokias neuer Chef muss handeln

Weltmarktführer Nokia schockt die Anleger: Der Gewinn sinkt um 22 Prozent – und Stephen Elop weckt wenig Hoffnungen auf eine rasche Trendwende. Der neue CEO muss schnell handeln: Holt er seinen ehemaligen Arbeitgeber ins Boot?

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Thomas Borchert
  • Christoph Dernbach
  • dpa

Nokias Konzernchef Stephen Elop hört auf seinem hauseigenen Smartphone die Alarmglocken klingeln. "Es ist Zeit, dass Nokia sich schneller umstellt", kommentierte der 47- jährige Kanadier am Donnerstag die enttäuschenden neuen Bilanzzahlen aus Helsinki. Dabei hat Elop seit seinem Amtsantritt im September schon ein atemberaubendes Umstellungstempo vorgelegt. Doch im Kampf gegen Apples iPhone, die Blackberrys vom kanadischen Konzern Research in Motion (RIM) und verschiedene erfolgreiche Anbieter mit dem Betriebssystem Android verliert Nokia immer weiter an Boden.

Die Nokia-Aktie gab nach der Veröffentlichung der Quartalsbilanz um vier Prozent nach. Dabei schockte die Investoren wohl weniger, dass Nokias Nettogewinn zum Jahresende um knapp ein Viertel auf 745 Millionen Euro gegenüber dem Jahresabschluss 2009 einbrach. Weit stärker fällt die äußerst vorsichtige und vage Prognose Nokias für das laufende Jahr ins Gewicht. "Bei Nokia sieht es wirklich düster aus", sagte ein Analyst mit Verweis auf rückläufige Marktanteile.

Während die versammelte Konkurrenz auf Messen wie der Consumer Electronics Shows in Las Vegas eine Neuheit nach der anderen präsentiert, warten die Aktionäre auf einen überzeugenden Gegenentwurf der Finnen. Das aktuelle Flaggschiff der Finnen, das Nokia N8, überzeugt zwar mit einer leistungsstarken Hardware. Allerdings kommt das Gerät in Sachen Benutzerfreundlichkeit nach Einschätzung der meisten Kritiker nicht an das iPhone und die Smartphones mit Android oder Windows Phone 7 heran. Da Nokia keine aktuellen Verkaufszahlen für das N8 veröffentlichte, vermuten die Beobachter, dass sich das N8 derzeit auch schlecht verkauft.

Der Druck auf Nokia wird in den kommenden Wochen weiter wachsen: Nachdem bereits die Wettbewerber LG Electronics und Motorola neue Smartphones mit dem Zweikernprozessor Tegra 2 von Nvidia präsentiert haben, will in zwei Wochen auch noch Samsung auf dem Mobile World Congress in Barcelona "etwas Großes" auf die Bühne bringen. Noch vor dem großen Branchentreffen in will auch Nokia-Chef Elop am 11. Februar in London die neue Langfriststrategie seines Unternehmens vorstellen. Der ehemalige Microsoft-Manager will dann endlich erklären, wie Nokia der Konkurrenz der anderen Anbieter von Smartphones wieder Paroli bieten kann.

In Online-Netzwerken wie Twitter schießen unterdessen Gerüchte ins Kraut, Nokia werde sein eigenes Smartphone-System Symbian in einem radikalen Schnitt aufgeben. Auch das gemeinsam mit Intel entwickelte Betriebssystem MeeGo steht den Gerüchten zufolge zur Disposition. Malik Saadi, Analyst von Informa Telecoms in London, geht davon aus, Nokia werde seine Symbian-Software entweder durch das Microsoft-System Windows Phone 7 oder die Google-Software Android ersetzen.

Insbesondere eine Zusammenarbeit mit Elops ehemaligem Arbeitgeber Microsoft würde die Karten auf dem Smartphone-Markt komplett neu mischen. Der weltgrößte Software-Konzern hat bislang nämlich auch nur zwei Millionen Geräte seines neuen Smartphone-Systems in den Handel bringen können und könnte einen großen Schub nach vorne gut gebrauchen. (vbr)