Nokia kriegt die Kurve

Der finnische Handyhersteller hat seine Verluste im dritten Abschnitt des Geschäftsjahres wieder eingrenzen können und damit besser abgeschnitten als erwartet. Für das laufende Schlussquartal wird mit neuen Smartphones gerechnet.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 64 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.

Der finnische Handyhersteller Nokia hat die zuletzt erlittenen Verluste im dritten Quartal des Geschäftsjahres eindämmen können und damit besser abgeschnitten als erwartet. Der Marktführer konnte zudem deutlich mehr Handys verkaufen als von Analysten prognostiziert worden war und rechnet mit einem profitablen Schlussquartal. Der Aktienkurs zog nach Bekanntgabe der Zahlen am Donnerstagmittag deutlich an.

Der Konzernumsatz ging von 10,27 Milliarden Euro im Vorjahresquartal um 13 Prozent auf 8,98 Milliarden Euro zurück. Nokia verzeichnet für das dritte Quartal einen Verlust von 68 Millionen Euro oder 2 Cent pro Aktie, nachdem im Vergleichsabschnitt des Vorjahres noch ein Gewinn von 529 Millionen Euro angefallen war. Analysten hatten mit Verlusten im Bereich von über 200 Millionen gerechnet. Um Sondereffekte bereinigt steht sogar ein kleines Plus von 3 Cent pro Aktie zu Buche. Das teilte das Unternehmen am Donnerstag in Espoo bei Helsinki mit.

Insgesamt konnte der Weltmarktführer nach Stückzahlen im dritten Quartal 106,6 Millionen Handys absetzen und die Erwartungen der Börsianer damit übertreffen. Der Absatz ging um 3 Prozent zurück, im Vorjahresquartal hatte Nokia noch 110,4 Millionen Geräte verkauft. Der Umsatz mit Geräten und Diensten ging von 7,17 Milliarden Euro im Vorjahresquartal um ein Viertel auf 5,39 Milliarden zurück. Noch führen die Finnen in den Marktanteilsberechnungen der Marktforscher, doch rückt die Konkurrenz beständig näher. Bei den Smartphones konnten inzwischen der neue Branchenprimus Apple und auch Samsung an Nokia vorbeiziehen. [2. Update: Laut einem Bericht des Wall Street Journal soll der südkoreanische Elektronikkonzern Samsung inzwischen an Apple vorbeigezogen und mit über 20 Millionen verkauften Geräten neuer Marktführer im Smartphone-Segment sein.]

Während das Smartphone-Segment wegen des derzeit vollzogenen strategischen Wechsels zu Windows Phone als Hauptbetriebssystem weiter dramatisch an Boden verliert, konnte Nokia bei normalen Handys wieder zulegen. Der Smartphone-Absatz ging von 27,1 Millionen Stück im Vorjahresquartal um 38 Prozent auf 16,8 Millionen Geräte zurück. Das Handysegment wuchs dagegen um 8 Prozent von 83,3 Millionen auf 89,9 Millionen Stück. Die Verschiebung des Produktmixes zu Einfachhandys schlägt sich auch auf den durchschnittlichen Verkaufspreis (ASP) nieder, der im Vergleich zum Vorjahr um 22 Prozent von 65 auf 51 Euro zurückging.

[Update: Während der ASP im Smartphonebereich nicht so stark unter Druck geraten ist (von 133 Euro im Vorjahr auf 131 Euro), ging der Durchschnittspreis bei Einfachhandys im Jahresvergleich von 40 auf 32 Euro zurück. Das führte trotz mehr verkauften Handys zu einem Umsatzminus der Handysparte von 14 Prozent auf 2,9 Milliarden. Der Umsatz mit Smartphones brach um fast 40 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro ein.]

Dank der Übernahme einiger Netzwerkbereiche von Motorola wuchs der Umsatz des zusammen mit Siemens geführten Netzausrüsters Nokia Siemens Networks um 16 Prozent von 2,9 auf 3,4 Milliarden Euro. Zuletzt hatten Nokia und Siemens ihrer schwächelnden Tochter mit frischem Kapital unter die Arme gegriffen. Der Umsatz der Kartentochter Navteq schrumpfte im Jahresvergleich um 4 Prozent von 252 auf 241 Millionen Euro.

