Mit der Übernahme des Motorradherstellers erfüllt sich ein Wunsch von Ferdinand Piëch

Audi übernimmt den Motorradhersteller Ducati

Nun ist es offiziell. Audi nimmt den Motorradhersteller Ducati. Ferdinand Piëch, gerade 75 geworden, wird damit ein lang gehegter Wunsch erfüllt. Doch es passt auch in das Portfolio eines Herstellers, der nicht mehr nur auf Autos setzt

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  • ggo
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Hannover, 19. April 2012 – "Also, ich hätte gerne noch einen kleinen, wertvollen Motorradhersteller drin" sagte Ferdinand Piëch im Jahr 2008 in einem Interview mit dem Stern. Der Satz passte zu ihm: ein überraschender Abschluss des damaligen Gesprächs, quasi aus der Hüfte geschossen – aber keineswegs leichtfertig dahingeworfen, wie spätestens seit gestern auch offiziell klar ist. Der Autohersteller Audi übernimmt den Motorradhersteller Ducati.

Endlich eine Motorradmarke

Die langen vier Jahre, seit sich Piëch äußerte, sprechen auch für die Beharrlichkeit des Volkswagen-Patriarchen. Er hat sicherlich nicht umsonst den Ruf, ungern von Dingen lassen zu wollen, die er haben möchte. Andererseits sagte erst vor einem halben Jahr Volkswagen-Chef Martin Winterkorn, dass Motorräder zwar eine schöne Sache seien, es aber keine Planungen für den Einstieg in dieses Geschäft gebe. Außerdem hätte man sich ja mit der Motorradsparte von Suzuki begnügen können. Aber ist sie "klein und wertvoll"? Das passt nicht. Die Marke Suzuki, eine der ganz Großen im Markt, muss sich in ihrer Feinheit irgendwo hinter den Italienern, BMW, Harley und selbst Honda einordnen – auch wenn Suzuki in Deutschland schon einmal Marktführer war.

Die mit der Desmodromik

Ducati ist ein völlig anderer Kandidat: Der Marke ist es in den vergangenen Jahrzehnten gelungen, einen fein austarierten Mittelweg zwischen genügend Volumen und eigenem Profil zu finden, auch wenn die Zeiten der exotischen technischen Lösungen zumindest teilweise vorbei sind. Bis heute typisch für Motorräder der Marke ist zwar der V2-Motor, dessen vorderer Zylinder fast horizontal im Wind liegt. Besonders in den florierenden 1970ern leistete sich die Marke aber auch so Exotisches wie Königswelle und Desmodromik. Die Königswelle, die heute neu nur noch in der Retro-Kawasaki W800 zu haben ist, ist eine Zwischenwelle, die in der Regel über schräg verzahnte Kegelräder die Ventilsteuerung betätigt. In den 1970er-Jahren dominierte diese Bauform die Motoren von Ducati, was ihnen allein schon deswegen eine Ausnahmestellung sicherte. Neugierig bis skeptisch wurde 1977 das Modell Pantah aufgenommen, die erste Ducati mit einem Zahnriemen: einfacher, günstiger, aber irgendwie auch langweiliger.

Eine zweite Eigenheit – in Verbindung mit der Königswelle – war die desmodromische Ventilsteuerung, bei der das Ventil nicht nur per Nocken ausgerückt, sondern auch wieder eingerückt wird. Diese "Zwangssteuerung" hat den Vorteil, dass die Ventilbewegung im Ablauf und ihrer Geschwindigkeit perfekt kontrolliert werden kann, was mit einer Feder bei höheren Drehzahlen nicht unbedingt der Fall ist. Wegen ihres im Grunde immer gleichen Verhaltens erreicht man bei hohen Drehzahlen irgendwann den Punkt, an dem das Ventil nicht mehr schnell genug schließen kann. Ein weiterer Nachteil, zumal wenn jüngere Segnungen wie ein hydraulischer Ventilspielausgleich nicht um Ausgleich bemüht sind: Das Einstellen einer Desmodromik war in den 70ern mit einem fürchterlichen Aufwand verbunden, denn man musste ja das Zusammenspiel von Ein- und Ausrücknocken perfekt aufeinander abstimmen.