OECD diskutiert Zukunft digitaler Inhalte

Auf einer Konferenz der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung streiten sich Experten über einen Ausgleich zwischen dem Interesse am Schutz des geistigen Eigentums und dem Anspruch auf Wissenszugang für alle.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Monika Ermert
  • Mattias Hermannstorfer

Während die rasante Zunahme digitaler Inhalte eine Gefahr für traditionelle Medien und Vertriebswege ist, bietet sie vor allem Chancen für Newcomer. Dies sagte Mark Read, zuständig für die Strategie des Werbe- und PR-Dienstleisters WPP, beim Auftakt der Konferenz der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zur Zukunft digitaler Inhalte in Rom. Die OECD widmete dem bis 2009 auf 200 Milliarden Dollar geschätzten Markt bereits mehrere voluminöse Studien zu den Themen Musik, Spiele, wissenschaftliche Publikationen und Mobilinhalte – die zweitägige Konferenz bildet den vorläufigen Abschluss dieser Studienreihe.

Lucio Stanca, italienischer Minister für Innovation und Technologie, merkte dazu an: "Politiker müssen heute die Produktion und den Zugang zu Wissen fördern, nicht kontrollieren." Aufgabe der Regierungen sei es, die öffentliche Nachfrage nach digitalen Inhalten möglichst zu steigern und allen Bürgern den Zugang zu ermöglichen, etwa durch Schulprojekte und digitale Archive. Italien selbst verfolge solche Ziele beispielsweise mit der Italian Digital Library und dem Italian Music Network.

Die Balance zwischen der Durchsetzung von Ansprüchen auf geistiges Eigentum und einem möglichst breiten Angebot für individuelle Nutzer sei schwierig, so Stanca. Eine Kriminaliserung von individuellen Nutzern von Tauschbörsen scheine ihm nicht angebracht, eher müssten die Organisationen kriminalisiert werden. Mit Blick auf die Debatten in den europäischen Nachbarländern sei man derzeit noch auf der Suche nach den richtigen Antworten. Von der Wirtschaft würden jedenfalls neue Geschäftsmodelle sowie eine Senkung der Kosten für den Schutz des geistigen Eigentums verlangt.

"Bevor die Umgehung von DRM-Systemen unter Strafe gestellt werden soll, sollte diese gesetzlich reguliert werden," forderte Jamie Love, Direktor des Consumer Project for Technology (CPTech). Die rund 350 Konferenzteilnehmer sollten sich einmal eine Welt vorstellen, in der das digitale Rechtemanagement perfekt funktioniere. Da alle bislang von der Existenz digitaler Inhalte profitiert hätten, warb Love für einen völkerrechtlichen Vertrag über den Wissenszugang, wie ihn derzeit verschiedene Entwicklungsländer im Rahmen einer Reform der World Intellectual Property Organisation (WIPO) fordern. Das diesjährige WIPO-Programm sieht allerdings die Erneuerung des Broadcasting Treaty und damit möglicherweise sogar noch eine Ausweitung der Rechtsansprüche im digitalen Bereich vor.

Ein Gegenmodell zu einer strikten Kanalisierung von Inhalten und der Nutzungskontrolle per DRM entwarf der koreanische Minister für Information and Kommunikation, Chin Dae-Je. Erfolgreiche Inhaltsangebote in Korea seien anfänglich oft kostenlos. So biete beispielsweise Cyworld seinen Kunden eine umfangreiche Gratis-Homepage, die sich durch kostenpflichtige Zusätze veredeln lasse. Die 15 Millionen Abonnenten brächten inzwischen 3 Millionen US-Dollar Monatsumsatz.

Die koreanische Regierung hat Hochgeschwindigkeits-Internetzugänge massiv gefördert und macht sich nun auf, drahtlose Breitbandanschlüsse auch nach Europa zu exportieren. So will die Telecom Italia WiBro während der Olympischen Winterspiele in Turin testen und auch in Bayern trifft man Vorbereitungen für eine WiBro-Einführung zur Fußballweltmeisterschaft. Deutschlandweit haben die Landesmedienanstalten ein Handy-TV-Pilotprojekt ausgeschrieben. Der Erfolg scheint den Koreanern Recht zu geben, dennoch betonte Kommissar Michael Copps von der US-Aufsichtsbehörde FCC das Primat des Wettbewerbs. Es sei nicht Aufgabe der Regierung, Gewinner oder Verlierer in einem Markt zu bestimmen, vielmehr müssten Wettbewerbshürden abgebaut werden. Bei der Konferenz wird noch bis morgen über die Aufgabe der Regierungen und über mögliche Gewinner-Modelle diskutiert. (Monika Ermert) / (mhe)