Hartz-IV-Software: Keine Berechnung weiterer Schadensersatzansprüche

Obwohl die Verfügbarkeit der webbasierten Hartz-IV-Software "A2LL" im Jahr 2006 nur noch bei 98,3 Prozent lag, wird die Bundesagentur für Arbeit bei T-Systems keine weiteren Schadensersatzansprüche geltend machen.

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Von
  • Detlef Borchers

Die Bundesagentur für Arbeit wird über die bereits beim Softwarehersteller T-Systems angemeldete Summe von 28 Millionen Euro hinaus keinen weitere Schadensersatzansprüche geltend machen. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion (PDF-Datei) hervor. Der Verzicht auf weitere Ansprüche erfolgt, obwohl die Verfügbarkeit der webbasierten Hartz-IV-Software "A2LL" sinkt. In der nun freigegebenen Antwort (PDF-Datei) heißt es, dass die Verfügbarkeit des webbasierten Dialogverfahrens im Jahre 2005 bei 99,7 Prozent und im Jahr 2006 bei 98,3 Prozent gelegen habe. Die absinkende Verfügbarkeit des Systems hat nach Auskunft der Bundesregierung nichts mit der Hardware zu tun. Sie betont in der Antwort auf die kleine Anfrage, die "technische Plattformarchitektur ist jedoch nach Hochverfügbarkeitsgesichtspunkten gefordert und auch realisiert worden". Außerdem habe es im Rahmen des Software-Entwicklungsvertrages keine Vereinbarung zur Verfügbarkeit gegeben.

Die sinkenden Verfügbarkeitswerte haben keine Auswirkungen auf die Bezahlung von T-Systems, das bereits 5 Millionen Euro Nachlass auf den Festpreis gewährte. Diese Summe entspricht der ursprünglich festgesetzten Höchstgrenze für Schadensersatzforderungen. In der Anfrage heißt es dazu: "Die Bundesagentur für Arbeit hat gegenüber T-Systems wegen der Mängel in der Software und in den erstellten Konzepten Schadensersatzansprüche in Höhe von 28 Millionen Euro geltend gemacht. Damit war der vertraglich auf 5 Millionen begrenzte Schadensersatzanspruch bereits voll ausgeschöpft. Vor diesem Hintergrund hat die BA davon abgesehen, weitere Berechnungen zur Bezifferung der Schadenshöhe durchzuführen." In ihrer kleinen Anfrage hatte sich die Linksfraktion auf eine Berechnung des schleswig-holsteinischen Landkreistages bezogen. Dieser hatte im vergangenen Herbst eine Rechnung vorgelegt, nach der die Arbeit mit der Hartz-IV-Software jährlich 230 Millionen Euro Zusatzkosten verursachen soll. Diese Zahlen werden in der Antwort der Bundesregierung als "nicht nachvollziehbar" bewertet, da ein Mehraufwand von 15 Prozent eine unzulässige Pauschalisierung sei.

Außerdem enthält die Antwort der Bundesregierung neue Informationen über den "operativen Datensatz". Dieser enthält die Zu- und Abgänge der Hartz-IV-Bezieher samt Bewegungsstatistik und eine Aufschlüsselung der Bedarfsgemeinschaften. Er bildet gewissermaßen die Kennzahlen, mit denen die einzelnen Arbeitsgemeinschaften (ARGEn) der Sozialämter und Arbeitsagenturen ihre Arbeit überprüfen können. Derzeit sollen 166 ARGEn diese operativen Datensätze beziehen. Bis Juni 2007 sollen alle Arbeitsgemeinschaften über diese Statistiken verfügen. Die erweiterte Statistik mit "regionsbezogenen pseudonymisierten Einzeldatensätzen" für die Sozialberichterstattung befindet sich nach Angaben der Bundesregierung im Abschluss der Pilotphase. Sie soll allen Kommunen zur Verfügung gestellt werden, die über eine "abgeschottete Statistikstelle" verfügen. Über die Frage, ob Kommunen datenschutzmäßig entsprechend den Bestimmungen ausgerüstet sind, hatte es in der Vergangenheit bereits juristische Auseinandersetzungen zwischen Kommunen und der Bundesagentur für Arbeit gegeben, als die Agentur den Zugriff auf Daten ihres Stellenpools öffnen sollte.

Zur Hartz-IV-Software A2LL siehe auch:

(Detlef Borchers) / (pmz)