Brainshare: Ein Linux-Desktop für die Massen
Mit dem "Desktop 10" werde Linux erstmals einen deutlichen Vorsprung vor Windows haben, ist sich Novells Linux-Desktop-Chef sicher: "Wir werden Dinge anbieten können, die Microsoft nicht hat"; auch Mac OS X will man übertrumpfen.
Vor einem Jahr verkündete Novell-Chef Jack Messman auf der Brainshare 2004, dass die Firma innerhalb eines Jahres alle Desktop-Rechner auf Linux migrieren und obendrein alle Büro-Anwendungen auf OpenOffice umstellen werde. Vom dieser Zielvorgabe ist Novell heute noch ein Stückchen entfernt. Nach Auskunft von Nat Friedman, bei Novell Vice President of Linux Desktop Engineering, sind etwa 75 Prozent aller Arbeitsplätze komplett umgestellt. Den ehemaligen Ximian-Entwickler stören die Verzögerungen nicht, denn der Knaller-Desktop für den großen Umstieg steckt noch in der Entwicklung: Mit dem "Desktop 10", der im nächsten Jahr erscheinen soll, wird Linux erstmals einen deutlichen Vorsprung vor Windows haben, da ist sich Friedman sicher. "Wir werden Dinge anbieten können, die Microsoft nicht hat."
Die wichtigste Komponente demonstrierte Friedmann auf seinem Laptop: Beagle nennt sich die in den Desktop integrierte Suchfunktion, für die es in der Windows-Welt noch kein Äquivalent gibt. PC-Historiker werden sich an Lotus Magellan erinnern, Apple-Fans an Spotlight denken. Beagle indiziert alle Dateien auf der Festplatte, die E-Mail, gespeicherte Chats, besuchte Webseiten und Metadaten, etwa Kommentare zu Bildern: Während Friedman eine Mail über den Osterurlaub auf Maui schrieb, blätterte Beagle automatisch auf, was in seinem Laptop zu Maui steckte: Flugpläne, Fotos, ein IM-Chat und ein paar Webseiten waren im Nu geladen. Ausführlich spielte Friedman mit F-Spot herum, einem in Mono geschriebenen, sehr schnellen Bildbetrachter und Sortierer, der jedes proprietäre Programm vergessen läßt, das mit einer Digitalkamera mitgeliefert wird. Schließlich zeigte er noch die Tomboy Notes zum Anfertigen von Notizen, die an beliebige Dateien oder Ordner geklebt und über Hyperlinks verknüpft werden können. "Das alles sind Dinge, die typische Konsumenten brauchen, Dinge, die ihr Leben vereinfachen."
Während der aktuelle Novell Linux Desktop eine eher karge Oberfläche für den typischen Büroarbeiter ist, ist der kommende Desktop 10 etwas für den Heimbereich. Zusammen mit den Verbesserungen, die der Linux Desktop 9 für mobile Nutzer brachte, glaubt Novell diesmal, ein besseres Angebot für den Durchschnitts-PC zu haben als Microsoft. "Was wir hier machen, ist, ungehemmt unserer Leidenschaft für das Vereinfachen zu frönen", erklärte Miguel de Icaza, Vice President Developer Platforms, der froh ist, dass Apples Andy Hertzfeld in seinem Team ist. Für ihn ist darum nicht Windows, sondern Mac OS X das System, das es zu übertrumpfen gilt. "Wir werden eine vollständige iPod-Kompatibilität bieten", fasste Icaza das Ziel zusammen.
Auch die professionellen Anwender sollen bei Novell nicht leer ausgehen. Für sie ist zunächst einmal Suse Linux Professional 9.3 gedacht, der später zum Novell Linux Desktop 10 erweitert werden soll. Neben dem Groupware Client Evolution 2.2, OpenOffice, Firefox usw. soll der Profi-Desktop mit der Voice-over-IP-Anwendung Linphone und der Virtualisierungs-Software Xen ausgeliefert werden. Xen gestattet es, mehrere Linux-Instanzen auf einem Rechner gleichzeitig laufen zu lassen und soll vor allem dem Entwickler die Arbeit erleichtern.
Zu Novells Messe und Konferenz Brainshare siehe auch:
(Detlef Borchers) / (jk)