Familienministerin hält am Verbot "gewaltbeherrschter" Spiele fest

Auch der jüngste Entwurf aus dem Hause von der Leyens zur Verschärfung des Jugendschutzgesetzes enthält nach wie vor die umkämpfte Klausel, mit der Indizierungskatalog von "Killerspielen" deutlich erweitert werden soll.

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Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) will weiterhin den Katalog der schwer jugendgefährdenden PC-Spiele und anderer "Trägermedien", die automatisch gesetzlich indiziert sind, deutlich ausdehnen. Zum Kampf gegen "Killerspiele" sind in ihrem überarbeiteten Entwurf zur Verschärfung des Jugendschutzgesetzes (JuSchG) laut den Passauer Neuen Nachrichten im Großen und Ganzen die gleichen Bestimmungen vorgesehen, wie im zunächst gestoppten ersten Anlauf. So sollen Computerspiele mit "weit reichenden Abgabe-, Vertriebs- und Werbeverboten" belegt werden, die "besonders realistische, grausame und reißerische Gewaltdarstellungen und Tötungshandlungen beinhalten, die das mediale Geschehen selbstzweckhaft beherrschen". Bisher sind allein Gewalt oder Krieg "verherrlichende" Games für Jugendliche automatisch verboten.

Gesetzlich festschreiben will das Bundesfamilienministerien auch nach wie vor Mindestgrößen und Sichtbarkeit der Alterskennzeichen der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) und der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK). Die Zeichen sollen künftig auf der Frontseite der Verpackungshülle "links unten auf einer Fläche von mindestens 1200 Quadratmillimetern und dem Bildträger auf einer Fläche von mindestens 250 Quadratmillimetern" angebracht werden. Gestrichen hat von der Leyen demnach zum Bedauern anderer CDU-Familienpolitiker allein die besonders umstrittene Bestimmung, für Testkäufe von Alkohol oder Gewalt-Computerspielen durch Jugendliche. Nach massiver öffentlicher Kritik und einer Intervention von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) aufgrund dieser Klausel hatte die Familienministerin im Oktober ihren ersten Entwurf zurückgezogen. Nun will sie noch kurz vor Weihnachten nächste Woche im Bundeskabinett einen zweiten Vorstoß mit dem nur leicht geänderten Papier machen.

Bei den geplanten Verschärfungen beruft sich das Familienministerium auf eine Evaluierung der Jugendschutzgesetzgebung zu Computer- und Videospielen durch das Hans-Bredow-Institut. Geht es nach dem Branchenverband Bitkom, schießt das Vorhaben aber über die Leitlinien des Gutachtens der Hamburger Medienforscher teilweise hinaus. So vermisst die Branchenvereinigung bei der Umschreibung "gewaltbeherrschter" Games die geforderte Klarstellung, dass gegebenenfalls das Spiel insgesamt und nicht nur das einzelne "Geschehen" von Brutalität gezeichnet sein müssten.

Der Entwurf würde so gemäß der Lobbyvereinigung "erhebliche Rechtsunsicherheiten" heraufbeschwören, zumal es sich bei den neuen Verbotsprüfsteinen um "ausgesprochen interpretationsfähige und nicht zuletzt durch das subjektive Empfinden des jeweiligen Nutzers geprägte Begrifflichkeiten" handle. Dieses Manko könne bei der automatischen gesetzlichen Indizierung auch nicht durch eine konkretisierende, regelmäßige Entscheidungspraxis wie bei Abwägungen der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien ausgeglichen werden.

Laut Koalitionskreisen soll im kommenden Jahr zudem über weitere grundlegende Verschärfung des Jugendschutzgesetzes nachgedacht werden. Dabei wollen die Familienpolitiker vor allem das Internet ins Blickfeld nehmen. Zunächst müsse aber die inzwischen ebenfalls vorliegende Untersuchung des Hans-Bredow-Instituts zum gesamten Komplex der 2003 novellierten Jugendschutzbestimmungen von Bund und Ländern genau ausgewertet werden. Die Analyse fordert unter anderem eine stärkere Kontrolle der Selbstkontrolleinrichtungen.

Der Amoklauf an einem Gymnasium in Erfurt 2002 führte mit dazu, dass am 1. April 2003 die aktuellen Regeln zum Jugendmedienschutz im Jugendschutzgesetz und im Jugendmedienschutzstaatsvertrag (JMStV) in Kraft traten. Nach dem Jugendschutzgesetz des Bundes müssen auch Computerspiele mit einer Altersfreigabe gekennzeichnet sein. Alle neuen Medien können prinzipiell auf den Index gesetzt werden und Sperrungsverfügungen unterliegen. Erweitert und verschärft wurden die Verbote für schwer jugendgefährdende Medien. Der Staatsvertrag der Länder verpflichtet Anbieter von "Telemedien", Jugendschutzbeauftragte zu bestellen oder sich an eine Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle anzuschließen und lizenzierte Filterprogramme einzusetzen, um Kindern und Jugendlichen den Zugang zu pornografischen, aber auch allgemein "entwicklungsbeeinträchtigenden" Inhalten zu verwehren. Der Staat überwacht mit Hilfe der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) die Einhaltung der Regeln beziehungsweise die korrekte Arbeit der Selbstkontrolleinrichtungen der Wirtschaft.

Siehe dazu auch:

Siehe dazu auch den Online-Artikel in c't-Hintergrund zur bisherigen Berichterstattung über die Diskussion um das Jugendmedienschutzrecht, Gewaltspiele, Verbotsforderungen und Beschränkungen für Jugendliche bei Spielen:

(Stefan Krempl) / (jk)