EU-Kommission verliert Geduld mit Microsoft

Ein gutes Jahr nach Verhängung von EU-Sanktionen gegen Microsoft hat die EU-Kommission den Konzern dringend zur Erfüllung der Auflagen aufgefordert.

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Von
  • Jürgen Kuri

Ein gutes Jahr nach Verhängung von EU-Sanktionen gegen Microsoft hat die EU-Kommission den Konzern dringend zur Erfüllung der Auflagen aufgefordert. Ein Sprecher von EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes sagte laut dpa, die Geduld der Kommission reiche allenfalls nur noch für einige Wochen. Ein förmliches Zieldatum zur Sanktionserfüllung gebe es aber nicht. Auch ein Besuch von Microsoft-Chef Steve Ballmer am Dienstagabend in Brüssel habe nichts an dem Grundsatzstreit über die Sanktionen geändert. Nach Ansicht Brüssels hat Microsoft die Sanktionen bisher nicht ausreichend umgesetzt.

Im März 2004 hatte die EU-Kommission den Softwarekonzern wegen Marktmissbrauchs mit einem Rekord-Bußgeld von 497,2 Millionen Euro bestraft und eine Reihe von Auflagen für mehr Wettbewerb verfügt, darunter die Veröffentlichung der Schnittstellenspezifikationen für die Server-Kommunikation und einer Windows-Version ohne integrierten Medienplayer.

Über den Entscheid der EU-Kommission gegen Microsoft steht noch das Hauptsacheverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof Erster Instanz an; Microsoft hatte gegen die Bestrafung durch die EU-Kommission geklagt. Die von den Wettbewerbshütern verhängten Auflagen jedoch hatte der Präsident des EU-Gerichts Erster Instanz bestätigt und einen Antrag von Microsoft zurückgewiesen, die Sanktionen bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren auszusetzen.

Um die dadurch anstehende Erfüllung der Auflagen entwickelte sich jedoch ein Zwist zwischen der EU-Kommission und Microsoft. Zuerst hatte die Kommission moniert, Microsofts Vorgehen bei der Windows-Version ohne integrierten Medienplayer lasse den Eindruck eines minderwertigen Betriebssystems im Vergleich zur normalen Windows-XP-Version entstehen. Zumindest in der Namensgebung konnte dies ausgeräumt werden, die Kommission untersucht aber weiterhin, ob die abgespeckten Windows-Versionen nicht so reibungslos mit anderen Multimedia-Programmen wie dem RealPlayer zusammenarbeiteten, wie sie das sollten.

Auch bei der Offenlegung der Schnittstellen und in der Frage, wie die Einhaltung der Auflagen überwacht werden soll, streiten sich Kommission und Softwarekonzern. Die Wettbewerbshüter kritisierten bereits das Lizenzmodell für die Schnittstellenspezifikationen; Microsoft versprach dabei zwar Entgegenkommen, bislang aber gab es offensichtlich noch keine Einigung. Mitte April wies die Kommission Microsoft bereits auf verstrichene Fristen hin, worauf Microsoft mit dem Hinweis auf eine kurz bevorstehende Antwort reagiert hatte. (jk)