Freilassung von chinesischem Internet-Autoren gefordert

Lu Gengsong wurde wegen "Angriffen auf die Kommunistische Partei" in seinen Artikeln festgenommen. Damit wird der Vorwurf der "Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt" begründet. Auch wird ihm "illegaler Besitz von Staatsgeheimnissen" unterstellt.

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  • dpa

In einer Petition haben rund 180 chinesische Intellektuelle, Aktivisten und Schriftsteller die Freilassung des am Freitag festgenommenen Bürgerrechtlers Lu Gengsong gefordert. Die Polizei teilte seiner Frau mit, dass der Autor vor allem wegen "Angriffen auf die Kommunistische Partei" in seinen Artikeln festgenommen worden sei, wie die Menschenrechtsgruppe Chinese Human Rights Defenders (CHRD) am Montag berichtete. Damit werde der Vorwurf der "Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt" begründet. Ferner wird ihm "illegaler Besitz von Staatsgeheimnissen" unterstellt. Reporter ohne Grenzen hatte am Sonntag berichtet, der bekannte Dissident werde in Xihu Bezirksgefängnis nahe Hangzhou (Provinz Zhejiang) festgehalten. Lu Gengsong hatte Artikel auf chinakritischen Webseiten veröffentlicht und Appelle zur Verbesserung der Menschenrechtslage in China unter anderem an die Vereinten Nationen mitunterzeichnet.

Das formelle Vorgehen gegen den 51-Jährigen deutet darauf hin, dass ihm der Prozess gemacht werden soll. Sein Haus wurde acht Stunden lang durchsucht und sein Computer beschlagnahmt. Lu Gengsong ist Mitglied der verbotenen Demokratischen Partei Chinas und Autor verschiedener Bücher über politische Reform und Korruption in der Kommunistischen Partei. Wenige Tage vor seiner Festnahme hatte der Autor die Einweisung seines Kollegen und kritischen Internetautors He Weihua in eine psychiatrische Anstalt enthüllt.

Die mangelnde Pressefreiheit in China und die Verfolgung von regimekritischen Bürgern will auch Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihrem Besuch in Peking ansprechen. Die Kanzlerin, die am Sonntagabend in der chinesischen Hauptstadt eingetroffen war, wollte am Vormittag ihre politischen Gespräche mit Regierungschef Wen Jiabao aufnehmen. Merkel wolle in ihren Gesprächen auch die bedrückende Lage der Menschenrechte und die mangelnde Pressefreiheit zur Sprache bringen, hieß es. Die Beziehungen seien mittlerweile so eng, dass sie in Peking auch strittige Fragen ansprechen könne, hatte Merkel gesagt. Die Kanzlerin will sich in Peking auch mit chinesischen Journalisten treffen, doch wollte die deutsche Botschaft nicht sagen, um wen es sich handelt.

Wie CHRD berichtete, forderten die 180 Intellektuellen und Autoren in ihrem gemeinsamen Brief auch die Freilassung anderer Bürgerrechtler, die Achtung der in China verfassungsmäßig garantierten Menschenrechte sowie Rechtsstaatlichkeit und demokratische Reformen. Welcher Willkür in China auch Verwandte von Bürgerrechtlern ausgesetzt sind, demonstrierte die vorübergehende Festnahme von Yuan Weijing, der Ehefrau des inhaftierten blinden Aktivisten Chen Guangcheng, die am Pekinger Flughafen daran gehindert wurde, auf die Philippinen zu fliegen. In Manila wollte sie anstelle ihres Mannes den renommierten Menschenrechtspreis der Ramon Magsaysay Stiftung entgegennehmen, der Chen Guangcheng wegen seines unerschütterlichen Einsatzes für die Bürgerrechte verliehen worden war.

Trotz eines gültigen Passes und eines Visums der Philippinen habe die Polizei einfach ihren Pass für ungültig erklärt, berichtete (CHRD). Chen Guangcheng war 2006 wegen des Vorwurfs der Verkehrsbehinderung und Anstiftung zu Unruhen zu vier Jahren Gefängnis verurteilt worden, nachdem er 2005 in der Provinz Shandong weit verbreitete Zwangsabtreibungen und -sterilisationen bei der Durchsetzung der 1-Kind-Politik aufgedeckt hatte.

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(dpa) / (jk)