CEO Stephen Elop, der den Traditionshersteller mit einer Allianz mit Microsoft wieder zu alter Stärke zurückführen will, zeigte sich angesichts der Fortschritte im dritten Quartal ermutigt. "Wir sehen erste Anzeichen der Besserung in vielen Bereichen", erklärte Elop. Nokia wird in der kommenden Woche erste Smartphones mit dem neuen Betriebssystem Windows Phone vorstellen. Der Konzern will in Allianz mit Microsoft der starken Konkurrenz von Apple und Android wieder Paroli bieten und auch auf dem US-Markt punkten.

Elop hat dem Unternehmen nicht nur einen strategischen Systemwechsel verordnet, sondern auch eine Umstrukturierung, die mit tiefen Einschnitten einhergeht. Zuletzt hatte Nokia angekündigt, das erst seit 2008 in Betrieb genommene Werk in Rumänien zum Jahresende zu schließen. Die dort angesiedelte Produktion einfacher Handys soll nach Asien verlagert werden.

Umsatz- und Gewinnentwicklung bei Nokia in Euro
Quartal Umsatz Nettogewinn
1/00 6,5 Mrd. 0,91 Mrd.
2/00 7 Mrd. 0,98 Mrd.
3/00 7,58 Mrd. 0,92 Mrd.
4/00 9,28 Mrd. 1,21 Mrd.
1/01 8 Mrd. 1,05 Mrd.
2/01 7,35 Mrd. 0,83 Mrd.
3/01 7 Mrd. 0,76 Mrd.
4/01 8,79 Mrd. 1,15 Mrd.
1/02 7 Mrd. 0,92 Mrd.
2/02 6,94 Mrd. 0,90 Mrd.
3/02 7,2 Mrd. 0,88 Mrd.
4/02 8,8 Mrd. 1,24 Mrd.
1/03 6,7 Mrd. 0,97 Mrd.
2/03 7,02 Mrd. 0,66 Mrd.
3/03 6,9 Mrd. 0,86 Mrd.
4/03 8,79 Mrd. 1,17 Mrd.
1/04 6,63 Mrd. 0,82 Mrd.
2/04 6,64 Mrd. 0,71 Mrd.
3/04 6,94 Mrd. 0,66 Mrd.
4/04 9,063 Mrd. 1,019 Mrd.
1/05 (*) 7,396 Mrd. 0,863 Mrd.
2/05 8,059 Mrd. 0,799 Mrd.
3/05 8,403 Mrd. 0,881 Mrd.
4/05 10,333 Mrd. 1,073 Mrd.
1/06 9,507 Mrd. 1,048 Mrd.
2/06 9,813 Mrd. 1,140 Mrd.
3/06 10,100 Mrd. 0,845 Mrd.
4/06 11,701 Mrd. 1,273 Mrd.
1/07 9,856 Mrd. 0,979 Mrd.
2/07 12,587 Mrd. 2,828 Mrd.
3/07 12,898 Mrd. 1,563 Mrd.
4/07 15,717 Mrd. 1,835 Mrd.
1/08 12,660 Mrd. 1,222 Mrd.
2/08 13,151 Mrd. 1,103 Mrd.
3/08 12,237 Mrd. 1,087 Mrd.
4/08 12,662 Mrd. 0,576 Mrd.
1/09 9,274 Mrd. 0,122 Mrd.
2/09 9,912 Mrd. 0,287 Mrd.
3/09 9,810 Mrd. -0,913 Mrd.
4/09 11,988 Mrd. 0,948 Mrd.
1/10 9,522 Mrd. 0,349 Mrd.
2/10 10,003 Mrd. 0,227 Mrd.
3/10 10,270 Mrd. 0,529 Mrd.
4/10 12,653 Mrd. 0,745 Mrd.
1/11 10,399 Mrd. 0,344 Mrd.
2/11 9,275 Mrd. -0,368 Mrd.
3/11 8,980 Mrd. -0,068 Mrd.
(*) Ergebnis seit Q1 2005 ausgewiesen nach neuen IFRS-Bilanzierungsregeln.

(vbr)