Bundestag streitet über Bekämpfung von Internet- und Telefonabzocke

Die Opposition will den Verbraucherschutz im TK-Markt umfassend stärken und unter anderem Warteschleifen komplett kostenfrei halten. Die Koalition sieht aber kaum noch Handlungsbedarf jenseits der geplanten Regulierungsnovelle.

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Vertreter der Opposition wollen den Verbraucherschutz im Telekommunikationsmarkt umfassend stärken und unter anderem Warteschleifen komplett kostenfrei halten. Entsprechende Anträge haben aktuell Fraktionen von SPD und Linke in den Bundestag eingebracht. Vertreter der Koalition ließen bei der ersten Beratung am gestrigen Donnerstag im Parlament aber durchblicken, dass sie jenseits der geplanten Novellierung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) kaum noch Handlungsspielraum sehen. So gab Andreas Lämmel von der CDU/CSU-Fraktion die Parole aus: "Haken, Haken, Haken – alles eigentlich erledigt, weil es im Gesetzentwurf steht."

Waltraut Wolff begründete im Namen der SPD die Notwendigkeit des Fraktionsvorstoßes (PDF-Datei) mit der Herausforderung durch die zunehmende Unübersichtlichkeit in der Branche. Konsumenten würden "schlichtweg betrogen", befand die Sozialdemokratin. Der umkämpfte Regierungsentwurf für die TKG-Reform stelle zwar einen "guten Aufschlag" dar. Doch "beim Verbraucherschutz in der Telekommunikation haben die Bundesregierung und die Regierungskoalition total versagt." So sähe der Entwurf keine Hilfe bei Kostenfallen, untergeschobenen Verträgen und der Abzocke bei Gewinnspielen vor. Zugenommen habe die Zahl der Anrufe von Telefonbetrügern, "die vermeintliche Gewinnversprechen mit der Aufforderung machen, teure 0900er-Nummern anzurufen". Auch das Abgreifen von Kontaktdaten sei durch die vorhandenen gesetzlichen Maßnahmen nicht ausreichend eingedämmt worden.

Für die Linke monierte Caren Lay, dass die Regierung das Warten in Hotlines nur bei Sondertelefonnummern kostenfrei halten wolle. Dabei müsse auch die Zeit in den Schleifen begrenzt werden. Lay forderte zudem klare Preisobergrenzen und Tarifansagen im Mobilfunk. Es müsse auch "klar erkennbar sein, wie viel ein Kauf im Internet kostet und wann der Kauf tatsächlich abgeschlossen ist". Deswegen setzten sich die Linken mit ihrem Antrag (PDF-Datei) gemeinsam mit den anderen Oppositionsparteien für eine "Button-Lösung" ein, bei der eine Online-Transaktion gesondert im Sinne einer "informierten Einwilligung" bestätigt werden müsste. Ein entsprechendes Vorhaben treibt nach einigem Zögern inzwischen auch das Bundesjustizministerium voran.

Es reiche einfach nicht, nur auf Wettbewerb zu setzen, versuchte Bärbel Höhn von den Grünen der Koalition klar zu machen. In vielen Sektoren des TK-Marktes herrschten "immer noch Wildwestmethoden". Die neue schwarz-gelbe Initiative greife zu kurz. So gebe es bei den Warteschleifen weiterhin "Schlupflöcher". Im Bereich Telefonspam habe die Bundesnetzagentur im vergangenen Jahr 30 Prozent mehr Beschwerden als 2009 erhalten, sodass auch hier die Regeln nachzubessern seien. Schwarz-Gelb solle ferner endlich verstehen, "dass Menschen, die über das Internet eine Leistung in Anspruch nehmen, sehen müssen, wie viel diese Leistung kostet". Mit einem entsprechenden Button sei das einfach zu erreichen.

Der CDU-Abgeordnete Lämmel bestätigte prinzipiell den angemahnten Handlungsbedarf, da sich wohl jeder schon über Anrufe mit unterdrückter Nummer, falsche Angaben von Bandbreiten bei Internetanschlüssen und teure Musikbeschallung in Hotlines geärgert habe. Auch bei der Mitnahme von Mobilfunkrufnummern und Preistransparenz bei Call-by-Call-Dienstleistungen, "liegen wir nicht weit auseinander". Weitergehende Regelungen, nach denen die Opposition rufe, zögen aber "einen sehr hohen bürokratischen Aufwand nach sich und seien kaum umsetzbar.

Claudia Bögel von der FDP-Fraktion versicherte, dass die Bundesnetzagentur schon gemäß der geplanten TKG-Änderung künftig darüber wachen werde, "ob die Angaben zu den Geschwindigkeiten von Breitbandanschlüssen mit den Fakten übereinstimmen und ob die Preistransparenz etwa bei mobilen Datendiensten gewährleistet sei. Der Schutz vor Abrechnung von Internetkostenfallen werde auf den Mobilfunk ausgeweitet. Eine staatliche Überregulierung sei aber fehl am Platz und dürfe auch nicht beim Breitbandausbau zum Tragen kommen. Denn letztlich habe "allein der Wettbewerb" den Telekommunikationsmarkt zum erfolgreichsten Modell für die Liberalisierung staatlicher Monopole gemacht. (vbr)