ZVEI will sich stärker für Patentschutz einsetzen
Der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie meint, ohne Patentschutz auf computerimplementierte Erfindungen gebe es weniger Innovationen.
Der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) warnt anlässlich der Hannover Messe, ohne Patentschutz auf computerimplementierte Erfindungen gebe es weniger Innovationen. Die ZVEI-Vorstandsmitglieder Gunther Kegel (Pepper + Fuchs GmbH) und Rolf Meyer (Sennheiser) betonten auf der Messe, immer mehr Innovationen in der Elektrotechnik und Elektronik, der Automobilindustrie und in anderen Branchen basierten auf computerimplementierten Erfindungen. Wegen steigender Kosten für Forschung und Entwicklung sei die rechtliche Absicherung der Ergebnisse die Voraussetzung für einen Return on Investment. Der ZVEI werde sich deshalb noch stärker für einen "verlässlichen Patentschutz" in der gesamten Europäischen Union einsetzen, geht aus einer Mitteilung des Verbands. Dabei wolle der Verband die Bedenken der Open-Source-Bewegung und anderer gegen "Trivialpatente" ernst nehmen.
Der ZVEI hatte sich bereits vor knapp sechs Jahren zu dem Thema Softwarepatente zu Wort gemeldet. Seinerzeit hatte er die Europäische Kommission in einem Schreiben aufgefordert, einen umfassenden Patentschutz für Software-Erfindungen zu ermöglichen. Anfang März dieses Jahres hat der EU-Wettbewerbsrat die Position vom Mai zur Direktive über die Patentierbarkeit "computerimplementierter Erfindungen" abgenickt. Nun geht die Richtlinie im Europaparlement in die 2. Lesung. Inzwischen ist ein vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebenes Gutachten erschienen, die vor Gefahren für den europäischen IT-Markt warnt und erheblichen Nachbesserungsbedarf beim Standpunkt des EU-Rats sieht.
Die Sorge der Branche vor der anstehenden 2. Lesung sei groß, schreibt der ZVEI, allerdings von anderer Warte: "Es ist zu befürchten, dass abermals empfindliche Einschränkungen des Patentschutzes beschlossen werden", meint Meyer. Nach der Parlamentsfassung der Richtlinie wären technische Entwicklungen wie Steuerung beim ABS, Bildverarbeitung bei der Computertomographie oder elektronische Einspritzung bei Kraftfahrzeugen nur noch eingeschränkt patentierbar. Bei Sennheiser betreffe das Problem beispielsweise Mikrofone, bei denen programmierte Prozessoren Hintergrundgeräusche ausblenden.
Stefan Pollmeier, als Geschäftsführer des auf Servo-Antriebstechnik spezialisierten Unternehmens ESR Pollmeier Mitglied im ZVEI, verdeutlicht hingegen, dass es in dem Verband keine einheitliche Haltung zu dem Problem gibt. Den Kritikern gehe es laut Pollmeier nicht um die vom ZVEI genannten technischen Beispiele, die auch nach der Parlamentsfassung weiter geschützt seien und auch zweifelsohne Patentschutz genießen sollten, sondern um Patente auf Software wie zum Beispiel den E-Mail-Versand von einer Steuerung oder Patente im Umfeld von Webshops.
Pollmeier begrüßt, dass der ZVEI nun auf Druck seiner Mitglieder auch öffentlich Trivialpatente als Problem benennt. Hier stehe die Aussage des ZVEI allerdings im Widerspruch zu seinem Verhalten, denn der Verband habe eine Rechenschaftspflicht des Europäischen Patentamts und damit einen wirksamen Hebel gegen Trivialpatente abgelehnt. Pollmeier sieht auch in dem Plädoyer des ZVEI für die derzeit "bewährte Patentierungspraxis" in Europa eine widersprüchliche Haltung: Der Gemeinschaftsausschuss Kommunikation in der Automation des ZVEI habe bereits 2002 nach einer Mitgliederbefragung "mit Sorge eine zunehmende Verwischung des Technikbegriffs im heutigen Patentwesen" konstatiert. Pollmeier kann nicht nachvollziehen, weshalb der ZVEI nun ohne weitere Diskussion mit dem Ausschuss von einer "bewährten Patentierungspraxis" spreche.
Der Präsident der Free Software Foundation Europe (FSFE) hat vorige Woche einen Brief an die Europäische Vereinigung für Informations- und Kommunikationstechnologie (EICTA) geschickt. Darin schreibt er, bei Softwarepatenten gehe es nicht darum, Innovationen zu schützen, sondern Innovation zu verhindern. Die International Financial Report Standards seien in Gefahr, denn wer die Datenbank des US-amerikanischen Patentamts durchforste, stoße auf diverse Einträge mit den Stichworten "financial report" oder "account". Eines dieser Patente schützt ein System für "finanzielle Planung und Beratung". Greve besteht darauf, dass das geltende Urheberrecht bereits einen ausreichenden Schutz für Software biete.
Zum Thema Softwarepatente siehe auch:
- Regierungsstudie warnt vor Blockade durch Softwarepatente
- Grünes Licht für die 2. Lesung der Softwarepatentrichtlinie
- Softwarepatentgegner richten ihre Lobby-Aktivitäten neu aus
- Wettlauf ums Wissen kritisch betrachtet
- Neue Zweifel an der Gültigkeit des Ratsbeschlusses
- 1&1 und MySQL rüsten für den Lobby-"Blitzkrieg" in Brüssel
- Umfrage: Softwarepatente lösen Existenzängste im Mittelstand aus
- Wirtschaftsministerium: Sorgen wegen Softwarepatenten sind unnötig
- Im Rahmen des Heise Forum '05: Sicherheit und IT-Recht auf der CeBIT fand eine Podiumsdiskussion zu Softwarepatenten statt. Die Aufzeichnung der Podiumsdiskussion ist für Windows Media und Real aus dem Archiv abrufbar.
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- EU-Studie: Softwarepatentrichtlinie bringt amerikanische Verhältnisse
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- Zurück auf Start?, Die Europäische Union hat sich bei der Softwarepatent-Richtline festgefahren, c't 3/05, S. 76
- An den Grenzen der Technik, Technology Review 12/2004
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- Ein Interview mit Bundesjustizministerin Brigitte Zypries und Ministerialdirektor Elmar Hucko über Softwarepatente, Urheberrecht und geistiges Eigentum veröffentlichte c't in Ausgabe 16/2004: "Das Urheberrecht kennt kein Recht auf Privatkopie", c't 16/2004, S. 158
- Gefahr für den IT-Mittelstand, Die Softwarepatent-Richtlinie des EU-Rates erhitzt die Gemüter, c't 13/2004, S. 22
- Die Brüsseler Patentschlacht, Der Streit um EU-Softwarepatente in der vorletzten Runde, c't 12/2004, S. 60
- EU-Staaten über Softwarepatente einig
- Europaparlament gibt reinen Softwarepatenten einen Korb