Steuer auf Handymasten widerspricht nicht notwendigerweise EU-Recht

Der Europäische Gerichtshof hat es den belgischen Gemeinden Fléron und Schaarbeek erspart, die dort eingeführten Steuern auf Sendeanlagen wieder aufzuheben. Das Gericht lieferte Entscheidungsmaßstäbe für die Zulässigkeit von Mobilfunksteuern.

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Die belgischen Gemeinden Fléron und Schaarbeek müssen die dort 1998 eingeführten Steuern auf Sendeanlagen nicht wieder aufheben – eine Steuer auf Handymasten muss nicht notwendigerweise gegen EU-Recht verstoßen. Mit dieser überraschenden Entscheidung (C-544/03, C-545/03) lässt der Europäische Gerichtshof (EuGH) aufhorchen. Es ist einer der seltenen Fälle, in denen das Gericht nicht dem Plädoyer des Generalanwalts gefolgt ist. Dieser hatte eine Aufhebung der Steuern gefordert. Der EuGH hat sie weder aufgehoben noch bestätigt. Vielmehr hat er Entscheidungsmaßstäbe festgelegt und den Fall an den belgischen Staatsrat zurückverwiesen. Entsprechend umstritten ist nun, ob damit auch die Entscheidung über die niederösterreichische Sendeanlagenabgabe vorprogrammiert ist.

Da die belgischen Abgaben ausländische und inländische Netzbetreiber gleichermaßen träfen, verletzten sie nicht die Dienstleistungsfreiheit (Artikel 49 EG). Allerdings urteilt der EuGH weiter, dass Steuern auf Mobilfunk-Infrastruktur unter Artikel 3c der (...) Richtlinie über den Wettbewerb auf dem Markt für Telekommunikationsdienste fallen, "wenn sie [ältere] Betreiber (...) gegenüber neuen Betreibern unmittelbar oder mittelbar begünstigen und die Wettbewerbssituation spürbar beeinträchtigen." Der belgische Staatsrat müsse nun die Wirkung der Abgaben prüfen "und dabei insbesondere den Zeitpunkt in Betracht ziehen, ab dem die betroffenen Betreiber jeweils auf dem Markt tätig sind. Es könnte sich herausstellen, dass [ältere] Betreiber [gegenüber neuen Betreibern] in einer günstigen Lage waren, in der sich die ihnen bei der Errichtung eines Netzes entstandenen Kosten amortisieren konnten. Dass neue Betreiber auf dem Markt gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen einschließlich der Flächendeckung treffen, kann diese Betreiber, was die Kontrolle über ihre Kosten betrifft, gegenüber den herkömmlichen Betreibern benachteiligen."

Das Schicksal der belgischen Kommunalsteuern auf Mobilfunk-Sendeanlagen wird also davon abhängen, ob einzelne Netzbetreiber stärker darunter leiden als andere. Diesbezüglich könnte der Gerichtsentscheid durchaus Auswirkung auf Niederösterreich haben, allerdings beruht er auf einer nicht mehr aktuellen Rechtslage – die Verfahren laufen sei 1997/98. Die einschlägigen Richtlinien wurden durch die Rahmenrichtlinie 2002/21/EG abgelöst. Deren Artikel 8 Absatz 3 verlangt von den nationalen Regulierungsbehörden, zu gewährleisten, "dass Anbieter elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste unter vergleichbaren Umständen keine diskriminierende Behandlung erfahren". Die österreichische Regulierungsbehörde betrachtet das Landesgesetz zwar als rechtswidrig, hat jedoch keine Möglichkeit, es zu verhindern. Artikel 13 der Genehmigungsrichtlinie 2002/20/EG legt zudem fest, dass Entgelte für Infrastruktur "objektiv gerechtfertigt, transparent, nichtdiskriminierend und ihrem Zweck angemessen" sein müssen.

Die niederösterreichische Volkspartei freut sich jedenfalls über die EuGH-Entscheidung. Klubobmann Klaus Schneeberger sieht darin "eine Bestätigung des niederösterreichischen Weges". Gelassen reagiert indes der gegen die Steuer kämpfende Vizekanzler Hubert Gorbach (BZÖ). Er erkennt in der niederösterreichischen Mobilfunksteuer genau solche Diskriminierungen, wie sie laut EuGH rechtswidrig seien. (Daniel AJ Sokolov) / (anw)