WIPO-Verhandlungen über Schutzrechte für Rundfunk abgebrochen

Nachdem gestern Verhandlungen scheiterten, scheint eine Lösung der Differenzen zwischen den WIPO-Mitgliedsstaaten am heutigen letzten Verhandlungstag kaum noch möglich.

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Von
  • Monika Ermert

Die Chancen für eine diplomatische Vertragskonferenz im November, die Rundfunkunternehmen und Kabelnetzbetreibern mehr Schutzrechte für ihre ausgestrahlten Programme zusätzlich zu den eigentlichen Rechten der Urheber einräumen sollte, sind vorige Nacht weiter gesunken. Wie das Fachblatt Intellectual Property Watch (IP-Watch) berichtet, wurden die Verhandlungen bei der World Intellectual Property Organisation (WIPO) zum so genannten Broadcasting Treaty spät am Abend abgebrochen. Eine Lösung der nach wie vor bestehenden Differenzen zwischen den Mitgliedsstaaten am heutigen letzten Verhandlungstag erscheint kaum noch möglich. In die seit Montag laufenden Verhandlungen brachten Mitgliedsländer laut Beobachtern von Nichtregierungsorganisationen (NGO) immer mehr Zusatzforderungen ein.

Ein vom finnischen Vorsitzenden des Ständigen Ausschusses, Jukka Liedes, eingebrachtes weiteres Entwurfspapier sorgte für Gegen- und Zusatzvorschläge der Mitgliedsstaaten. Laut der Organisation Knowledge Ecology International (KEI) machten sich die USA am Mittwoch noch einmal für einen Passus stark, der den Vertrag für das zuvor ausgeschlossene Webcasting hätte öffnen können, anstatt ihn wie geplant auf klassische Rundfunkübertragungswege zu beschränken. In einem ebenfalls von KEI veröffentlichten Kommentar der US-Regierung wird allerdings auch betont, dass die neuen Schutzrechte für Rundfunkunternehmen nicht die eigentlichen Urheberrechte oder Creative-Commons-Lizenzen einschränken dürften.

Die mögliche Überlagerung eigentlicher Urheberrechte durch die neuen Schutzrechte der Rundfunkunternehmen für ihre Programme war von Nichtregierungsorganisationen (NGO), aber auch von Rechteinhabern in vielen vorangegangenen Verhandlungen zum Broadcasting Treaty kritisiert worden. KEI, IPJustice und weitere NGOs forderten denn auch in einer Erklärung am Mittwoch, den Broadcasting Treaty endgültig zu begraben.

Gestern Nacht soll die US-Delegation dem seit zehn Jahren verhandelten Vertrag schließlich den möglichen Todesstoß gegeben haben. Laut IP-Watch monierte die US-Delegation, es gebe in Liedes Papier nicht einen Bereich, in dem man sich einig sei, ganz gleich, ob es sich um die neueren oder um Jahre alte Vorschläge handele. Mehrere Länder hätten sich dieser Einschätzung angeschlossen, darunter Brasilien, Indien, Kanada, die Schweiz, Algerien und weitere afrikanische Länder. Die EU gehört zu den Verfechtern des Broadcasting Treaty, während sich in den USA in den vergangenen Monaten eine Allianz großer IT-Unternehmen gegen den Vertrag ausgesprochen hat. Die USA hat auch das Rom-Abkommen über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen nie unterzeichnet. Laut den NGOs ein Beweis, dass Rundfunkanbieter durchaus auch ohne spezielle Schutzrechte konkurrenzfähig sind.

Zum Broadcasting Treaty der WIPO siehe auch:

(Monika Ermert) / (anw)